Der Klinikarzt 2013; 42(2): 63
DOI: 10.1055/s-0033-1343585
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Multimodale Therapie bei chronischen Schmerzen

Winfried Hardinghaus
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Publication Date:
25 March 2013 (online)

Unsere heutigen Lebensumstände begünstigen die Entstehung und die Chronifizierung von Schmerzen. „Einseitige Belastungen“, „Zwangshaltungen“, „Stressarbeitsplatz“ sind nur einige Begriffe, die einen Großteil unserer Lebenswelt bestimmen. „Beidseitigkeit“, „Bewegung“, „Aufrechte Haltung“, und Abwechslung von Spannung und Entspannung sind die Lebenswelten, in denen sich unsere Vorfahren bewegt haben, deren körperliche Bedingungen auch uns heute noch auszeichnen.

In vielen Fällen einer chronischen Schmerzerkrankung hat nur ein Therapieangebot mit einem ganzheitlichen Ansatz Aussicht auf Erfolg – ob mit oder ohne besondere Abrechenbarkeit eines speziellen Prozedurenschlüssels. Isolierte Zentrierung auf den Schmerz oder auf die psychische Situation des Patienten führen häufig nur zu kurzfristigen Resultaten. Auch und gerade in der Klinik muss die Gesamtsituation der Patienten in den Fokus genommen werden. Dazu arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Professionen und Qualifikationen am gemeinsamen Ziel, welches letztlich die Umkehr der „Negativspirale“ der chronischen Schmerzkrankheit sein muss. Eine Kombination aus „Erfassung“ (der Gesamtsituation), „Individuelle Festlegung der Therapieoptionen im Team“, „Multimodales Therapieangebot“ sowie „Überprüfung der Therapie im Team“ stellt die Grundstruktur der multimodalen Schmerztherapie dar. Die Grundhaltung aller Mitarbeiter im Team muss geprägt sein vom einfühlenden Verständnis für die Patienten mit einer chronischen Schmerzkrankheit und einem entsprechenden Verhalten den Patienten und auch den übrigen Mitarbeitern gegenüber. Dazu bedarf es einer zunehmenden Kompetenz, regelmäßiger Schulungen und der Bereitschaft, sich stetig Qualifikationen zu erarbeiten.

Die Herausforderungen liegen insbesondere in den oft ähnlichen psychosozialen, teilweise auch psychiatrischen Veränderungen der Patienten mit chronischer Schmerzkrankheit und der häufig auch durch den Patienten forcierten einseitigen Fokussierung auf „den Schmerz“ und dessen „mechanische“ Ursache. Sich dieser Situationen empathisch anzunehmen, sich aber gleichzeitig von den einseitigen Sichtweisen zu distanzieren und sich mit dem Patienten um seine Gesamtsituation zu bemühen, ist die wirkliche Herausforderung einer multimodalen Schmerztherapie.

Die vor Ihnen liegende Ausgabe des klinikarzt zeigt in den beiden Arbeiten von Petzke eine sehr pragmatische, dabei wissenschaftlich gestützte medikamentöse Basis für eine multimodal angesetzte Schmerztherapie, den dafür heute bestmöglichen Erfolgsrahmen einer qualifizierten Schmerztherapie in der Klinik (Meier u. a.) bis hin zu den Chancen eines interprofessionellen regionalen Schmerzmanagements innerhalb einer ganzen Stadt (Nestler, Osterbrink).