Einführung
Die Berufsdermatologie ist eine Subspezialität der Dermatologie und insbesondere der
Umweltdermatologie. Während sich die Umweltdermatologie ganz allgemein mit den Interaktionen
zwischen Umweltfaktoren und Hautorgan beschäftigt, stehen im Zentrum der Berufsdermatologie
die Folgen beruflicher Einwirkungen auf die Haut [1]. Zahlreiche berufliche Faktoren physikalischer, chemischer und infektiöser Art können
zu Hauterkrankungen und letztlich Berufskrankheiten führen. Eine gute Kenntnis der
Hautbelastung an Arbeitsplätzen einerseits und profunde Erfahrung in der Dermatologie
andererseits sind gefordert für die kompetente Diagnostik, Therapie und Prävention
dieser Erkrankungen. Hinzu kommt, dass, anders als in der allgemeinen Dermatologie,
Fragen des Berufskrankheitenrechts eine besondere Rolle spielen, weil berufliche Hautkrankheiten
erst bei Vorliegen bestimmter rechtlicher Kriterien zu Berufskrankheiten im Sinne
des deutschen Sozialgesetzbuchs VII werden. Der Hautarzt hat in diesem Bereich besondere
Berichtspflichten, da der Gesetzgeber die Prävention von Berufskrankheiten „mit allen
geeigneten Mitteln“ fordert. Schließlich ist der Berufsdermatologe häufig nicht nur
Behandlungspartner seines Patienten, sondern auch sachverständiger Gutachter für Unfallversicherungsträger
und Gerichte mit besonderen Pflichten; er nimmt also eine Doppelrolle ein.
In vielen seiner Aufgaben wird der Dermatologe bei Diagnostik, Therapie, Prävention
und Begutachtung von Berufsdermatosen von Pflegekräften und medizinischen Fachangestellten
unterstützt. Deren Bedeutung für die medizinische Versorgung wächst auch in diesem
Teilbereich, da sie bei zunehmendem Facharztmangel in Deutschland wichtige delegierbare
Funktionen vom Arzt übernehmen sollen [2]. In anderen Ländern wie dem Vereinigten Königreich mit einem schon lange bestehenden
Dermatologenmangel werden von Pflegekräften bereits zahlreiche Aufgaben in der Dermatologie
wahrgenommen [3].
Die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) hat daher entschieden, fachärztlich fundierte,
praxisorientierte, zertifizierte Module für eine Fortbildung zur dermatologischen
Pflegekraft/Fachangestellten zu entwickeln. Als erstes Modul wurde kürzlich das Zertifikat
„Dermatologische Externa-Therapie für Pflegekräfte und Fachangestellte (DDA)“ publiziert
[4]. Diese Zertifikate können berufsbegleitend in Seminaren und Praktika, auch in Kombination
mit dermatologischen Fortbildungstagungen, absolviert werden und werden mit einer
Prüfung abgeschlossen. Die Zertifikate bestätigen Kenntnisse und Erfahrungen in spezifischen
Tätigkeitsfeldern in der Dermatologie.
Der Vorstand der „Arbeitsgemeinschaft Berufs- und Umweltdermatologie“ (ABD) in der
Deutschen Dermatologischen Gesellschaft hat im Sinne der vom Gesetzgeber geforderten
Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bereits 1998 ein Zertifikat „Berufsdermatologie
(ABD)“ für dermatologische Fachärzte etabliert, das laufend aktualisiert wird und
eine große Nachfrage unter den deutschen Dermatologen gefunden hat [5]
[6]. Aufgrund der Rückmeldungen der Berufsdermatologen über spezifischen Unterstützungsbedarf
in ihren Praxen und Kliniken hat die ABD daher ein eigenes berufsdermatologisches
Fortbildungsprogramm für Pflegekräfte und Fachangestellte entwickelt.
Curriculum ([Tab. 1])
Tab. 1
Curriculum zur Zertifizierung „Berufsdermatologie für Pflegekräfte und Fachangestellte
(DDA)“.
Inhalt (Übersicht)
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Inhaltliche Hinweise/Präzisierung
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Dauer (ca.)
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Material
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Begrüßung
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15'
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Folien
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Einführung in die Berufsdermatologie
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Berufliche Einwirkungen auf das Hautorgan
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Berufliche Hauterkrankungen
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Berufskrankheiten als rechtliche Definition
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Spektrum der Berufskrankheiten in Deutschland
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Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung
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Aufgaben des Dermatologen in der Diagnostik, Therapie, Prävention und Begutachtung
beruflicher Hauterkrankungen
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45'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Grundlagen des Hautarztverfahrens als Präventionsmaßnahme bei Berufskrankheiten der
Haut
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Zielsetzung
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Hautarztbericht: Aufbau, Befundung und Grundzüge der Diagnostik/DDG/ABD-Leitlinien,
Formulare (6050, 6052)
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Kommunikation mit den Patienten/Zustimmungspflicht
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Behandlungsauftrag/Therapie im Hautarztverfahren
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Präventionsempfehlungen im Hautarztverfahren (z. B. Externa, Handschuhe, Schutzanzüge,
technisch-organisatorische Maßnahmen)
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Besondere Präventionsmaßnahmen der Unfallversicherungsträger (Präventionsdienst, SIP,
TIP)
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Fehlerquellen im Hautarztverfahren/Clearingverfahren der ABD
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BK-Anzeige
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45'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Berufsdermatologische Begutachtung
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Grundlagen der Begutachtung für Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte
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Bamberger Empfehlungen
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Gutachtenauftrag/Gutachtenunterlagen
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Ablauf der Erstellung eines typischen Gutachtens
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Spezifische Diagnostik und Therapie in der Berufsdermatologie
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Prick- und Epikutantestung, auch mit Eigensubstanzen
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Besondere rechtliche/Qualitäts-Anforderungen an die Testung
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Hautfunktionstests
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Therapie des beruflichen Handekzems
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60'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Managementunterstützung in der Berufsdermatologie
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Praxisabläufe, Terminorganisation
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Patientenberatung
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Patientenschulung (Hautschutz, Lichtschutz)
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Dokumentation
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Praxismarketing/Öffentlichkeitsarbeit
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60'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Honorarfragen in der Berufsdermatologie
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Grundkenntnisse der UV-GOÄ
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Wichtige Gebührenziffern im Hautarztverfahren und in der Begutachtung
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Abrechnung von Sozialgerichtsgutachten
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Praktische Übungen in Gruppenarbeit
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Vorbereitung von Hautarztberichten
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Vorbereitung von BK-Anzeigen
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Beantwortung von Anfragen der Unfallversicherungsträger
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Diagnostik/Therapieplanung im Hautarztverfahren
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Abrechnung im Hautarztverfahren
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105'
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Externa/Hautmodelle
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Assessment
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30'
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Fragebögen
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Seminar
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420'
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Das vorliegende Curriculum „Berufsdermatologie für Pflegekräfte und Fachangestellte
(DDA)“ befähigt die Absolventen, den Facharzt bei der Diagnostik, Therapie, Prävention
und Begutachtung von Berufsdermatosen kompetent zu unterstützen und Verantwortung
in der Organisation und Korrespondenz bei Hautarztverfahren und Gutachten zu übernehmen.
Es trägt zusammen mit anderen, teilweise bereits publizierten Fortbildungsmodulen
dazu bei, die bestehende Lücke bei der fachspezifischen Fortbildung von Pflegepersonal
und Fachangestellten in der Dermatologie zu füllen. Anders als etwa in der Kinderheilkunde,
der Anästhesie, der Onkologie oder im OP existieren bisher keine spezifischen dermatologischen
Qualifizierungsmöglichkeiten für Pflegekräfte und Fachangestellte, obgleich diese
aufgrund der zunehmenden Notwendigkeit der Delegation ärztlich verantworteter Leistungen
an nichtärztliche Mitarbeiter immer wichtiger werden.
Das Curriculum sieht ein ganztägiges Seminar (7 Stunden) vor, bei dem sowohl theoretische
Grundlagen-Kenntnisse als auch die praktische Anwendung von berufsdermatologischer
Diagnostik, Therapie und Prävention sowie das Berichtswesen gelehrt und geübt werden.
Das Seminar kann ggf. auch in zwei Einheiten aufgeteilt und im Rahmen von dermatologischen
Fortbildungstagungen absolviert werden.
Der Seminartag zeigt nach einer Einführung in die Aufgaben der Berufsdermatologie
in Klinik und Praxis ausführlich die besonderen Aufgaben des Dermatologen im Hautarztverfahren
als dem wesentlichen Präventionsverfahren bei Berufskrankheiten der Haut, an dem jeder
Vertragsarzt in Deutschland teilzunehmen berechtigt und verpflichtet ist. Die berufsdermatologische
Gutachtenerstellung für Unfallversicherungsträger und Gerichte wird prägnant und komprimiert
vermittelt. Ausführlich behandelt werden im Folgenden die berufsdermatologische Diagnostik
und Therapie, bei der die nichtärztlichen Mitarbeiter üblicherweise eine wesentliche
Mitverantwortung übernehmen. Ein sehr praxisoriertierter Block widmet sich der Managementunterstützung
des Berufsdermatologen, von der Terminvergabe über die Organisation von Praxisabläufen
bis zu den speziellen Herausforderungen in Patientenberatung, -schulung und Dokumentation
des Hautarztverfahrens. Ebenfalls mit Schwerpunkt Hautarztverfahren ist der Teil „Honorarfragen
in der Berufsdermatologie“ angelegt.
Der größte Zeitblock im Seminar ist praktischen Übungen in Gruppenarbeit gewidmet,
bei denen anhand von Fällen aus der Praxis die Vorbereitung von Hautarztberichten
und BK-Anzeigen, das Vorgehen bei der Beantwortung von Anfragen/Nachfragen der Unfallversicherungsträger,
die Planung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Hautarztverfahren
und schließlich die Abrechnung der erbrachten Leistungen nach GOÄ geübt und diskutiert
werden. Die Teilnehmer sollen in die Lage versetzt werden, auftretende Probleme selbstständig
zu lösen und die Lösungen zu kommunizieren.
Das Seminar endet mit einer Abschlussprüfung (Multiple Choice) als Erfolgskontrolle
und einer Seminarevaluation.
Das Seminar wird ergänzt durch ein mindestens vierwöchiges Praktikum in einer dermatologischen
Klinik oder einer dermatologischen Praxis, in dem mindestens 10 Testungen/Behandlungen
von berufsdermatologischen Patienten unter fachärztlicher Anleitung und die Vorbereitung
von 10 Hautarztberichten nachzuweisen und vom leitenden dermatologischen Facharzt
zu bestätigen sind. Nach Vorlage des Seminarnachweises, der absolvierten Abschlussprüfung
und des Praktikumnachweises wird das DDA-Zertifikat ausgestellt.
Das Zertifikat dient einerseits den Inhabern als ein besonderer Qualifizierungsnachweis;
andererseits stellt es für Kliniken/Praxen einen Qualitätsnachweis der dort Beschäftigten
dar und sichert die dort tätigen Dermatologen bei der Delegation von Tätigkeiten ab
([Tab. 2]).
Tab. 2
Synopse zur Zertifizierung „Berufsdermatologie für Pflegekräfte und Fachangestellte
(DDA)“.
Voraussetzungen
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Med. Pflegekraft/Med. Fachangestellte
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Besuch eines ganztägigen Zertifizierungsseminars der Deutschen Dermatologischen Akademie
(DDA)
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Bestehen der Abschlussprüfung
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Vierwöchiges Praktikum in einer dermatologischen Klinik/Praxis mit dokumentierter
Durchführung von mindestens 10 Testungen/Behandlungen von berufsdermatologischen Patienten
und Vorbereitung von 10 Hautarztberichten
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Vorteile der Zertifizierung
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Qualifizierungsnachweis für Pflegekraft/Med. Fachangestellte
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Qualitätsnachweis für Klinik/Praxis gegenüber Patienten/Zertifizierungsorganisationen/Aufsichtsbehörden
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Absicherung für Dermatologen bei der Delegation von Aufgaben an Assistenzpersonal
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Zusammenfassung
Das Curriculum für den Erwerb des Zertifikats „Berufsdermatologie für Pflegekräfte
und Fachangestellte (DDA)“ vermittelt in kompakter Weise die praxisrelevanten Kenntnisse,
um unter fachärztlicher Leitung eine qualitätsgesicherte Versorgung berufsdermatologischer
Patienten bezüglich Diagnostik und Therapie, Prävention und Begutachtung in Klinik
und Praxis durchzuführen und Patienten mit diesen Erkrankungen kompetent anzuleiten
und zu begleiten. Es erlaubt damit „die stärkere Einbeziehung gut qualifizierter und
erfahrener nichtärztlicher Mitarbeiter durch die Delegation ärztlich verantworteter
Leistungen“, die „vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, des steigenden Behandlungsbedarfs
und des derzeitigen Nachwuchsmangels im Arztberuf eine sinnvolle Maßnahme zur Aufrechterhaltung
einer guten ärztlichen Versorgung ... sein kann“ [2].