Kovalchik SA, Tammemagi M, Berg CD et al.
Targeting of Low-Dose CT Screening According to the Risk of Lang-Cancer Death.
N Engl J Med 2013;
369: 245-254
The National Lung Screening Trial Research Team.
Results of Initial Low-Dose Computed Tomographic-Screening for Lung Cancer.
N Engl J Med 2013;
368: 1980-1991
Studie 1 Ein Screening mittels Niedrigdosis-CT kann mehr Todesfälle infolge eines Bronchialkarzinoms
verhindern als das Thorax-Röntgen. Besonders ausgeprägt ist der Benefit bei Rauchern
mit mittelhohem bis hohem Risiko. Allgemein akzeptiert ist, dass ein Screening Hochrisikopatienten
vorbehalten bleiben sollte. Doch wie eine Hochrisikopopulation im Hinblick auf die
Lungenkrebserkrankung genau zu definieren ist, ist bisher unklar.
Methoden Im National Lung Screening Trial (NSLT) reduzierte das Screening mittels Niedrigdosis-CT
die Lungenkrebsmortalität bei Rauchern zwischen 55 und 74 Jahren mit einem Minimum
von 30 Packungsjahren und Rauchstopp vor längstens 15 Jahren relativ zum Thorax-Röntgen
um 20 %. S. A. Kovalchik et al. ordneten in ihrer Studie die insgesamt 53 454 Raucher
der NLST-Studie entsprechend ihrer Risikolage mit Hilfe eines validierten Vorhersagemodells
einer von 5 Quintilen zu: In Quintile 1 wurden Teilnehmer mit einem 5-Jahresrisiko
für Lungenkrebs von 0,15 bis 0,55 % eingeordnet, Quintile 5 bildeten Teilnehmer mit
einem Risiko > 2 %.
Ergebnisse Die Zahl der Lungenkrebs-Todesfälle pro 10 000 Personenjahre, die durch das CT-Screening
im Vergleich zum Röntgen verhindert werden konnte, nahm mit den Risikoquintilen von
0,2 in Quintile 1 bis hin zu 12,0 in Quintile 5 zu. Der Trend war mit p = 0,01 statistisch
signifikant. Umgekehrt nahm das Verhältnis der Anzahl von Personen mit falsch positiven
Ergebnissen relativ zu den durch das CT-Screening verhinderten Todesfällen über die
Risikoquintilen signifikant ab: Von 1.648 in Quintile 1 bis zu 65 in Quintile 5. Die
Zahl der Patienten, die gescreent werden müssen, um einen Todesfall an Bronchialkarzinom
zu verhindern, nahm von Quintile 1 bis Quintile 5 von 5276 auf 161 ab.
Fazit Bisher wird ein Low-dose-CT-Screening für Patienten empfohlen, die die NLST-Einschlusskriterien
erfüllen. Die Studie liefert den empirischen Beleg dafür, dass der Personenkreis weiter
eingeengt werden könnte z. B. auf Patienten der Quintilen 3 bis 5. Denn auf diese
Gruppe entfielen 88 % der durch das Screening verhinderten Todesfälle und 64 % der
falsch positiven Ergebnisse. Auf die Patienten der Quintile 1 dagegen nur 1 %. wenig
signifikant, weder nach 6 (55,92 vs 51,25 %) noch nach 12 Monaten (66,45 vs 60 %).
Die Häufigkeit von Nebenwirkungen (Pneumonie, Arrythmien und Pneumothorax) war in
den beiden Gruppen nahezu gleich.
Kovalchik SA, Tammemagi M, Berg CD et al.
Targeting of Low-Dose CT Screening According to the Risk of Lang-Cancer Death.
N Engl J Med 2013; 369: 245–254.
Lungenkrebsscreening: Spiral-CT dem Thorax-Röntgen überlegen
Studie 2 Lungenkrebs trägt weltweit am meisten zur hohen Krebsmortalität bei. Ein Screening
mittels niedrig dosiertem Spiral- CT ist besser als das Thorax-Röntgen geeignet, die
Sterberate zu senken. Dies ist das Ergebnis des US-amerikanischen National Lung Screening
Trials (NLST).
Methoden Zwischen August 2002 und April 2004 wurden insgesamt 53 454 asymptomatische Personen
(Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 74 Jahren) aus 33 amerikanischen Zentren
in die Studie eingeschlossen. Die Patienten rauchten noch oder hatten zumindest in
den zurückliegenden15 Jahren geraucht und dabei mindestens 30 Packungsjahre erreicht.
Das Screening im Rahmen der Studie sollte jährlich über einen Zeitraum von 3 Jahren
durchgeführt werden. 26 722 Teilnehmer wurden randomisiert einer Gruppe zugeteilt,
bei der ein Niedrigdosis-CT durchgeführt wurde, 26 732 erhielten ein Thorax-Röntgen.
Die Testergebnisse galten bei Vorliegen von Knoten oder anderen verdächtigen Befunden
als positiv. Einem ersten geplanten Screening unterzogen sich 98 % aller Teilnehmer.
In der CT-Gruppe waren es 26 309 von 26 715 (98,5%), in der Röntgen-Gruppe nahmen
26 035 von 26 724 (97,4%) an der Vorsorge teil. Der Anteil der Personen, die dabei
positiv gescreent wurden, lag in der CT-Gruppe mit 27,3 % (7 191 von 26 209) höher
als in der Röntgen-Gruppe mit 9,2 % (2 387 von 26 035). Die Rate stieg mit zunehmendem
Alter und der Anzahl an Packungsjahren leicht an. Mindestens eine weitere diagnostische
Maßnahme erfolgte bei 6 369 (90,4 %) respektive bei2 176 (92,7 %) Teilnehmern. In
5 717 (81,1 %) bzw. 2 010 Fällen (85,6 %) wurde eine bildgebende Untersuchung durchgeführt,
bei 297 (4,2 %) bzw. 121 (5,2 %) Patienten wurde eine Probeexzision vorgenommen. Lungenkrebs
wurde bei 292 Personen (1,1 %) in der CT-Gruppe und bei 190 (0,7 %) in der Röntgen-Gruppe
diagnostiziert. Die Tumore befanden sich im Stadium I bei 158 vs. 70 und in den Stadien
IIb- IV bei 120 vs. 112 Studienteilnehmern.
Ergebnisse Wie erwartet, erbrachte das Screening mit dem Niedrigdosis-CT beim ersten Screening
mehr positive Testergebnisse als das Röntgen. Es wurden auch mehr Biopsien und andere
invasive Eingriffe durchgeführt. Zudem wurden mehr Lungentumore im frühen und ähnlich
viele im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Sensitivität und Spezifität betrugen
93,8 % und 73,4 % für das niedrig dosierte CT bzw. 73,5 % und 91,3 % für das Thorax-Röntgen.
Fazit Die Ergebnisse der NLST-Studie decken sich mit entsprechenden Angaben in der Literatur
zum Screening mit einem Niedrigdosis-CT beziehungsweise mit dem Thorax-Röntgen. Sie
deuten darauf hin, dass sich die Sterblichkeit bei Lungenkrebs in Zentren mit einem
im Umgang mit dem CT erfahrenen Personal senken lässt.
The National Lung Screening Trial Research Team.
Results of Initial Low-Dose Computed Tomographic-Screening for Lung Cancer.
N Engl J Med 2013; 368:1980–1991.
Die Ergebnisse des US-amerikanische National Lung Screening Trials (NLST) belegen
den potenziellen Nutzen der Niedrigdosis-CT zur Lungenkrebsfrüherkennung bei Personen
mit einem hohen Lungenkrebsrisiko. Im NLST wurde bei 55- bis 74-jährigen Rauchern
oder Ex-Rauchern mit einem Zigarettenkonsum von mind. 30 Packungsjahren durch jährliches
CT-Screening über 3 Jahre eine Senkung der Lungenkrebssterblichkeit um 20 % gegenüber
einer jährlichen Untersuchung mit Thoraxübersichtsaufnahmen nachgewiesen. Durch Subgruppenanalysen
können die Personengruppen, die von einer regelmäßigen Niedrigdosis-CT profitieren
würden, noch näher definiert werden.
Daraus resultieren in den USA Empfehlungen mehrerer Fachgesellschaften, zuletzt des
National Comprehensive Cancer Network (NCCN), für eine jährliche Niedrigdosis-CT bei
Rauchern oder Ex-Rauchern in der genannten Altersgruppe mit einem Zigarettenkonsum
von mind. 30 Packungsjahren oder bei über 50-jährigen Rauchern mit mind. 20 Packungsjahren
und einem zusätzlichen Risikofaktor.
Auch in Deutschland ist davon auszugehen, dass die gleichen Risikogruppen von einer
jährlichen Niedrigdosis-CT profitieren können. Es gibt jedoch bisher nur wenige Zentren,
die über praktische Erfahrungen mit der Früherkennung des Lungenkarzinoms mit Niedrigdosis-CT
verfügen. Größtes Problem ist hierzulande die Gesetzeslage, da die Röntgenverordnung
eine individuelle Krankheitsfrüherkennung nicht als Indikation für eine Untersuchung
mit Röntgenstrahlen vorsieht. Das Bundesamt für Strahlenschutz sucht gegenwärtig zusammen
mit den zuständigen medizinischen Fachgesellschaften nach geeigneten Wegen, das vorhandene
„graue Screening“ zu beenden und einen entsprechenden Rahmen für die Lungenkrebsfrüherkennung
zu schaffen.
Die aktuelle, rasch wachsende Datenlage belegt überzeugend, dass durch ein indikationsbegrenzendes
Screening von Risikogruppen sich möglicherweise ein Verfahren abzeichnet, die unverändert,
extrem schlechte Prognose des Lungenkarzinom durch frühzeitiges Erkennen zu verbessern.
Priv. Doz. Dr. Dag Wormanns und Prof. Dr. Christian Grohé, Berlin