Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2013; 48(10): 634-639
DOI: 10.1055/s-0033-1358628
Fachwissen
Intensivmedizin Topthema: Respiratorentwöhnung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Respiratorentwöhnung – Die Atemmuskelpumpe – Bedeutung für die Respiratorentwöhnung

Monitoring of the respiratory muscle function during weaning from mechanical ventilation
Philipp A Pickerodt
,
Roland C. E Francis
,
Steffen Weber-Carstens
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. November 2013 (online)

Preview

Zusammenfassung

Das Erfassen und die Beurteilung der Funktion der Atemmuskulatur hat eine elementare Bedeutung für die Respiratorentwöhnung beatmeter Patienten. Gleichwohl ist die Messung von Atemmuskelkraft und Ausdauer in der klinischen Routine nicht sehr weit verbreitet. Die Bestimmung des „rapid shallowbreathingindex“ ist eine wertvolle Hilfe zur Einschätzung der Belastung der Atempumpe und zur Vermeidung eines Entwöhnungsversagens. Allerdings ersetzt dieser Parameter in der Adaptation der Beatmungstherapie an die Bedürfnisse und Möglichkeiten, insbesondere bei Patienten mit schwieriger oder prolongierter Entwöhnung, die Messung von Atemmuskelkraft und Ausdauer nicht. Ziel der Beatmungstherapie während der Entwöhnung vom Respirator ist es ein Gleichgewicht zwischen Ent- und Belastung der Atemmuskulatur zu finden. Inwieweit und bei welchen Patienten ein inspiratorisches Muskeltraining die Entwöhnung vom Respirator beschleunigt bleibt Gegenstand weiterer Studien und kann derzeit nicht eindeutig beantwortet werden.

Early weaning and discontinuation of mechanical ventilation can help prevent respiratory muscle dysfunction in critically ill patients. Prolonged mechanical ventilation and failure to use adequate strategies to discontinue mechanical ventilation can even enhance and perpetuate respiratory muscle dysfunction. On the other hand, premature attempts to extubate may result in re-intubation due to respiratory failure and are associated with poor outcomes and high mortality rates of up to 30-50%. Therefore, accurate monitoring of the respiratory muscle function is a valuable tool for the clinician at the bedside to assess to optimal weaning strategy and, ideally, would predict either weaning failure or success. In this review, we briefly summarize the available techniques, measurements and equipment required for the monitoring of respiratory muscle function in the intensive care unit.

Kernaussagen

  • Die bettseitige Beurteilung der Atemmuskelkraft und -funktion auf der Intensivstation ist in der Respiratorentwöhnung eine Herausforderung für den Kliniker.

  • Der Rapid-Shallow-Breathing-Index (RSBI) hat den Vorteil, dass er über die auf Intensivstationen verwendeten Patienten-Daten-Managementsysteme einfach zu ermitteln ist. Dabei ist er nicht invasiv.

  • Bei der visuellen Analyse der Atemmuster fehlt die Genauigkeit, eine muskuläre Belastung der Atemmuskulatur zu quantifizieren.

  • Mit der Analyse der Form der Fluss- und Atemwegsdruckkurve lassen sich bettseitig wichtige Informationen gewinnen über die Aktivität der Atemmuskulatur während mechanischer Beatmung und über mögliche Asynchronien in der Interaktion zwischen Patient und Beatmungsgerät. Es ist jedoch keine Quantifizierung der Funktion der Atemmuskelpumpe möglich.

  • Bei allen volitionalen Monitoringverfahren der Atemmuskelkraft sind die Testresultate oft schwer zu interpretieren, da nicht eindeutig beurteilt werden kann, inwieweit der Patient eine max. Atemanstrengung unternimmt.

  • Beim Müller-Manöver muss die Testperson eine max. mögliche Atemanstrengung gegen einen geschlossenen Atemweg durchführen. Durch Verwendung einer unidirektionalen Klappe, die zwar die Exspiration erlaubt, die Inspiration aber verhindert, kann der Test auf dem Niveau der funktionellen Residualkapazität des Patienten durchgeführt werden.

  • Durch Beschreibung des Verhältnisses der inspiratorischen abdominellen Druckänderung zur Änderung des inspiratorischen transdiaphragmalen Drucks (ΔPab/ ΔPdi) lässt sich quantifizieren, welchen Anteil die Kontraktion des Zwerchfells an der Atmung übernimmt.

  • Bei zervikaler magnetischer oder elektrischer Stimulation des Nervus phrenicus lassen sich die Druckänderungen durch Anwendung eines immer gleichen Reizes – völlig unabhängig von der Kooperation des Patienten – als Maß für die muskuläre Funktionsfähigkeit des Zwerchfells aufzeichnen.

  • Das Ungleichgewicht zwischen erhöhter Belastung und verminderter Kapazität der Inspirationsmuskulatur mit nachfolgender Ermüdung und Erschöpfung der Muskulatur ist der wesentliche pathogenetische Faktor eines Entwöhnungsversagens vom Respirator. Vor diesem Hintergrund kommt der Prävention des Atemmuskelpumpenversagens in der Respiratorentwöhnung eine zentrale Bedeutung zu.

Ergänzendes Material