Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218(4): 139
DOI: 10.1055/s-0033-1362671
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Neonatologie
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Ventilation – Neugeborenen-Beatmung im Kreißsaal

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Publication Date:
20 August 2014 (online)

Hintergrund: Die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung deprimierter Neugeborener nach der Geburt ist die Etablierung einer suffizienten Ventilation. Der sensitivste Indikator für eine erfolgreiche Reanimation ist der Anstieg der Herzfrequenz (HF). Zur manuellen Überdruckbeatmung (PPV; positive-pressure ventilation) Neugeborener werden am häufigsten Beatmungsbeutel (self-inflating bags) eingesetzt. Die seit einigen Jahren etablierte Methode der druckbegrenzten Ventilation mittels T-Stück-Beatmungsgeräten ermöglicht die kontinuierliche Applikation niedriger Beatmungsdrücke. Szyld et al. vergleichen die Effektivität und Sicherheit beider Verfahren bei der postnatalen Maskenbeatmung Neugeborener.

Methoden: In die multizentrische, cluster-randomisierte, open-label, 2-Perioden-Crossover-Studie wurden zwischen Dezember 2009 und August 2012 nach der Geburt mittels Gesichtsmaske beatmete Neugeborene (≥ 26 SSW) eingeschlossen. Es wurde entweder ein T-Stück-Beatmungsgerät mit PEEP (positive endexpiratory pressure) bzw. ein Beatmungsbeutel mit oder ohne PEEP-Ventil eingesetzt. Nach Schulung des medizinischen Personals in der Anwendung des per Randomisierung zugeteilten Beatmungsverfahrens wurden 50 Patienten mit dieser Methode behandelt und in die Studie eingeschlossen. Danach wurden die Handhabung der alternativen Behandlungsmethode trainiert und weitere 50 Patienten mit diesem Verfahren behandelt (Crossover). Das primäre Outcome umfasste den Anteil der Kinder mit einer Herzfrequenz ≥ 100 bpm 2 min nach der Geburt. Die sekundären Outcome-Parameter umfassten unter anderem die Zeit bis zum Erreichen einer HF ≥ 100 bpm, SpO2 nach 2 min, Intubationsrate, Einsatz von Thoraxkompression und / oder Medikamentengabe, Apgar nach 1 und 5 min, Mortalitätsrate, Auftreten von Pneumothorax bzw. -mediastinum sowie maximale Beatmungsdrücke und verwendeten FiO2.

Ergebnisse: Die Daten von 1027 Kindern (511 der T-Stück- und 516 der Beatmungsbeutel-Gruppe) wurden ausgewertet. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied der Inzidenz einer HF ≥ 100 bpm nach 2 min zwischen der T-Stück- und der Beatmungsbeutel-Gruppe (479/511; 93,7 % vs. 466/516; 90,3 %; OR 0,65; 95 %-KI 0,41-1,05; p = 0,08). 86 (17 %) bzw. 134 (26 %) Neugeborene dieser Gruppen wurden im Kreissaal intubiert (OR 0,58; 95 %-KI 0,4–0,8; p = 0,002). Der mittlere maximale positive Inspirationsdruck in den beiden Gruppen betrug 26 ± 1,9 vs. 28 ± 4,9 cm H2O (p < 0,001). Die Raten von Pneumothorax- und -mediastinum, Medikamentenapplikation, Thoraxkompression, Mortalität sowie mechanischer Beatmung unterschieden sich nicht signifikant. Nach 2 min zeigte sich ein mittlerer SpO2 von 82 % ± 14 % in der T-Stück- und von 78 % ± 20 % in der Beatmungsbeutel-Gruppe (p = 0,004). In den beiden Gruppen erreichten 88 % bzw. 76 % der Kinder mit sehr niedrigem Geburtsgewicht eine HF ≥ 100 bpm nach 2 min (p = 0,04), und bei 25 % bzw. 40 % der Kinder entwickelte sich eine Bronchopulmonale Dysplasie (p = 0,04).

Fazit

Es zeigte sich kein Unterschied im Erreichen einer HF ≥ 100 bpm 2 min nach der Geburt bei Verwendung beider Beatmungsverfahren. Bei T-Stück-Beatmung konnten jedoch die Intubationsrate, die Maximaldrücke sowie deren Variabilität reduziert werden. In der Beatmungsbeutel-Gruppe entwickelten Kinder mit sehr niedrigem Geburtsgewicht häufiger eine BPD, und auch die mittlere Anzahl an Tagen mit Sauerstoffbedarf sowie die Dauer der mechanischen Ventilation war in dieser Gruppe höher.

Dr. Christian Weber, Künzel