Zahnmedizin up2date 2015; 9(04): 357-377
DOI: 10.1055/s-0033-1358160
Varia
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Werkstoffkunde – nein danke!

Die wichtigsten Basics für alle, die von Werkstoffkunde nichts wissen wollen
Nadja Rohr
,
Carolin Fischer
,
Jens Fischer
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Publication Date:
22 July 2015 (online)

Einleitung

Die Werkstoffkunde ist bei Zahnmedizinstudenten und Zahnärzten ein eher ungeliebtes Fach. Dennoch sind wir uns alle der Bedeutung dieses Themas für den Behandlungserfolg bewusst. Der Behandlungserfolg hängt eben nicht nur von der richtigen Planung, der Qualität der zahnärztlichen Behandlung und der Motivation des Patienten, sondern auch von der richtigen Auswahl und der korrekten Verarbeitung der Restaurationsmaterialien ab. Darüber hinaus erwarten die Patienten eine fundierte Beratung.

Das Gesamtangebot und damit der Komplexitätsgrad bei den Materialien für die festsitzende und abnehmbare [1] Versorgung, und so auch die Anforderungen an das Wissen über diese Werkstoffe wachsen ständig. Keramische Werkstoffe gewinnen aufgrund ihrer hervorragenden Ästhetik, ihrer verbesserten mechanischen Eigenschaften und biologischen Verträglichkeit immer mehr an Bedeutung, das Verwendungspotenzial von metallischen Werkstoffen scheint dagegen bereits ausgeschöpft. Aus wirtschaftlichen Gründen ist derzeit parallel ein Trend zu Kompositen zu erkennen.

Im Vordergrund steht bei der zahnärztlichen Versorgung die Wiederherstellung der Funktion, weshalb die restaurativen Werkstoffe vorwiegend bezüglich ihrer mechanischen Festigkeit bewertet werden. Der Kliniker sollte aber auch die übrigen Eigenschaften der Werkstoffe kennen, um nachhaltige Therapieerfolge erzielen zu können. Dies gilt insbesondere für die biologische Verträglichkeit.

Unverträglichkeitsreaktionen werden vor allem gegenüber bestimmten Metallen (Abb. [1]) und einigen Bestandteilen in Kunststoffen beobachtet. Keramische Werkstoffe sind von diesem Problem nach heutigem Kenntnisstand nicht betroffen. Neben den funktionellen und biologischen Aspekten spielt der gestiegene Anspruch an die Ästhetik einer Restauration eine große Rolle. Die Patienten wünschen sich einen Zahnersatz, der als solcher nicht nur nicht zu erkennen ist, sondern noch zu einer ästhetischen Verbesserung der Gesamterscheinung beiträgt. Und schließlich ist die Präzision, die man mit einem bestimmten Material erreichen kann, ein wichtiger Faktor für den Langzeiterfolg.

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Abb. 1 Ulzerierende orale lichenoide Läsion am Zungenrand als fokale allergische Reaktion mit Hyperkeratose und Akanthose in unmittelbarer Beziehung zu einer Amalgamfüllung. Nach Entfernen der Amalgamfüllung ist die Läsion vollständig ausgeheilt, womit sie differenzialdiagnostisch vom oralen Lichen planus abgegrenzt werden konnte.

Es gibt viele werkstoffkundliche, für die Klinik relevante Fragen: Ist Glaskeramik auf der Basis von Lithiumdisilikat in der Front ausreichend ästhetisch, oder muss ich das Material individuell überschichten? Was hat es mit der Hybridkeramik auf sich? usw. Die Kenntnis der wesentlichen werkstoffkundlichen Grundlagen erleichtert das Verständnis für die einzelnen Materialien und die Beantwortung derartiger Fragen.

Im Folgenden sollen die 3 Materialklassen – Kunststoffe, keramische Werkstoffe und metallische Werkstoffe – kurz in ihren Eigenschaften vorgestellt und danach ihr Verhalten in der Mundhöhle beschrieben werden, um darauf aufbauend die aktuellen Materialien für die monolithischen Versorgungen zu diskutieren und einen Überblick über deren Einsatzgebiet zu geben.

 
  • Literatur

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