Einleitung
Über vierzig Jahren basierte die Diagnose des Hypereosinophiliesyndroms auf den drei
von Chusid et al. [1] definierten Kriterien: 1) Bluteosinophilie > 1,5 × 109/l, gemessen in einem zeitlichen Abstand von mehr als sechs Monaten, 2) fehlende Hinweise
auf eine allergische, parasitäre Erkrankung oder andere bekannte Ursachen einer Eosinophilie,
3) Zeichen einer Eosinophilen-assoziierten Endorganschädigung [2]. Seitdem haben sich unser Wissen über die Pathogenese eosinophiler Erkrankungen
sowie die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten extrem erweitert, sodass
sich diese ursprüngliche Definition mit der Zeit als problematisch und limitierend
im klinischen Alltag erwies. Zum Beispiel erscheint es nicht angemessen, sechs Monate
auf die Diagnose und damit Therapieeinleitung zu warten. Zudem wurde die Liste von
Erkrankungen, die eine Hypereosinophilie bedingen, erweitert und spezifiziert. Mit
der alten Definition wurde der Tatsache, dass aktivierte Eosinophile im Gewebe frühzeitig
eine Gewebedestruktion ohne begleitende Bluteosinophilie von ≥ 1,5 × 109/l verursachen können, zu wenig Beachtung geschenkt [2]. Je besser die verschiedenen Ursachen der Hypereosinophilie erklärt werden konnten,
desto klarer wurde, dass es sich nicht um ein Syndrom sondern um mehrere Hypereosinophiliesyndrome
handelt.
In dieser Übersicht wollen wir die gegenwärtige Diskussion zur Definition und Klassifikation
der Hypereosinophiliesyndrome aufgreifen und einige praktische Hinweise für die Diagnostik,
die nicht selten von den Dermatologen ausgeht, und therapeutische Ansatzpunkte herausarbeiten.
Die Biologie der Eosinophilen
Die Biologie der Eosinophilen
Eosinophile Granulozyten entstehen im Knochenmark aus CD34+-hämatopoetischen Vorläuferzellen und werden anschließend ins periphere Blut abgegeben,
wo sie bei Gesunden 1 – 5 % der gesamten Leukozytenzahl oder in absoluten Zahlen maximal
0,5 × 109/l ausmachen [3]
[4]. Vor allem Interleukin (IL)-5 wie auch IL-3 und Granulocyte Macrophage Colony-Stimulating
Factor (GM-CSF) stellen die wichtigsten Stimulationsfaktoren für die Produktion, Differenzierung
und Überleben der Eosinophilen dar [3]
[4]
[5]. Sie werden von aktivierten T-Zellen, Mastzellen, Stromazellen und von den Eosinophilen
selbst produziert und bewirken nicht nur das normale Wachstum, sondern sind zudem
für die Migration, Adhäsion, Aktivierung und Zytokinproduktion von Eosinophilen notwendig
[3]
[4]
[5]. Die Mobilisierung der Eosinophilen vom Knochenmark ins periphere Blut wird vor
allem durch IL-5 und Eotaxin reguliert [3]
[4]
[5].
Physiologischerweise kommen Eosinophile in verschiedenen lymphatischen und hamätopoetischen
Geweben wie Knochenmark, Thymus, Milz und Lymphknoten aber auch in der Mukosa des
Magens, Dünn- und Dickdarmes und im Uterus vor. Andere gesunde Gewebe enthalten keine
Eosinophilen [3]. Prinzipiell kann im Rahmen einer eosinophilen Erkrankung jedes Organ von Eosinophilen
infiltriert werden [3]
[4].
Eosinophile produzieren eine Vielzahl biologisch aktiver Mediatoren wie basische Granulaproteine
(Eosinophilic Cationic Protein [ECP], Major Basic Protein [MBP], Eosinophil-Derived
Neurotoxin [EDN] und Eosinophilenperoxidase [EPO]), außerdem Prostaglandine, Leukotriene,
Thromboxan A und verschiedene Zytokine [6]. Kürzlich wurde gezeigt, dass Eosinophile extrazelluläre Netze generieren, die aus
mitochondraler DNA in Assoziation mit Granulaproteinen bestehen und in der Lage sind,
Bakterien zu töten [7]
[8]. Diese sogenannten Eosinophil Extracellular Traps (EET) lassen sich im Gewebe infektiöser
und nicht-infektiöser wie allergischer Erkrankungen [7]
[9] unter anderem bei vielen verschiedenen eosinophilen Hauterkrankungen nachweisen
[10]
[11]
[12]. Außerdem konnten wir entsprechend der Ätiologie verschiedene Zytokinexpressionsmuster
der Eosinophilen nachweisen [13].
Eine Eosinophilie kann transient, episodisch oder anhaltend auftreten und infolge
der Aktivierung und Ausschüttung ihrer oben genannten Mediatoren eine Störung von
Organfunktionen bedingen und bis hin zu potenziell irreversiblen Organschädigungen
führen [14]
[15]. Der genaue Mechanismus der Endorganschädigung durch eine persistierende Hypereosinophilie
ist nicht vollständig geklärt. Mittels Ausschüttung toxischer Granulaproteine können
die Eosinophilen direkt Mikroorganismen und Zellen töten sowie lokal eine Entzündungsreaktion
initiieren. Zusätzlich trägt die Produktion proinflammatorischer Zytokine dazu bei,
dass andere Entzündungszellen rekrutiert und aktiviert werden. Über eine Schädigung
und Aktivierung von Endothelzellen und Thrombozyten sowie Freisetzung prothrombotischer
Faktoren können Eosinophile direkt zur Thrombenbildung und Fibrose beitragen [15]. Die endokardiale Fibrose sowie eine erhöhte Thromboseneigung gelten als lebensbedrohliche
Komplikationen bei Hypereosinophilie.
Basierend auf diesen Erkenntnissen werden heute den Eosinophilen verschiedene Rollen
zugeschrieben: die Abwehr von Mikroorganismen, eine immunregulatorische Funktion,
Gewebezerstörung sowie der Gewebeumbau wie Fibrosierung/Remodelling [5].
Hypereosinophilie im Blut und Gewebe
Hypereosinophilie im Blut und Gewebe
Gemäß den gängigen Kriterien wird die Eosinophilie in eine milde (0,5 – 1,5 × 109/l), mittelschwere (> 1,5 × 109/l) und schwere (> 5 × 109/l) Form unterteilt.
2011 kam der Vorschlag einer Konsensusgruppe, den Begriff der Hypereosinophilie bei
persistierender Eosinophilie von > 1,5 × 109/l und/oder bei Vorliegen einer erheblichen Gewebeeosinophilie zu verwenden [16]. Diese sollte zweimal in Abständen von mindestens 4 Wochen vorliegen, im Gegensatz
zur ursprünglichen Definition von Chusid et al. [1], die einen Abstand von 6 Monaten verlangte. Als Ausnahme gilt eine durch die Eosinophilie
verursachte Endorganschädigung, die eine umgehende Therapie erfordert [16].
Von Hypereosinophiliesyndromen wird dann gesprochen, wenn die Kriterien einer Hypereosinophilie
erfüllt sind und eine Gewebeschädigung infolge der Hypereosinophilie vorliegt [1]
[16].
Von einer erheblichen Gewebehypereosinophilie spricht man, wenn 1. im Knochenmark
die relative Zahl der Eosinophilen über 20 % der Gesamtzellzahl ausmacht und/oder
2. gemäß Pathologen eine übermäßige Infiltration durch Eosinophile im Vergleich zu
normalem Gewebe verzeichnet wird und/oder 3. mittels spezifischer Färbungen vermehrte
extrazelluläre Ablagerungen eosinophiler Granulaproteine nachgewiesen werden können
[16]. Eine Gewebehypereosinophilie kann mit oder ohne Bluteosinophilie einhergehen [16].
Verschiedene Organsysteme können infolge einer Hypereosinophilie eine Schädigung aufweisen,
meistens sind jedoch Herz, Lungen, Haut (Erytheme, Ödem, Ulzeration, Ekzem), Milz,
Gastrointestinaltrakt und Zentralnervensystem betroffen [15]
[16]
[17]. Zudem können konstitutionelle Symptome wie Müdigkeit, rezidivierende Fieberschübe
und Myalgien auftreten [16].
Neue Vorschläge zur Klassifikation der Hypereosinophilie
Neue Vorschläge zur Klassifikation der Hypereosinophilie
Eine wichtige Überlegung zur Einteilung der Hypereosinophilie zielt auf deren Pathogenese
ab. Neben der idiopathischen (HEUS) und familiären Hypereosinophile (HEFA) kristallisieren sich zwei Hauptmechanismen heraus, die eine Eosinophilie bewirken
können: eine primäre, neoplastische Expansion von Eosinophilen im Rahmen einer klonalen
myeloiden, eosinophilen oder Stammzellerkrankung (HEN) und eine sekundäre, reaktive Form mit nicht-klonaler Eosinophilenvermehrung infolge
nicht- oder paraneoplastischer Erkrankungen (HER) ([Abb. 1]) [16]
[18]. Es wird also unterschieden, ob die Ursache der Hypereosinophilie in (intrinsische
Form) oder außerhalb (extrinsische Form) der Zelllinie der Eosinophilen liegt [18]. Zu den intrinsischen eosinophilen Erkrankungen würde man hämatologische Erkrankungen
zählen, welche durch Mutationen in multi- oder pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen
bedingt sind [18]. Im Gegensatz dazu umfassen extrinsische Erkrankungen jene Hypereosinophilien, die
durch eine vermehrte Produktion von eosinophilopoetischen Zytokinen, hier insbesondere
IL-5, IL-3 und GM-CSF, entstehen [18]. Bei letzterer, auch reaktiv genannter Hypereosinophilie, handelt es sich um eine
zytokinvermittelte Steigerung der Produktion, Aktivierung und/oder Lebensdauer der
Eosinophilen [18]. Diese Zytokine können von Lymphozyten, meist aktivierten klonalen oder nicht-klonalen
T-Zellen, als auch Tumorzellen produziert werden [19]
[20]
[21].
Abb. 1 Klassifikation der Hypereosinophilie [16].
Zytokingetriggerte reaktive Hypereosinophilie
Zytokingetriggerte reaktive Hypereosinophilie
Eine reaktive Hypereosinophilie wird am häufigsten bei entzündlichen Erkrankungen,
beispielsweise bei Infektionen mit Helminthen, aber auch bei einer fortgeschrittenen
HIV-1-Infektion beobachtet. Allergische oder toxische Arzneimittelreaktionen und atopische
Erkrankungen wie Rhinokonjunktivitis allergica, Asthma bronchiale, atopisches Ekzem
sowie eosinophile Ösophagitis (EoE) führen durch die Aktivierung von T-Zellen und
die anschließende Produktion von T-Helfer-2-Zytokinen, vor allem IL-5, zu einer Eosinophilie
[15]
[16]
[18]. Seltene Ursachen der Hypereosinophilie stellen die chronische Graft-Versus-Host-Erkrankung
(GVHD), verschiedene Autoimmunerkrankungen (z. B. Dermatomyositis, Systemischer Lupus
erythematodes, Sjögren-Syndrom, primäre billiäre Zirrhose, bullöses Pemphigoid) und
die allergische bronchopulmonale Aspergillose dar [16]
[18].
Auch im Rahmen einer Neoplasie lassen sich reaktive Hypereosinophilien beobachten.
Beispiele sind hämatologische Neoplasien, wie das Hodgkin-Lymphom, T- oder B-Zelllymphome
einschließlich kutaner Lymphome wie die Mycosis fungoides und die B-Lymphoblastische
Leukämie [15]. Desweiteren sind paraneoplastische Eosinophilien bei soliden Tumoren wie Adenokarzinome
der Lunge, der Cervix oder des Gastrointestinaltraktes beschrieben [15]
[19]
[22]. In den meisten Fällen kommt es zu einer vermehrten Produktion von eosinophilopoetischen
Zytokinen, wie IL-3 und IL-5, die eine sekundäre polyklonale Blut- und/oder Gewebseosinophilie
verursachen [2]
[15]
[16]. Außerdem wurden klonale (und nicht-klonale) Vermehrungen von T-Zellen mit atypischem
Phänotyp als Ursache der Hypereosinophilie berichtet, die als lympozytäre Variante
zusammengefasst werden [16]
[20]. Ein Übergang in ein T-Zelllymphom wurde, wenn auch in seltenen Fällen, beobachtet
[21].
Intrinsische Hypereosinophilie
Intrinsische Hypereosinophilie
Eosinophilie ist ein häufig auftretendes Zeichen verschiedener hämatologischer Malignome
(neoplastische Hypereosinophilie). Die primäre Ursache der Eosinophilie liegt in einer
Mutation hämatopoetischer pluri- oder multipotenter Vorläuferzellen und nicht wie
bei der reaktiven Hypereosinophilie in einer vermehrten Produktion von eosinophilopoetischen
Zytokinen [2]
[14].
Neoplasien der myeloiden Zellreihen, die häufig mit einer Hypereosinophilie einhergehen,
beinhalten die chronische myeloische Leukämie, die chronische eosinophile Leukämie,
andere myeloproliferative Neoplasien, akute und chronische Leukämien, fortgeschrittene
systemische Mastzellerkrankungen und seltene Formen des myelodysplastischen Syndroms
[14]
[16]. Die Klassifikation der myeloproliferativen Erkrankungen mit einer Hypereosinophilie
erfolgt nach den Richtlinien der WHO [14]
[16]
[23]
[24]. Die chronische eosinophile Leukämie (CEL) stellt eine Sonderform der chronischen
myeloischen Leukämie dar, bei der die Eosinophilen den hauptsächlichen Klon ausmachen.
Es wurden verschiedene Entitäten beschrieben, in ca. 10 – 20 % aller Fälle kann eine
Fusion des Gens für PDGFRA (platelet derived growth factor alpha) mit FIP1L1 gefunden
werden, was eine erhöhte Aktivität dieser Tyrosinkinase zur Folge hat [15]. Die endomyokardiale Fibrose als gefürchtete Komplikation einer Hypereosinophilie
wird häufig bei CEL mit Nachweis des Fusionsproteins FIP1L1-PDGFRA, nicht aber bei
anderen myeloiden Neoplasien beobachtet [14]
[15]
[16]. Die Entdeckung der PDGFRA-assoziierten CEL war bahnbrechend, da nun eine Reihe
früher als idiopathisch bezeichneter Hypereosinophiliesyndrome klassifiziert und einer
gezielten Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren zugeführt werden konnten.
Bei den meisten myeloiden Neoplasien stellt die Eosinophilie einen prognostischen
Faktor bezüglich der Überlebensdauer dar [15]. Zu erwähnen ist, dass es Koexistenzen verschiedener myeloider Neoplasien, zum Beispiel
systemische Mastozytose und CEL, geben kann.
Klassifikation der Hypereosinophiliesyndrome
Klassifikation der Hypereosinophiliesyndrome
Eine multidisziplinäre Arbeitsgruppe hat anlässlich der Working Conference on Eosinophil
Disorders and Syndromes 2011 in Wien eine Aktualisierung und Anpassung der Klassifikation
der Hypereosinophiliesyndrome vorgeschlagen, in die die gegenwärtig gültigen WHO-Definitionen
neoplastischer Erkrankungen eingehen [15]
[16]. Das Klassifikationsschema basiert analog zu dem der Hypereosinophilie auf der zugrunde
liegenden Ätiologie und umfasst die idiopathischen, die primär klonalen oder neoplastischen
und die sekundären reaktiven Hypereosinophiliesyndrome [15]
[16]. Als Sonderform wurde die lymphozytäre Variante hervorgehoben, die Merkmale der
reaktiven Hypereosinophilie besitzt und durch das Auftreten aberranter T-Zellen, gelegentlich
monoklonales T-Zellrezeptor-Rearrangement und meist indolenten Verlauf gekennzeichnet
ist [15].
Da der Begriff Hypereosinophilie mit unbekannter Signifikanz (HEus) eine asymptomatische Hypereosinophilie ohne Zeichen einer Organschädigung beschreibt,
sollte bei Auftreten von Symptomen, die durch die Hypereosinophilie bedingt sind,
der Begriff des idiopathischen Hypereosinophiliesyndroms benutzt werden [16]. Die familiäre Hypereosinophilie und Hypereosinophilie mit unbekannter Signifikanz
stellen somit provisorische Diagnosen dar, ein möglicher Übergang in ein Hypereosinophiliesyndrom
muss engmaschig überwacht werden [16].
Verschiedene Syndrome und auf einzelne Organe beschränkte Erkrankungen sind mit einer
Hypereosinophilie assoziiert, wobei die Pathogenese und damit Rolle der Eosinophilen
meist unklar bleibt. Zu den Beispielen zählen das episodische Angioödem mit Eosinophilie
(Gleich-Syndrom), das häufig mit dem Nachweis klonaler T-Zellen als mögliche Sonderform
der lymphozytären Variante des Hypereosinophiliesyndroms einhergeht, das Churg-Strauss
und das Eosinophile-Myalgie-Syndrom im Zusammenhang mit der Einnahme von L-Tryptophan
sowie eosinophile Pneumonie, eosinophiles intrinsisches Asthma, eosinophile Sinusitis,
eosinophile Gastroenteritis und eosinonophile Dermatitis [2]
[16]
[25].
Diagnostischer Algorithmus
Häufig stellen sich Patienten mit Hypereosinophilie wegen des unerträglichen Juckreizes
vor. Die Abklärung einer Blut- und Gewebseosinophilie beginnt mit der Suche nach den
häufigsten Ursachen einer (Hyper-)Eosinophilie, wobei nach allergischen Erkrankungen,
arzneimittelbedingten Reaktionen und Infektionen, hierbei v. a. parasitärer Herkunft,
sowie Autoimmunerkrankungen gefahndet werden muss ([Abb. 2]) [18].
Abb. 2 Abklärungen bei (Hyper-)Eosinophilie [2]
[27].
Die initialen Abklärungen umfassen eine ausführliche Anamnese einschließlich Medikamentenanamnese.
Eine Stuhlanalyse oder Serologie zum Ausschluss einer Parasiteninfektion sollte bei
anamnestischen Risikokonstellationen erfolgen.
Ist kein zeitlicher Zusammenhang mit einer neu begonnenen Medikation vorhanden, so
muss mittels Anamnese, klinischer und laboranalytischer Untersuchungen eine Atopie
(totales IgE, spezifisches IgE auf Umweltallergene als Hinweis dafür), Allergien oder
Autoimmunerkrankung ausgeschlossen werden [15]. Bei Verdacht auf eine Vaskulitis sind die Serum-ANCA zu bestimmen. Frühe Hinweise
für eine hämatologische Neoplasie kann man durch Routineanalysen wie das Blutbild
und Differenzialblutbild, Leber- und Nierenwerte, Entzündungsparameter, Tryptase und
Vitamin B12 gewinnen [15]. Sollten neben der Eosinophilie andere Auffälligkeiten des Blutbildes oder auch
eine Splenomegalie vorliegen, muss eine Knochenmarkanalyse mit Zytologie, Histologie,
Immunhistochemie und Zytogenetik veranlasst werden [14]
[15]
[16]. Bei Verdacht auf eine lymphozytäre Variante sollte eine Lymphozytenphänotypisierung
mittels Flowzytometrie und Untersuchungen auf T-Zellrezeptor-Rearrangements erfolgen
[20].
Parallel zur Suche nach der möglichen Ursache der Hypereosinophiliesyndrome sollten
gleichzeitig auch Abklärungen bezüglich der Endorganschädigung(en) erfolgen. Dies
umfasst eine genaue Untersuchung der Haut, eine kardiologische Beurteilung mittels
EKG und Echokardiografie, eine Lungenfunktionsprüfung, Röntgenbild des Thorax sowie
eine Sonografie des Abdomens. Weitere Abklärungen zur Suche einer gastrointestinalen
Beteiligung sollten bei anamnestischen Hinweisen erfolgen [14]
[15]. Die Bestimmung von eosinophilopoetischen Zytokinen wie IL-3, IL-5 und GM-CSF im
Serum kann für die Diagnose einer reaktiven Eosinophilie hilfreich sein, wird jedoch
nicht routinemäßig durchgeführt. [14] Bei In-vitro-Stimulationen der T-Zellen sollte beachtet werden, dass die gemessenen
Zytokine nicht unbedingt die In-vivo-Verhältnisse widerspiegeln [18]
[26].
Therapieansätze
Da es sich bei den Hypereosinophiliesyndromen um eine sehr heterogene Gruppe meist
seltener Erkrankungen handelt, ist eine genaue Charakterisierung der zugrunde liegenden
Pathomechanismen notwendig, um eine möglichst spezifische Therapie anstreben zu können
[27]. Als Beispiel ist der Nachweis von FIP1L1-PDGFRA mittels PCR oder FISH zu nennen,
da FIP1L1-PDGFRA-positive myelodysplastische Neoplasien sehr gut auf Tyrosinkinasehemmer
wie Imatinib ansprechen, während bei FIP1L1-PDGFRA-negativen Formen einer Hypereosinophilie
eher eine antientzündliche Behandlung indiziert ist. Bis auf eine retrospektive Multizenterstudie
[28] existieren keine größeren Studien zur Behandlung der Hypereosinophiliesyndrome,
meist liegen kleinere Serien oder Kasuistiken vor.
Bei rascher Progredienz und/oder lebensgefährlichen Organschädigungen sollte selbst
bei fehlendem Nachweis einer spezifischen Ätiologie der Bluteosinophilie möglichst
schnell eine Therapie mit hochdosierten intravenösen Kortikosteroiden eingeleitet
werden (mindestens 1 mg/kg Prednisonäquivalent) [27]. Da Kortikosteroide in der Regel rasch die Eosinophilenzahlen im Blut und Gewebe
senken, ist vor Therapieeinleitung eine minimale Diagnostik einschließlich Biopsien
und Computertomografie zur Evaluation einer Lymphadenopathie oder Splenomegalie vorzunehmen.
Bei potenzieller Exposition zu Strongyloides wird eine gleichzeitige empirische Therapie mit Ivermectin empfohlen [27]. Bei fehlendem Ansprechen auf Kortikosteroide muss ein zweites Medikament hinzugefügt
werden. Hierfür gibt es keine generelle Empfehlung, die Auswahl erfolgt nach der Akuität
und klinischen Manifestation, zum Beispiel Cyclophosphamid bei Verdacht auf Churg-Strauss-Syndrom,
Interferon-alpha oder auch Hydroxyurea [15]
[27].
Bei Hypereosinophilie (> 1,5 × 109/l) aber fehlenden Symptomen oder Zeichen einer
Organschädigung kann in der Regel mit einer Therapie zugewartet werden [27]. Bei Patienten mit einer Hypereosinophilie unbekannter Signifikanz (HEUS) und einer familiären Hypereosinophilie (HEFA) scheinen regelmäßige Kontrollen bezüglich einer Endorganschädigung, und damit die
Überprüfung der Diagnose ohne begleitende Therapie gerechtfertigt [15].
In den meisten Fällen lässt sich eine Hypereosinophilie mit Kortikosteroiden kontrollieren,
eine Ausnahme sind Patienten mit myeloproliferativen Formen [15]. Die Bestimmung der genauen zytomorphologischen Eigenschaften bei myeloproliferativen
Prozessen ist unabdingbar. Bei CEL ist insbesondere die Bestimmung von Fusionsproteinen
wie dem FIP1L1-PDGFRA von klinischer Relevanz, da diese Patienten in der Regel ein
gutes Ansprechen auf eine Therapie mit Imatinib zeigen [29]. Imatinib stellt in diesem Kontext die Erstlinientherapie dar, mit der sich auch
Komplikationen wie Endokardfibrose und Thromboembolien verhindern lassen [29]. Nur wenige Patienten sprechen nicht auf Imatinib an, besitzen eine primäre oder
sekundäre Resistenz [15]
[30]
[31]. Bei Nichtansprechen auf Tyrosinaseinhibitoren muss eine Knochenmarktransplantation
in Erwägung gezogen werden. Bei Hypereosinophilie aufgrund anderer Mutation wie JAK2,
FGFR1 oder zytogenetischer Abnormalitäten können Interferon-alpha und Hydroxyurea
eingsetzt werden. Da bei einigen Patienten mit FIP1L1-PFGFRA-negativem Hypereosinophiliesyndrom
ein Ansprechen auf Imatinib beobachtet wurde, kann dieses bei Nichtansprechen auf
Kortikosteroide durchaus probiert werden.
Ist nur ein Organ durch eine Hypereosinophilie betroffen, so sollte die Therapie,
wenn möglich, mit topischen, ansonsten mit systemischen Kortikosteroiden behandelt
werden. Bei Patienten mit einem Churg-Strauss-Syndrom hat der frühzeitige Einsatz
von Cyclophosphamid zusammen mit Kortikosteroiden eine Reduktion der Mortalität und
Morbidität bewirkt [27]. Desweiteren wurden erfolgreiche Behandlungen mit Methotrexat, Hydroxyurea und Interferon-alpha
berichtet. Mepolizumab, ein Anti-IL-5-Antikörper, erwies sich als sicher und gut wirksam
in der Behandlung von Hypereosinophiliesyndromen und Churg-Strauss-Syndrom [32]
[33]
[34].
Die Behandlung der lymphozytären Formen der Hypereosinophiliesyndrome mit klonalen
oder aberranten T-Zellpopulationen erfordert häufig hohe Dosen von Kortikosteroiden,
sodass Interferon-alpha eine steroidsparende Alternative darstellt [27]. Der Effekt von Ciclosporin ist meist nicht ausreichend [27]. Bei reaktiver Hypereosinophile muss die Grunderkrankung behandelt werden, was zu
einer Reduktion bzw. Verschwinden eosinophilopoetischer Zytokine und damit einer Abnahme
der Eosinophilenzahlen im Blut und/oder Gewebe führt.
Ausblick
So wie wir lernen, die unterschiedlichen Ursachen, die zu einer Hypereosinophilie
führen, und die pathogenische Rolle der Eosinophilen zu verstehen, werden sich neue
Therapiemöglichkeiten der Hypereosinophiliesyndrome ergeben. Die Entdeckung der FIP1L1-PDGFRA-Mutationen
und die sich daraus ergebende gezielte Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren waren
ein erster Durchbruch. Inzwischen kennen wir eine Vielzahl von Oberflächenmolekülen,
einschließlich Zytokin-, Adhäsions- und Chemokinerezeptoren, die als potenzielle Angriffspunkte
einer zielgerichteten Therapie einer Eosinophilen-vermittelten Erkrankung gelten.
Neue Erkenntnisse sind von Studien zum Einsatz der Anti-IL-5-Antikörper zu erwarten.