Dialyse aktuell 2013; 17(10): 530
DOI: 10.1055/s-0034-1367703
Zum Thema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Apheresetherapie in Deutschland

Reinhard Klingel
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 January 2014 (online)

Deutschland ist weltweit führend in der Anwendung der selektiven therapeutischen Apherese. Alle verfügbaren Methoden sind im Rahmen der Medizinproduktegesetzgebung zugelassen. Es gibt eine geregelte Kostenerstattung. Dem steht Nordamerika gegenüber, wo unverändert der Plasmaaustausch (PA; im Sprachgebrauch verbreitet synonym mit Plasmapherese verwendet) das beherrschende Verfahren ist. Dies sind nicht die besten Rahmenbedingungen für die Verbreitung der Apherese, da Erfahrungen aus den USA in der Medizin weiterhin als wegbereitend eingeschätzt werden. Die beeindruckenden Ergebnisse der Apheresetherapie der letzten Jahre zeigen aber, dass die Wirksamkeit der Verfahren schlussendlich überzeugt. Die folgenden Artikel dieses Schwerpunktheftes von Dialyse aktuell illustrieren dies mit einer aktuellen Bestandsaufnahme.

Der Apheresetherapie liegt das Prinzip zugrunde, dass im Plasma befindliche Pathogene einen Krankheitsprozess verursachen oder unterhalten können. Durch die einmalige oder wiederholte Elimination der Pathogene mit den damit induzierten Umverteilungsprozessen in den Körperkompartimenten kann sowohl ein rascher symptomatischer als auch ein anhaltender modulierender Therapieeffekt erzielt werden. Die Apheresetherapie kommt bei den meisten Indikationen erst als Bestandteil eines eskalierenden oder kombinierten Therapieregimes zur Anwendung. Beim PA wird das Plasma von den Blutzellen getrennt, verworfen und unter Verwendung von Fremdplasmaprodukten substituiert. Angesichts der circa 3000 menschlichen Plasmaproteine, des Nebenwirkungspotenzials und der minderen funktionellen Qualität von Plasmaprodukten ist dieser Ansatz prinzipiell unbefriedigend.

Indikationen der Apheresetherapie finden sich in vielen Fachdisziplinen und erfordern die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Krankheitsbildern und völlig unterschiedlichen Patienten. Nur bei wenigen Indikationen beruht der Beleg der Wirksamkeit auf Daten prospektiver, kontrollierter, randomisierter Studien. Folgt man der „evidence-based medicine“ nach ihrem Grundsatz der bestverfügbaren Evidenz finden sich aber umfangreiche Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit. Als interdisziplinäres Angebot der Nephrologie hat die Apheresetherapie 2 große in der Praxis etablierte Indikationsbereiche: Die Prävention kardiovaskulärer Komplikationen bei schweren Fettstoffwechselstörungen mit den Verfahren der Lipidapherese (synonym Lipoproteinapherese) und Therapieoption bei autoantikörperassoziierten immunologischen Erkrankungen und Komplikationen mit der Immunadsorption bzw. auch noch dem Plasmaaustausch.

Bei der Kostenerstattung müssen stationärer und ambulanter Bereich unterschieden werden. Innerhalb des G-DRG-Systems bilden die OPS-Codes der Zusatzentgelte die formale Grundlage für den stationären Einsatz des PA und der Verfahren der selektiven therapeutischen Apherese. Im ambulanten Bereich sind die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) entscheidend für die geregelte Erstattung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der darüber hinaus gehende ambulante Einsatz der Apheresetherapie erfordert in der Regel eine mühsame individuelle Antragsstellung bei den Kostenträgern.

Prof. Dr. Reinhard Klingel, Köln