Balint Journal 2013; 14(04): 123
DOI: 10.1055/s-0033-1361137
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Publication Date:
08 January 2014 (online)

Wesiack Wolfgang †

Die Deutsche und die Österreichische Balint-Gesellschaft trauern um Prof. Dr. med. Wolfgang Wesiack, der am 10. August 2013 in Göppingen nach längerer Krankheit verstarb.

Wolfgang Wesiack, geboren am 29. März 1924 in Graz, ist einer der Nestoren der Psychosomatischen Medizin in Deutschland und Österreich. Nach dem Studium der Medizin, Philosophie und Psychologie in der Nachkriegszeit begann zunächst die Ausbildung in der Inneren Medizin. Parallel dazu erfolgte bereits die psychoanalytische Ausbildung in Stuttgart und Ulm.

Mit ungeheurer Energie und immer das Ziel einer anthropologisch orientierten Medizin vor Augen, basierend auf der Psychoanalyse, integrierend die Praxis- und Beziehungswirklichkeit, hat er sich Zeit seines Lebens mit Praxis und Theorie der Psychosomatischen Medizin befasst.

Die erste Säule war die Innere Medizin: Praxis in seiner ursprünglichen Bedeutung. Wolfgang Wesiack war langjährig niedergelassener Internist in Aalen und hat von dort aus in Zusammenarbeit mit der Ulmer Klinik und Prof. Thure von Uexküll zunächst gedanklich, dann später auch praktisch die Grenzen der Praxis und der Internistischen Medizin überschritten. Die Habilitation an der Universität Ulm erfolgte im Jahr 1972 und die apl. Professur 1978. Er hat sich mit seinem Interesse, seiner immerwährenden Neugier und seinem unermüdlichen Engagement der Entwicklung einer humanistisch geprägten Theorie der gesamten Heilkunde verschrieben. Aus diesem Engagement und in der Zusammenarbeit mit Thure von Uexküll sind 2 grundlegende Werke der Psychosomatischen Medizin, in viele Sprachen übersetzt, hervorgegangen: das „Lehrbuch der Psychosomatischen Medizin“ und die „Theorie der Medizin“. Es war nicht nur ein Paradigmenwechsel, der mit dieser Arbeit für das ärztliche Denken und Handeln eingeleitet wurde, sondern durch das Einbeziehen von prozesshaften Entwicklungen in komplexen, dynamischen Systemen ein Syntagmawechsel.

Auf der Grundlage dieser konsequenten Haltung und Einstellung erhält Wolfgang Wesiack dann 1984 den Ruf an die Universität Innsbruck auf den Lehrstuhl für „Medizinische Psychologie und Psychotherapie“. Hier hat er sich um die Etablierung einer ärztlichen Ausbildung in Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie nachhaltig engagiert. Als Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin war Wolfgang Wesiack bei der Entwicklung der Diplomfortbildung in Psychosozialer-, Psychosomatischer- und Psychotherapeutischer Medizin in Österreich federführend. In Innsbruck wirkte er mit höchstem Einsatz bis zu seiner Emeritierung. Nach dieser Zeit ging er zusammen mit seiner Frau, mit der er insgesamt über 69 Jahre verbunden war, wieder zurück in die Nähe von Aalen, nach Göppingen, um bei seiner Familie zu sein. Hier hat er weiter intensiv gelebt, gelesen und sich weiter engagiert.

Der Deutschen Balint-Gesellschaft ist er als Mitglied seit Jahrzehnten verbunden. Er war im Jahre 2003 Gründungsmitglied der Österreichischen Balint-Gesellschaft und deren Ehrenpräsident. Die Schweizer Gesellschaft für Psychosomatische Medizin ehrte ihn mit dem Michael Balint Preis. Auf dem Hintergrund dieser beruflichen Biografie war er ein überzeugter Vertreter des Balint’schen Ansatzes. die Glaubwürdigkeit war in seiner Person gegeben. Er konnte energisch und fordernd sein, aber immer um der Sache und der von ihm selbst gesteckten Ziele willen. Die Ziele dieses Engagement waren durch die Medizin, ihre Praxis und das Ringen um eine Theorie der Medizin geprägt.

Die Deutsche und die Österreichische Balint-Gesellschaft trauern mit seiner Ehefrau und der ganzen Familie. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken erhalten.

Priv. Doz. Dr. Günther Bergmann
Deutsche Balint Gesellschaft

Dr. med. Hans-Peter Edlhaimb
Österreichische Balint Gesellschaft