Zusammenfassung
Die Versorgungslage mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten ist in Deutschland, Österreich und
der Schweiz als sehr gut zu bezeichnen. Viele gemeinsame Anstrengungen der Blutspendedienste,
der pharmazeutischen Industrie und der nationalen Überwachungsbehörden haben dazu beigetragen,
dass aus menschlichem Blut hergestellte „Arzneimittel“ heute sehr sicher bezüglich der
transfusionsassoziierten Übertragung von Krankheitserregern sind. Allogene Bluttransfusionen
bergen jedoch auch andere als infektiöse Risiken. Aktuelle Hämovigilanzdaten aus dem
deutschsprachigen Raum und europäischer Nachbarstaaten zeigen, dass allergische
Transfusionsreaktionen, hämolytische Transfusionsreaktionen und kardiale Nebenwirkungen (z. B.
transfusionsassoziierte Volumenüberladung) die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen sind.
Diese freiwilligen Überwachungssysteme vermögen jedoch nicht solche „Nebenwirkungen“ zu
erfassen, die durch eine – wie auch immer geartete – Immunmodulation verursacht sind, und zu
einer höheren postoperativen Infektionsrate, höherer Morbidität und gegebenenfalls höherer
Mortalität kausal beitragen.
Dieser wichtigen Fragestellung widmen sich weltweit Initiativen zum „Patient Blood Management“.
Hierbei stehen patientenzentrierte Behandlungskonzepte „am Krankenbett“ im Vordergrund. Die
Vermeidung von allogenen Bluttransfusionen durch Therapie einer präoperativen Anämie, durch
Minimierung des diagnostischen bzw. intraoperativen Blutverlusts und durch Ausschöpfung einer
größeren, postoperativen Anämietoleranz sind wichtige Ziele der Anästhesiologie und aller
chirurgischen Disziplinen im perioperativen Umfeld. Die rational begründete Indikation zur
Transfusion allogener Blutkomponenten sollte nach Maßgabe aktueller evidenzbasierter Daten in
aller Regel tatsächlich restriktiv, jedoch unter sorgfältiger Vermeidung hierdurch verursachter
lebensbedrohlicher Zustände und auch unter Berücksichtigung des individuellen Patientenwillens
erfolgen. Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn ist es sowohl der Transfusionsmedizin
als auch Experten des „Patient Blood Management“ besonders wichtig, die krankenhausinterne
Implementierung klinischer Qualitätssicherungssysteme zu fördern und hierfür geeignete Maßnahmen
zu konzeptionieren (Schulungen, Berichtswesen, Transfusions- und Gerinnungsalgorithmen,
präoperative Anästhesiologie-Sprechstunde, Dokumentation der Transfusionsindikation,
Soll-Ist-Abgleich mit den Querschnittsleitlinien, interne Auditierung). Eine durch Transparenz
und Teamgeist getragene „Patient-Blood-Management“-Initiative ist der beste Garant für den
erwünschten Erfolg.
Key words
Patient Blood Managenent - Blutversorgung - Hämovigilanz - Transfusionsvermeidung - Anämiebehandlung - optimierte Transfusion