Balint Journal 2013; 14(03): 98
DOI: 10.1055/s-0033-1347187
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einführung in die systemische Familienmedizin

Contributor(s):
Steffen Häfner
1   Bad Elster
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Publication Date:
28 August 2013 (online)

Patienten haben Familien

Nicht nur der Kranke, auch sein Umfeld braucht Hilfe und Unterstützung, oder – wie Askan Hendrischke die Überschrift eines Zeitschriftenartikels formuliert hat – niemand ist alleine krank. Dies ist ebenso wichtig wie die Tatsache, dass ein krankes Organ Teil eines Menschen ist. Dadurch wird es für alle Beteiligten leichter, Belastungen und Unsicherheiten zu ertragen.

Verfasst ist das bei Carl-Auer Compact erschienene praktische und handliche Büchlein von Dr. med. Susanne Altmeyer, Oberärztin der Röher Parkklinik für Psychotherapeutische Medizin Eschweiler/Rheinland und Leitende Ärztin des Psychosomatischen Versorgungszentrums Köln-Lindenthal, sowie Dr. med. Askan Hendrischke, Chefarzt der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Ostalb-Klinikum Aalen/Württemberg. Ausführlich werden Grundkonzepte der systemischen Familienmedizin sowie Gesprächstechniken und Interventionen vorgestellt, wobei immer die unterschiedlichen Krankheitsphasen berücksichtigt werden. Die historische Entwicklung und Grundannahmen werden kurz und bündig dargestellt: Familienzyklen, Familien und ihre Narrative (sehr spannend), Genogramm (gute Einführung), Mehrfamilien-Gesprächsgruppen (man bekommt richtig Lust darauf).

Familiengründung, minderjährige Kinder, Jugendliche und Adoleszente stellen unterschiedliche Anforderungen, ebenso wie Krankheit in der Partnerschaft, chronische Krankheit sowie Verlust, Tod und Trauer in Familie und Partnerschaft. Deutlich wird, wie sehr die systemische Familienmedizin die Auswirkungen körperlicher Erkrankungen auf das persönliche Leben der Patienten und die zwischenmenschlichen Beziehungen der Familie ins Zentrum stellt. Systemische Familienmedizin agiert dabei an der Schnittstelle Patient-Familie-Mitarbeiter von medizinischen Institutionen, Selbsthilfegruppen und sozialen Diensten. Sie stellt eine gelungene Synthese biopsychosozialer und systemischer Perspektiven dar. Die Hinweise, wann und wie überhaupt das Familiensystem in die Behandlung einbezogen werden kann und muss, sind daher von großer Wichtigkeit, da schwere, chronisch oder tödlich verlaufende Krankheiten zu den größten Stressquellen überhaupt zählen. Dies erklärt ein Stück weit, dass die Fallbeispiele stark onkologisch geprägt sind.

Es werden immer sehr konkrete Interventionsmöglichkeiten gezeigt. Viele praktische Beispiele illustrieren das therapeutische Vorgehen. Kontaktadressen, unter anderem für Selbsthilfegruppen, runden den Ratgeber ab. Im Literaturverzeichnis sind wichtige Werke und Artikel der systemischen Familienmedizin aufgelistet.