Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(5): 340
DOI: 10.1055/s-0033-1362870
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Referat – GLP 1-Rezeptoragonist als Alternative zu Sulfonylharnstoffen?

Baptist Gallwitz
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Publication Date:
30 October 2014 (online)

Hintergrund: Während Sulfonylharnstoffe glukoseunabhängig insulinotrop wirken, ist der insulinotrope Effekt der Glukagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonisten streng glukoseabhängig: Unterhalb einer Plasmaglukosekonzentration von 4–5 mmol / l wirken sie nicht mehr, was ein geringes Hypoglykämierisiko zur Folge hat. Vor diesem Hintergrund verglichen S. Østoft et al. den GLP-1-Rezeptoragonist Liraglutid und den Sulfonylharnstoff Glimepirid hinsichtlich ihrer Effektivität und Sicherheit bei MODY-Patienten mit einer HNF1A-Mutation.

Methoden: Die Untersuchung sollte zeigen, wie sich eine 6-wöchige Therapie mit Liraglutid verglichen mit Glimepirid auf den Nüchternglukosespiegel und das Hypoglykämierisiko auswirkt. Die dänischen Forscher führten ihre doppelt verblindete randomisierte Studie aufgrund der Seltenheit des MODY-3-Diabetes in einer Cross-over-Studie an 16 Patienten durch. Die Teilnehmer waren zur Hälfte Frauen, im Mittel 39 (23–67) Jahre alt und hatten einen mittleren BMI von 24,9 kg / m2. Ihr HbA1c-Wert lag bei 6,4 % und alle Teilnehmer waren heterozygote Träger der krankheitsauslösenden HNF1A-Mutation. Nach einer einwöchigen Auswaschphase erhielt die Hälfte der Patienten täglich einmal eine Liraglutid-Injektion und eine Placebo-Tablette, die andere Hälfte erhielt ebenfalls einmal täglich eine Placebo-Injektion und eine Glimepirid-Tablette. Im Anschluss an diese erste 6-wöchige Studienphase wurden wie zu Studienbeginn Laborparameter gemessen und eine Testmahlzeit sowie ein halbstündiges Fahrradtraining physiologisch ausgewertet. Nach einer weiteren einwöchigen Auswaschphase erhielten alle Studienteilnehmer die Therapie, die sie zuvor nicht erhalten hatten, einschließlich Testmahlzeit und Training. Die Titration von Glimepirid erfolgte zielwertorientiert, der angestrebte Bereich lag bei 5–5,9 mmol / l. Liraglutid wurde auf eine Dosis von 1,8 mg / d eingestellt.

Ergebnisse: Beide Schemata reduzierten den Nüchternglukosespiegel signifikant: Er sank unter Liraglutid um durchschnittlich 1,6 auf 8,2 mmol / l, unter Glimepirid um 2,8 auf 7,2 mmol / l. Es bestand keine signifikante Therapiedifferenz. Liraglutid und Glimepirid dämpften die postprandialen Blutzuckerspitzen: Die AUC sank von durchschnittlich 3 127 min mmol / l vor Studienbeginn auf 2 624 min mmol / l unter Liraglutid und auf 2 136 min mmol / l unter Glimepirid. Die Forscher beobachteten 18 hypoglykämische Episoden unter Glimepirid und eine unter Liraglutid.

Folgerung: Viele Patienten mit HNF1A-Diabetes lassen sich mit einer Sulfonylharnstoff-Monotherapie gut einstellen. Patienten, die schnell eine Hypoglykämie entwickeln oder zunehmen, könnten von einer Therapie mit dem GLP-1-Rezeptoragonist Liraglutid profitieren, da die Liraglutid-Therapie signifikant seltener zu Hypoglykämien führte, so die Autoren. Allerdings sei die Hypoglykämierate unter Glimepirid auch zum Teil auf die aggressive Einstellung des HbA1c-Zielwerts auf ≤ 6,5 % zurückzuführen. Außerdem bremsten GLP 1-Rezeptoragonisten in präklinischen Studien die Beta-Zell-Apoptose. Auch davon könnten Patienten mit HNF1A-Diabetes profitieren, denn bei ihnen verringern sich Zahl und Funktion der Beta-Zellen kontinuierlich.

Ines Schulz-Hanke, Untermeitingen