Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218(5): 185-186
DOI: 10.1055/s-0033-1362847
Journal Club
Geburtshilfe
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vorzeitige Wehen 1 – Genexpressionsprofile zur Prädiktion der drohenden Frühgeburt

Further Information

Publication History

Publication Date:
29 October 2014 (online)

Hintergrund: Vorzeitige uterine Kontraktionen zwischen 20 und 37 SSW sind die häufigste Ursache für eine Hospitalisierung während der Schwangerschaft und erfordern eine 48-stündige tokolytische Behandlung zur Lungenreifeinduktion und Verlegung der Schwangeren in ein Perinatalzentrum. Nur bei etwa 5 % dieser Patientinnen kommt es jedoch innerhalb von 10 Tagen zur spontanen Frühgeburt (sFG). Die klinische Prädiktion einer muttermundswirksamen vorzeitigen Wehentätigkeit stützt sich auf die Messung der Zervixlänge sowie den Nachweis von fetalem Fibronektin (fFN) im zervikovaginalen Sekret. Mit Hilfe eines bei allen Patientinnen durchführbaren prädiktiven Tests könnten Schwangere mit tatsächlich drohender sFG identifiziert und adäquat behandelt werden, wogegen Schwangere mit „ungefährlichen“ Kontraktionen keinen unnötigen medizinischen Interventionen ausgesetzt werden müssten.

Methoden: Heng et al. untersuchen, ob Schwangere mit vorzeitigen Kontraktionen, bei welchen innerhalb von 48 h eine sFG eintritt, andere Genexpressionsprofile aufweisen als Schwangere, die nicht innerhalb dieses Zeitraums entbinden. Zudem identifizieren sie eine Genexpressionssignatur zur Prädiktion der sFG. In die Untersuchung wurden 154 Schwangere mit uterinen Kontraktionen (24–36 SSW; mit oder ohne Zervixveränderungen, intakte fetale Membranen, kein Hinweis auf eine Chorioamnionitis) eingeschlossen. Wenn möglich erfolgte die fFN-Diagnostik, eine mikrobiologische Untersuchung von Vaginalsekret und Urin sowie nach der Geburt eine mikrobiologische und histopathologische Plazentauntersuchung. Allen Patientinnen wurde vor Medikamentengabe Vollblut entnommen, welches mit Hilfe von Microarrays hinsichtlich unterschiedlicher Genexpressionsprofile (Schwangere mit sFG; n = 48 vs. Schwangere ohne sFG; n = 106) analysiert wurde.

Ergebnisse: Die Schwangeren mit sFG innerhalb von 48 h hatten eine signifikant höhere Leukozyten- und Neutrophilen-Zahl (34,7 % bzw. 40,8 %) als die Schwangeren ohne sFG im selben Zeitraum (p < 0,001). Hinsichtlich Urin- und Vaginalabstrich-Kultur sowie Plazenta-Histologie und -Mikrobiologie zeigten sich keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen (p < 0,05). Eine fFN-Diagnostik erfolgte bei 62 Patientinnen (40,3 %) mit einer Sensitivität von 83,3 %, einer Spezifität von 66,0 % sowie einem positiven und negativen Vorhersagewert von 37,0 % bzw. 94,3 %. Es wurden 469 signifikant unterschiedlich exprimierte Gene detektiert (256 up- und 213 down-regulierte Gene; false discovery rate / FDR < 0,05), von denen 28 zur Microarray-Validierung mittels quantitativer real-time PCR (qRT-PCR) ausgewählt wurden. Nach Adjustierung für das Gestationsalter bestätigte die qRT-PCR die unterschiedliche Expression von 20 Genen (p < 0,05). Mit Hilfe eines Random Forest Klassifikationsverfahrens wurde eine Gensignatur aus 9 Genen identifiziert, mit deren Hilfe in Kombination mit Daten der peripheren Blutuntersuchung (Leukozyten, Neutrophile, Lymphozyten, Monozyten, Hämoglobin) eine drohende idiopathische sFG innerhalb von 48 h nach Klinikaufnahme mit einer Sensitivität von 70,8 % und einer Spezifität von 75,5 % vorhergesagt werden kann.

Fazit

Die prädiktive Effizienz der identifizierten Gensignatur übertrifft die der alleinigen fetalen Fibronektin-Diagnostik. Ein Vorteil Blut-basierter Testverfahren zur Prädikation der spontanen Frühgeburt besteht in der Anwendbarkeit bei allen Patientinnen.

Dr. Christian Weber, Künzel