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DOI: 10.1055/s-0033-1349807
Mehr Moral, bitte
Publication History
Publication Date:
09 July 2013 (online)

Kunde, Klient, Benutzer oder einfach Patient – als was betrachten wir die Hilfesuchenden im Gesundheitswesen? Abhängig davon, wir sie sehen, gestaltet sich die Arzt-Patienten-Beziehung. Um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu beherrschen, müssen wir uns dessen bewusst werden.
Während eines Besuches vor nicht allzu langer Zeit in Blitzingen, Ober-Wallis in der Schweiz, war ich im Zimmer eines alten Bauernhauses untergebracht. Eines Abends auf der Suche nach etwas zum Schreiben fiel mir ein altes Stück Papier in die Hände, auf dem folgende Zeilen zu lesen waren:
Am Berner Bahnhof
Am Bahnhof zählt man nach Minuten
Die gehen langsam hin
Denkst es wär’ zum Guten
Wenn die Minuten würden fliehen
Doch denkst Du an die Stunden
Mein Gott wie schnell sind sie verflogen
Und kommen wieder – nie.
Unterschrieben waren diese Zeilen mit dem Namen C. Zuckmayer. Der Zettel war undatiert. Mein Gastgeber erzählte mir, dass der deutsche Schriftsteller Carl Zuckmayer, ein guter Freund seines Vaters, oft in dem Zimmer untergebracht war, das mir nun zugeteilt war.
Wenn das Einkommen der einzelne Ärzte sowie der Krankenhäuser durch die Indikationsstellungen generiert wird, bedarf es einer ausgeprägten moral-ethischen Haltung der Beschlussnehmer.
Zuckmayer starb 1977 im Ober-Wallis. Wahrscheinlich hat er diese Zeilen irgendwann während seiner letzten Lebensjahre zu Papier gebracht. Meines Wissens ist dieses Gedicht nie veröffentlicht worden. Es zeugt von den Gedanken eines älteren Menschen am Ende seines Lebens und verdient, erwähnt zu werden. Ich will deshalb die Gelegenheit ergreifen, diese Zeilen als Einleitung meiner Gedanken zur Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu benutzen. Gedanken, die durch ein Berufsleben im Dienste der Gesundheit von über 40 Jahren geprägt sind.