Der Klinikarzt 2013; 42(08): 372-373
DOI: 10.1055/s-0033-1356509
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Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) – Erste Ergebnisse der größten europäischen Studie zur Inzidenz veröffentlicht

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Publication Date:
02 September 2013 (online)

 
 

Auf dem 23. European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID) wurden erste Ergebnisse der größten europäischen Studie zur Prävalenz von Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) präsentiert. Sie zeigen, dass bei mehr als einem von 5 Patienten, die wegen Diarrhö stationär behandelt werden und bei denen eine CDI vorliegen könnte, eine falsche Diagnose gestellt wird. Dies kann zu einer falschen oder ungeeigneten Behandlung führen [ 1 ] . Patienten mit CDI haben ein 3-fach erhöhtes Risiko, im Krankenhaus zu versterben. Lebensbedrohlich wird die Infektion besonders dann, wenn sie schwer verläuft oder wenn es zu Komplikationen kommt [ 2 ], [ 3 ] .

Clostridium difficile (C. difficile) ist ein Bakterium, das sowohl in der Umwelt als auch im Magen-Darm-Trakt von Tieren weit verbreitet ist. Auch bei rund 3 % der Erwachsenen kommt der Keim natürlicherweise im Darm vor. Normalerweise verursachen C.-difficile-Bakterien keine Probleme. Wenn allerdings durch Einnahme von Antibiotika das Bakteriengleichgewicht im Darm verändert ist, kann es zu einer Vermehrung von C.-difficile-Bakterien sowie zur Produktion von Toxinen kommen. Die Toxine führen zu massiver Diarrhö, einer C.-difficile-Infektion (CDI) oder C.-difficile-assoziierter Diarrhö (CDAD). Oft kommt es dabei zu einer ausgedehnten Kolitis mit abdominalen Krämpfen und Fieber. Intestinale Komplikationen können Ileus, Darmperforation oder Sepsis sein, die eine Operation erforderlich machen und sogar lebensbedrohlich verlaufen können.

CDI nehmen kontinuierlich zu

Seit dem Jahr 2000 nehmen nosokomiale Infektionen mit C. difficile kontinuierlich zu. In Europa und den USA treten sie inzwischen doppelt so häufig auf wie Infektionen mit methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA)-Stämmen [ 4 ]. In Deutschland stiegen die C.-difficile-Infektionen zwischen den Jahren 2000 und 2004 von 1,3 auf 40 Fälle pro 100 000 stationärer Patienten [ 5 ]. Gegenüber 2004 hat sich die Zahl im Jahr 2006 noch einmal mehr als verdoppelt [ 6 ]. Nicht nur die Infektion, sondern insbesondere die hohen Rückfallquoten unter den bisherigen Therapiemöglichkeiten sind problematisch. Bei bis zu 25 % der Patienten tritt die Infektion trotz Behandlung erneut auf, und von diesen Patienten erleiden wiederum bis zu 45 % ein zweites und von diesen rund 65 % ein drittes Rezidiv [ 7 ], [ 8 ].


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Europaweite Studie zur Inzidenz der CDI initiiert

CDI sind nicht nur schwere Erkrankungen, sondern verursachen auch hohe Kosten für das Gesundheitswesen. Die letzte europäische Studie zur Epidemiologie von CDI (European CDI Surveillance: ECDIS) wurde 2008 abgeschlossen und zeigte eine hohe Variabilität von CDI in Europa. Ein wichtiges Ergebnis war, dass Krankenhäuser, die häufiger auf C. difficile testeten, häufiger CDI diagnostizierten als Krankenhäuser, die weniger Tests durchführten [ 9 ]. Dies legte nahe, dass die Zahl der diagnostizierten CDI nicht die Inzidenz von CDI widerspiegelte, sondern die unterschiedliche Sensibilität für CDI in Europa. Aufgrund dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass CDI in Europa unterschätzt wird, und das erfordert weitere Untersuchungen.

Um zu untersuchen, inwieweit CDI in Europa unterschätzt und nicht diagnostiziert wird, wurde im Jahr 2012 die "EUropean, multi-centre, prospective bi-annual point prevalence study of CLostridium difficile Infection in hospitalized patients with Diarrhoea" (EUCLID)-Studie initiiert. EUCLID hat 2 Hauptendpunkte:

  1. Bestimmung der Inzidenz von CDI in Europa

  2. Messung des Ausmaßes der fehlenden Testung und Erkennung von CDI.

Die Studie wird von Prof. Mark Wilcox, Universität Leeds, koordiniert (Tab. [ 1 ]).

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Tab. 1 EUCLID-Studie auf einen Blick.
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Abb. 1 Metaanalyse der Gesamtheilungsraten in den Zulassungsstudien zu Fidaxomicin [ 12 ].

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Erste wichtige Ergebnisse von EUCLID

Während der ersten Periode (Winter) wurden insgesamt 3920 Stuhlproben von 482 Krankenhäusern aus 20 europäischen Ländern ausgewertet. Die mittlere Inzidenz der CDI betrug 6,6 pro 10 000 Patientenkrankenhaustage (Tab. [ 2 ]). Das ist signifikant höher als in der ECDIS-Studie mit 4,1 pro 10 000 Patientenkrankenhaustage. Alle Proben wurden in den nationalen Referenzlaboren getestet, und von den positiv auf CDI getesteten Proben wurde fast ein Viertel (24,6 %) in den örtlichen Krankenhäusern nicht getestet. Das bedeutet, dass europaweit an einem Tag 82 Patienten mit CDI nicht diagnostiziert wurden, weil kein entsprechender Verdacht bestand [ 1 ].

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Tab. 2 Ergebnisse der EUCLID-Studie [ 1 ].

Nur 10,6 % der Krankenhäuser untersuchten Stuhlproben bei allen Patienten mit Diarrhö und nur 27,4 % benutzen einen optimierten CDI-Algorithmus zur Routinetestung. Es gab erhebliche Unterschiede bei den CDI-Raten zwischen den Ländern. Für Deutschland betrug die Rate 14,6 %, das sind 10,2 CDI-Fälle pro 10 000 Patientenkrankenhaustage und damit erheblich mehr als in der der ECDIS-Studie von 2008 (7,4 CDI-Fälle auf 10 000 Krankenhaustage) [ 1 ], [ 9 ]. Die vollständigen Ergebnisse werden voraussichtlich im 3. Quartal 2013 vorliegen.


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Wirkstoff speziell gegen C. difficile entwickelt

Fidaxomicin ist das erste Antibiotikum aus der neuen Klasse der Makrozykline, das speziell zur Behandlung der CDI entwickelt wurde. Es wirkt gezielt auf C. difficile durch selektive Hemmung seiner RNA-Polymerase, was bei minimaler Auswirkung auf die Darmflora zu einer Verringerung der C.-difficile-Sporen- und -Toxin-Produktion sowie zum Absterben der C.-difficile-Zellen führt.


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Studien zeigen hohe nachhaltige Heilungsrate und weniger Rückfälle

In einer Zulassungsstudie wurden 629 Erwachsene, die Symptome einer akuten CDI zeigten und ein positives Ergebnis des Stuhl-Toxin-Tests aufwiesen, randomisiert 10 Tage lang mit 200 mg Fidaxomicin 2 × tgl. oder 125 mg Vancomycin 4 × tgl. behandelt [ 10 ]. Das primäre Studienziel, der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit in Bezug auf den primären Endpunkt klinische Heilungsraten am Ende der Therapie, wurde erfüllt. Der Anteil der Studienteilnehmer, bei denen nach 10 Tagen eine klinische Heilung erreicht wurde, war in der Fidaxomicin- (88,2 %) und der Vancomycin-Gruppe (85,8 %) gleich groß. Ein deutlicher Vorteil zeigte sich bei der CDI-Rückfallrate. Nur 15,4 % der mit Fidaxomicin behandelten Patienten erlitten innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss der Therapie einen Rückfall, während es in der Vancomycin-Gruppe mehr als jeder vierte (25,3 %) war. Damit war die Rückfallrate unter Fidaxomicin signifikant um 39 % niedriger als unter Vancomycin. Dementsprechend war der Anteil einer nachhaltigen klinischen Heilung unter Fidaxomicin mit 74,6 % erheblich höher als unter Vancomycin mit 64,1 %. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigte eine 2. Zulassungsstudie mit 535 Erwachsenen mit akuter CDI und positivem Ergebnis für Stuhl-Toxin [ 11 ]. In einer Metaanalyse dieser beiden Studien konnte Fidaxomicin im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie mit Vancomycin seine Überlegenheit in der Behandlung schwerkranker Patienten mit CDI nachweisen – insbesondere bezogen auf den Endpunkt Gesamtheilung. In den beiden Zulassungsstudien verbesserte sich die Gesamtheilungsrate unter Fidaxomicin im Vergleich zu Vancomycin um signifikante 18,3 % (p < 0,001) [ 12 ]. Die Analyse beider Studien zeigte außerdem:

  • Eine große Übereinstimmung der Ergebnisse.

  • Das primäre Studienziel, der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit in Bezug auf den primären Endpunkt klinischer Heilungsraten am Ende der Therapie wurde erfüllt. Der Anteil der Studienteilnehmer, bei denen nach 10 Behandlungstagen eine klinische Heilung erreicht wurde, war in der Fidaxomicin- und der Vancomycin-Gruppe gleich hoch.

  • Die Rückfallrate ist bei Fidaxomicin im Vergleich zu Vancomycin signifikant geringer.

  • Fidaxomicin erzielt im Vergleich zu oral verabreichtem Vancomycin signifikant höhere Raten einer nachhaltigen klinischen Heilung (klinische Heilung ohne Rückfall in den folgenden 30 Tagen nach Behandlungsende).

  • Fidaxomicin weist nur ein geringes Risiko für systemische Nebenwirkungen auf.

Auch bezüglich der Gesamthäufigkeit von Nebenwirkungen bestehen keine wesentlichen Unterschiede zwischen Fidaxomicin und oral verabreichtem Vancomycin. Fidaxomicin war in den Studien gut verträglich. Nur wenige Patienten brachen die Therapie ab.


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Beträchtlicher Zusatznutzen bestätigt

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat einen beträchtlichen Zusatznutzen von Fidaxomicin zur Behandlung von CDI bei schwerkranken Patienten bestätigt [ 13 ]. Grundlage für die Entscheidung sind die Daten, die in den beiden Zulassungsstudien gewonnen wurden. Darin konnte belegt werden, dass Fidaxomicin im Vergleich zu Vancomycin einen patientenrelevanten Vorteil bezüglich des Endpunktes Gesamtheilung für schwere und rezidivierende Fälle bietet.

Sabine Hoppenstock, Gerlingen

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch Astellas Pharma GmbH, München.


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  • Literatur

  • 1 Davies K et al. Late breaker poster LB-2968 presented at ECCMID; Berlin, 27.–30. April 2013
  • 2 Oake N et al. Arch Intern Med 2010; 170: 1804-1810
  • 3 Hensgens MP et al. Clin Infect Dis 2013; 56: 1108-1116
  • 4 Geffers C, Gastmeier P. Dtsch Aerzteblatt 2011; 108: 87-93
  • 5 Gastmeier P et al. Int J Antimicrobial Agents 2009; 33 (Suppl. 01) S19-S23
  • 6 RKI Epidemiologisches Bulletin 11.04.2008; 15
  • 7 Bauer MP et al. Clin Microbiol Infect 2009; 15: 1067-1079
  • 8 McFarland LV et al. Am J Gastroenterol 2002; 97: 1769-1775
  • 9 Bauer MP et al. Lancet 2011; 377: 63-73
  • 10 Louie TJ et al. N Engl J Med 2011; 364: 422-431
  • 11 Cornely CA et al. Lancet Infect Diseases 2012; 12: 281-289
  • 12 Crook DW et al. Clin Infect Dis 2012; 55 (Suppl. 02) 93-103
  • 13 Gemeinsamer Bundesausschuss gemäß § 91 SGB V, Anlage XII, 04. Juli 2013

  • Literatur

  • 1 Davies K et al. Late breaker poster LB-2968 presented at ECCMID; Berlin, 27.–30. April 2013
  • 2 Oake N et al. Arch Intern Med 2010; 170: 1804-1810
  • 3 Hensgens MP et al. Clin Infect Dis 2013; 56: 1108-1116
  • 4 Geffers C, Gastmeier P. Dtsch Aerzteblatt 2011; 108: 87-93
  • 5 Gastmeier P et al. Int J Antimicrobial Agents 2009; 33 (Suppl. 01) S19-S23
  • 6 RKI Epidemiologisches Bulletin 11.04.2008; 15
  • 7 Bauer MP et al. Clin Microbiol Infect 2009; 15: 1067-1079
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  • 9 Bauer MP et al. Lancet 2011; 377: 63-73
  • 10 Louie TJ et al. N Engl J Med 2011; 364: 422-431
  • 11 Cornely CA et al. Lancet Infect Diseases 2012; 12: 281-289
  • 12 Crook DW et al. Clin Infect Dis 2012; 55 (Suppl. 02) 93-103
  • 13 Gemeinsamer Bundesausschuss gemäß § 91 SGB V, Anlage XII, 04. Juli 2013

 
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Tab. 1 EUCLID-Studie auf einen Blick.
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Abb. 1 Metaanalyse der Gesamtheilungsraten in den Zulassungsstudien zu Fidaxomicin [ 12 ].
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Tab. 2 Ergebnisse der EUCLID-Studie [ 1 ].