Einleitung
Der Verschluss von größeren Exzisionsdefekten, wie z. B. nach histografisch-kontrollierter
Entfernung größerer Basaliome, Spinaliome oder nach Exzision von Melanomen mit 1 oder
2 cm Sicherheitsabstand, erfordert je nach Lokalisation ein differenziertes Vorgehen.
Bei Defektgrößen zwischen 2 und 5 cm ist häufig ein Verschluss mittels einfacher Dehnungsplastik
ausreichend. Bei Defekten zwischen 5 und 10 cm im Durchmesser ist meist ein ästhetisch
und funktionell günstiger Verschluss durch eine VY-Plastik oder eine doppelte WY-Plastik
möglich. Für noch größere oder unter mäßiggradiger Spannung stehende, schwer verschließbare
Defekte ist die Wahl zu treffen zwischen Raffnähten [1], Nahlappen, Rotationsplastiken oder Hauttransplantaten. Für den meist ohne Assistenz
operierenden Dermatochirurgen stellt sich dabei die Aufgabe, schnell und kosmetisch
befriedigend zu einem einoder zweischichtigen Wundverschluss zu gelangen. Am weitesten
verbreitet sind hierbei horizontal oder vertikal gelegene, corial versenkte Einzelknopfnähte,
die eine optimale Adaptierung der Wundränder erlauben, allerdings bei größeren Defekten
relativ zeitaufwendig und bei Vorliegen von Spannung an den Wundrändern z. T. schwierig
zu knüpfen sind. Eine sehr nützliche Modifikation der Coriumsnaht ist die sog. Schmetterlingsnaht
nach Breuninger [2], mit der insbesondere bei dünnem und mittelstarkem Corium ein sehr schöner und schneller
Wundverschluss, häufig ohne Notwendigkeit einer Oberflächennaht, gelingt. Ist jedoch
das Corium relativ dick, wie z. B. am Rücken oder an der Schulter, bereitet die korrekte
Ausführung der Schmetterlingsnaht im 45°-Winkel zum Wundrand aufgrund der fehlenden
Flexibiltät des Coriums und der damit erschwerten Nadelführung häufig Probleme. In
dieser Situation hat sich die hier beschriebene coriale „Flaschenzugnaht“ sehr bewährt
[3].
Technik
Die Flaschenzugnaht ist eine vertikale gestellte, doppelläufige, versenkte Coriumsnaht
in Form einer 8 mit zentral gelegenem Knoten. Die Nadelführung beginnt an den äußeren
Rändern des Defektes, ca. 0,5 cm von der Spindelspitze wie bei einer klassischen vertikalen
Coriumnaht von subkutan durch das Corium. Die Fadenführung hat ihren höchsten Punkt
ca. 0,5 cm von der Wundlippe entfernt, tritt im oberen Corium in die Wunde aus und
tritt auf gleicher Höhe wieder auf der gegenüberliegenden Wundseite in das obere Corium
ein. Dort verläuft sie ansteigend bis zum höchsten Punkt, wieder 0,5 cm von der Wundlippe
entfernt nach unten und tritt im subkutanen Fettgewebe in die Wunde aus. Bei einer
Einzelknopfnaht würde nun geknotet werden ([Abb. 1], [Abb. 2 b]), bei der Flaschenzugnaht wird die Nadel mit Faden nun aber 0,5 – 1 cm weiter zum
Zentrum des Defekts verschoben und parallel zur ersten Schleife geführt. Zu achten
ist hierbei darauf, dass die Nadel beim letzten Austritt in die Wunde zwischen den
beiden Schleifen herauskommt ([Abb. 1, 2 c – d]). So kann der Faden mit dem freien Ende, das ebenfalls zwischen den beiden Schleifen
zu liegen kommen soll, verknotet werden ([Abb. 2 e]). Durch das vorsichtige Zusammenziehen der Fadenenden werden die Wundränder problemlos
adaptiert ([Abb. 2 f]). Der hierbei durch das mehrfache Umleiten des Fadens stattfindende Flaschenzugeffekt
erlaubt die atraumatische Annäherung der Wundränder, auch wenn diese unter Spannung
stehen [4]. Das Ausmaß der Spannung sollte hierbei natürlich so gering wie möglich gehalten
werden, wofür wie bei allen Verschlusstechniken sowohl eine geeignete Schnittführung
als auch eine ausreichende Mobilisation der Wundränder notwendig ist. Sind beide Spindelspitzen
mit Flaschenzugnähten versorgt, bleibt je nach Defektgröße ein Restdefekt, der nach
Maßgabe der Größe entweder mit einzelnen vertikal versenkten Coriumnähten versorgt
wird oder mit weiteren Flaschenzugnähten sukzessive verschlossen wird.
Abb. 1 Schematische Darstellung des Fadenverlaufs bei der corialen Flaschenzugnaht. a Die Nadelführung beginnt von subkutan (1) durch das Corium, tritt im oberen Corium
in die Wunde aus (2), tritt auf gleicher Höhe wieder auf der gegenüberliegenden Wundseite
in das obere Corium ein (3), nach unten und tritt im subkutanen Fettgewebe wieder
in die Wunde aus (4). Die Nadel mit Faden wird 0,5 – 1 cm weiter zum Zentrum des Defekts
verschoben und parallel zur ersten Schleife geführt (5 – 8). Die Nadel kommt beim
letzten Austritt in die Wunde zwischen den beiden Schleifen heraus. b Blick von oben auf eine durch 4 Flaschenzugnähte verschließbare spindelförmige Wunde.
Der Knoten der Flaschenzugnaht liegt zentral zwischen den beiden Schleifen des Fadens.
Abb. 2 Dehnungsplastik zum Verschluss eines einfachen Exzisionsdefektes mithilfe der corialen
Flaschenzugnaht. a Superfizielles Basaliom am rechten Schulterblatt, eingezeichnete spindelförmige Schnittführung
zur Exzision mit 2 mm Sicherheitsabstand. b Exzisionsdefekt. Die erste horizontale Schleife ist bereits wie für eine vertikale
coriale Einzelknopfnaht erfolgt (Faden: Terylene® 2 – 0, zur Demonstration, für endgültigen Verschluss wurde 2 – 0 Serafit® verwendet). c Die zweite Schleife erfolgt parallel zur ersten: Einstich von unten. d Zweiter Teil der 2. Schleife: Einstich von oben, Ausstich zentral unten (Pinzette).
e Fadenführung in Form einer Acht. Der Knoten kommt zentral zu liegen. f Die Wunde wurde durch 3 coriale Flaschenzugnähte vollständig verschlossen. Eine Hautnaht
ist nicht notwendig.
Diskussion
Wie von Hohenleutner und Mitarbeitern gezeigt werden konnte, ist das kosmetische Ergebnis
bei alleinigem corialem Verschluss dem unter Verwendung einer Oberflächennaht (z. B.
Einzelknopfnaht) zumindest nicht unterlegen. Es hat jedoch die Vorteile, dass es schneller
durchführbar ist und dass keine Fäden gezogen werden müssen. Wunddehiszenzen oder
hypertrophe Narben kamen bei alleinigem corialem Verschluss nicht häufiger vor [5]. Im Vergleich zur einzeln geknüpften Coriumsnaht, hat die Flaschenzugnaht den Vorteil,
dass weniger Fremdmaterial und Knoten in der Haut verbleiben. Die Nahttechnik verteilt
den Gewebezug besser und vermeidet dadurch Nekrosen oder ein Reißen des Nahtmaterials.
Bei optimaler Durchführung ist bei kleineren Defekten keine Oberflächennaht notwendig,
eine Versorgung mit Klebestreifen (z. B. Steristrips) ist ausreichend ([Abb. 2 f]). Sollten nach Abschluss der Flaschenzugnaht doch kleine Adaptationslücken übrig
geblieben sein, was insbesondere bei größeren Defekten leicht der Fall sein kann,
wird eine dünne oberflächliche Naht entweder in Einzelknopftechnik oder auch fortlaufend
zur Korrektur verwendet. Durch Legen des höchsten Schleifenpunktes 0,5 cm von der
Wundlippe entfernt, entsteht beim Zusammenziehen der gewünschte Evertierungseffekt,
d. h. die Wundlippen sind nach außen konvex bzw. Bilden einen „Hügel“. Dadurch kommt
die endgültige Narbe (nach 6 – 12 Monaten) nach Ende der normalen Schrumpfung exakt
ins Hautniveau. Dieser Effekt kann wie bei der Schmetterlingsnaht durch eine spezielle,
den Wundrand nach lateral unterminierende Skalpellführung (45° – 60°-Winkel) optimiert
werden. Ein Vorteil im Vergleich zur Schmetterlingsnaht ist das fehlende Zusammenziehen
oder „Verschrumpeln“ der Wundränder, das durch die horizontale Anlage der Schmetterlingsnaht
häufig entstehen kann. Die Schmetterlingsnaht ist insbesondere bei sehr dickem Corium,
wie es beispielsweise am Rücken häufig der Fall ist, aufgrund der mangelnden Flexibilität
weniger gut geeignet. Der komplexe, eher horizontale Fadenverlauf der Schmetterlingsnaht
ist deutlich schwieriger zu bewerkstelligen als ein vertikaler wie bei der Flaschenzugnaht.
Besonders geeignet ist die „Flaschenzugnaht“ zur sicheren und schnellen Verankerung
der Y-Dreieckspitze bei Ausführung einer VY- oder doppelten WY-Plastik ([Abb. 3]). Diese wird bei Ausführung der ersten Schleife nach dem 1. Austritt der Nadel aus
dem Wundrand auf Höhe des oberen Corium im mittleren Bereich horizontal durchstochen.
Der weitere Verlauf der Naht ist wie oben beschrieben.
Abb. 3 Doppelte WY-Plastik zum Verschluss eines großen Exzisionsdefektes mit Hilfe der corialen
Flaschenzugnaht. a 5 cm durchmessender Exzisionsdefekt an der linken Schulter bei Z. n. Lentigo maligna.
b Defekt nach Zuschnitt für Verschluss durch doppelte WY-Plastik (Länge 10 cm). c Fadenführung für coriale Flaschenzugnaht zur Demonstration mit 2 – 0 Terylene®. Nach Anfertigung der Fotos wurde der Terylene®-Faden durch 2 – 0 Serafit ersetzt. Freies Fadenende (1), erste Schleife mit Fadenaustritt
aus dem Corium (2), Faden quer durch die Spindelspitze und Eintritt in das Corium
(3), Austritt des Fadens in der Tiefe der Wunde (4), zweite Schleife des Flaschenzugs
mit Austritt der Nadel aus dem Corium (5). Die zweite Schleife wird vollendet auf
der gegenüberliegenden Seite mit Eintritt in das Corium (6) und Austritt aus der Tiefe
der Wunde. Der Knoten wird zwischen den beiden Schleifen des Flaschenzugs zentral
geknüpft. d Problemlose Adaption der Wundränder. e Vollständig adaptierte Wundränder. f Abschluss der Operation mit 5 – 0 Seralon Einzelknopfnähten.
Die 2. Schleife kommt vor die Dreiecksspitze zu liegen, der Knoten wird an der 1.
Eintrittsstelle des Fadens im Subkutanbereich in Richtung des Y-Schenkels zusammengezogen.
Als Nahtmaterial für die Flaschenzugnaht eignen sich unterschiedliche resorbierbare
Materialien, in unseren Händen haben sich 0 – 0 bis 3 – 0 geflochtene Fäden (z. B.
Serafit® oder Vicryl®)
bewährt. Für den Oberflächenverschluss reichen für Einzelknopfnähte sehr viel dünnere
Fäden, in der Regel 4 – 0 bis 5 – 0 Monofil (z. B. Seralon®). Alternativ kann die Adaptation per Intrakutannaht perfektioniert und gesichert
werden.