PPH 2014; 20(01): 54-55
DOI: 10.1055/s-0033-1363934
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kriminalpsychologie kompakt

Rezensent(en):
Christoph Müller
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. Januar 2014 (online)

Kriminalpsychologie kompakt

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(Quelle: Beltz-Verlag)

Wer sich in der forensisch-psychiatrischen Pflege bewegt, der steht vor einer Herausforderung. Schließlich muss er oder sie sich im Zusammenhang des Sicherungsgedankens im Maßregelvollzug mit dem Verbrechen auseinandersetzen. Eine wirklich hilfreiche Lektüre bietet das Buch „Kriminalpsychologie kompakt“, das Stefan Suhling und Werner Greve herausgegeben haben. Sie beschreiben „kriminelles Verhalten, seine Ursachen und mögliche Reaktionen aus psychologischer Sicht“. Es kommt eigentlich niemand an diesem Buch vorbei, der seinen Weg in der forensischen Psychiatrie sucht. Denn die beiden Autoren machen elementar klar, worum es in der Begegnung mit straffälligen Menschen geht und vor allem, wie viele alltägliche Phänomene zu verstehen sind.

Suhling und Greve gehen konsequent den Weg von der Klärung, was Kriminalpsychologie ist, hin zur Beschreibung von Kriminalität. In einem dritten Baustein erklären sie Kriminalität in sozialen Kontexten, im Zusammenhang von Person und Situation. Natürlich widmen sie sich auch der Verhinderung von Kriminalität, wobei ein realistischer Blick auf die Gegebenheiten das Buch „Kriminalpsychologie kompakt“ auszeichnet.

Wenn die Autoren schreiben, dass Strafgesetze das soziale Miteinander regeln sollen, dann kann eine solche Stellungnahme auch als Anfrage an den forensisch-psychiatrischen Alltag verstanden werden. Es gibt häufig Klage, dass die Balance zwischen der Therapie- und der Sicherungsidee im forensisch-psychiatrischen Alltag an vielen Arbeitsstellen nicht unbedingt ausgewogen erscheint.

Greve und Suhling gehen nicht explizit auf den Maßregelvollzug ein. Sie kommen als Vertreter der Ausbildung und Lehre ganz und gar aus der kriminologischen Ecke. In einer fachlichen Deutlichkeit unterstreichen sie, worum es der Kriminalpsychologie unter anderem geht: „Psychologische Perspektiven […] interessieren sich genau für diejenigen individuellen Merkmale und Prozesse, die dazu führen, dass der eine kriminelle Handlungen begeht und der andere nicht – obwohl die beiden Personen sich soziologisch sehr ähneln.“

Suhling und Greve rechtfertigen beispielsweise auch den Stellenwert der Kriminalpsychologie, wenn sie betonen, „dass Straftaten letztlich immer von einzelnen Personen, nicht von sozialen Strukturen begangen werden“. Oder an einer anderen Stelle rufen sie dem Praktiker in Erinnerung: „Aggressive Personen unterscheiden sich in ihren Überzeugungen und Bewertungen von anderen Personen, weshalb sie beispielsweise anderen Menschen eher feindliche Absichten unterstellen und emotional erregter reagieren.“

Die Balance zwischen Bestrafung und perspektivischer Entwicklung ist eine bestimmende Idee des Kapitels über die Kriminalprävention. Dort wird auch die Verantwortung deutlich, die die Behandlung von Tätern in sich birgt. Suhling und Greve schreiben: „Die Wirksamkeit der Behandlung von Straftätern wird auch davon abhängen, wie Behandler und Behandelter miteinander interagieren […].“

Methodisch ist das Buch „Kriminalpsychologie kompakt“ sauber erarbeitet. Bestimmend sind natürlich die erklärenden Abschnitte des Buchs. Sie werden dort, wo es nötig erscheint, von farbig abgesetzten Kästchen unterbrochen. „Zum Weiterdenken“ wird dort angeregt. „Exkurse“ werden ergänzt, wenn sie der Erklärung dienen. Besondere Neugierde weckt die Rubrik „Unter der Lupe“. Zu jedem Kapitel gehört immer auch eine Zusammenfassung und Übungsfragen. So wird dem Praktiker die Möglichkeit gegeben, bei aktuellen Fragen auch rasch zu schauen, ob es eine Antwort auf die anstehende Frage im Buch „Kriminalpsychologie kompakt“ gibt.

Wenn man sich mit dem Buch „Kriminalpsychologie kompakt“ beschäftigt, dann gönnt man sich selber mit den düsteren Aspekten psychiatrisch-pflegerischen Arbeitens im Maßregelvollzug sachlicher und gelassener umgehen zu können. Diese Chance sollte man nutzen.

Christoph Müller