Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2013; 3(2): 69
DOI: 10.1055/s-0033-1343871
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Krebsfrüherkennung: Immer mehr, immer genauer

Daniela Erhard
,
Peter Galle
,
Götz Geldner
,
Alfred Königsrainer
,
Frank-Gerald Pajonk
,
Julia Rojahn
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 May 2013 (online)

Liebe Leserin, lieber Leser,

könnten Sie spontan einem Patienten antworten, der Sie fragt, welche Krebsvorsorge-Untersuchungen er machen lassen soll? Vermutlich müssten Sie auch erst nachschlagen: Allein die von den Kassen erstatteten Früherkennungen füllen ganze Tabellen. Je nach Alter und Geschlecht kommen da mehrere Untersuchungen pro Jahr zusammen. Bisher ist es v. a. Sache des Patienten und seines behandelnden Arztes, sich darum zu kümmern. Einzige Ausnahme: der Brustkrebs. Für das Mammografie-Screening werden sämtliche Frauen im Alter von 50–69 alle 2 Jahre angeschrieben und zur Vorsorgeuntersuchung eingeladen.

Ähnliche Programme dürfte es demnächst für weitere Krebsarten geben: Ende Januar verabschiedete der Bundestag den Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister. Dieses sieht vor, auch für Gebärmutterhals- und Darmkrebs ein Einladungsverfahren zu etablieren. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll hierfür entsprechende Richtlinien verfassen. Außerdem soll der G-BA zukünftig festlegen, ab welchem Alter und wie häufig die gesetzlich Versicherten eine Untersuchung in Anspruch nehmen können. Dies war bisher gesetzlich geregelt.

Manche Ärzte befürchten allerdings, eine intensivierte Früherkennung könnte mehr schaden als nutzen. So erwartet z. B. der Onkologe Prof. Dr. Hermann Delbrück in Zukunft mehr falsch-positive Befunde – und eine weitere Überdiagnostik und Übertherapie von latenten Karzinomen, die vielleicht nie invasiv geworden wären (Dtsch Arztebl 2012; 109: A 1933). Oft könne man nicht einschätzen, wie aggressiv ein sehr früh entdeckter Tumor ist, entsprechend problematisch seien Therapieentscheidungen. Delbrück rät daher, Krebsvorsorge viel individualisierter zu betreiben – und die Primärprävention in Form eines gesunden Lebensstils nicht zu vergessen.

Und wenn ein Patient Sie um eine konkrete Empfehlung bittet, sollten Sie im Idealfall nicht nur die standardisierten Untersuchungsintervalle parat haben, sondern auch sein individuelles Risiko berücksichtigen. Klingt kompliziert? Zumindest für einige Krebsarten finden Sie einen ersten Überblick im Titelthema dieses Heftes ab Seite 88. Mögen die Beiträge reichlich Anregungen bieten, das Thema weiter zu verfolgen!

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Herausgeber und Ihre Redaktion

Herausgeber
P. Galle, Mainz
G. Geldner, Ludwigsburg
A. Königsrainer, Tübingen
F.-G. B. Pajonk, Schäftlarn

Experten-Panel
P. Berlit, Essen
S. Bleich, Hannover
J. Bossenmayer, Stuttgart
H.- P. Bruch, Lübeck
M. Christ, Nürnberg
B. Debong, Karlsruhe
T. Hemmerling, Montreal
D. F. Hollo, Celle
J. Riemann, Ludwigshafen
Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, Hannover

Redaktion
Dr. Daniela Erhard
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14 74069 Stuttgart
E-Mail: legeartis@thieme.de