Als meistzitierte Arbeit küren wir eine Übersichtsarbeit von Dr. Uta Gühne unter dem
Titel: „Akutbehandlung im häuslichen Umfeld – Systematische Übersicht und Implementierungsstand
in Deutschland“ [1]. Die Arbeit stellt einen gemeindenahen Versorgungsansatz in den Mittelpunkt, der
insbesondere für schwer psychisch kranke Menschen in akuten Krankheitsphasen entwickelt
wurde. Die Übersicht zur Effektivität und Kosteneffektivität von Home Treatment wird
ergänzt durch die Beschreibung des gegenwärtigen Implementierungsstands in Deutschland.
Es wird deutlich, dass Home Treatment eine wirksame Ergänzung bestehender psychiatrischer
Angebote darstellt, jedoch in Deutschland bisher wenig etabliert ist. Uta Gühne vom
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Universität Leipzig
ist von Haus aus Psychologin und war intensiv an der Entwicklung der S3-Leitlinie
Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Störungen beteiligt.
Den zweiten Platz teilen sich eine weitere Übersichtsarbeit und ein kritisches Essay.
Diplomsoziologe Thomas Lehnert vom Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie
des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf legt eine systematische Literaturübersicht
zu gesundheitsökonomischen Studien bei Diabetes und komorbider Depression vor [2]. Gleichauf mit der genannten Übersichtsarbeit, sozusagen punktgleich auf dem zweiten
Platz, finden wir ein kritisches Essay aus der Feder von Tilman Steinert mit dem Titel
„Nach 200 Jahren Psychiatrie: Sind Fixierungen in Deutschland unvermeidlich?“ [3]. Der Beitrag reflektiert das älteste Problem psychiatrischer Institutionen. Er geht
der Frage nach, ob es sich bei Fixierungen und anderen Zwangsmaßnahmen um Therapie-
oder Sicherheitsmaßnahmen handelt. Darüber hinaus werden die Leser mit einer in Großbritannien
praktizierten professionellen Intervention vertraut gemacht, die zur Vermeidung von
Fixierungen eingesetzt wird. Prof. Dr. Tilman Steinert, von Haus aus Mediziner, Psychiater,
Psychotherapeut und Neurologe, leitet die Abteilung Psychiatrie I der Universität
Ulm und ist stellvertretender ärztlicher Direktor und Mitglied der Geschäftsleitung
des Zentrums für Psychiatrie in Südwürttemberg. 1997 gründete er den Arbeitskreis
der Prävention von Gewalt in der Psychiatrie.
In diesem Jahr wollen wir erstmals auch die meistzitierte Debatte prämieren. Die Prämierung
geht an Frau Prof. Dr. Andrea Pfennig und Herrn Prof. Dr. Gerd Hölter. Die Debatte
stand unter dem Leitthema „Evidence-Based Medicine ist der Goldstandard der Leitlinienentwicklung“
[4]. Frau Pfennig ist Professorin für psychiatrische Epidemiologie und Verlaufsforschung.
Sie ist Psychiaterin und Psychotherapeutin mit einer postgraduierten epidemiologischen
Ausbildung und ist an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums
Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden tätig. Gerd Hölter ist von Haus
aus Philologe und hat den Lehrstuhl für Bewegungserziehung und Bewegungstherapie in
Rehabilitation und Pädagogik bei Behinderung an der Fakultät Rehabilitationswissenschaften
der Technischen Universität Dortmund inne.
Die prämierten Arbeiten verweisen auf relevante Themen, die weitere Arbeiten stimulierten:
Innovative Versorgungsmodelle, die Komorbidität zwischen psychischen und somatischen
Erkrankungen [5], Aspekte von Gewalt und Zwang in der Psychiatrie [6] und last not least die evidenzbasierte Medizin und die Leitlinienentwicklung [7].
Wir gratulieren den Autoren und Autorinnen ganz herzlich!