Fortschr Neurol Psychiatr 2013; 81(5): 239
DOI: 10.1055/s-0033-1335471
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schizophrenie – aktueller Wissensstand und Zukunftsperspektiven

17. Weißenauer Symposium Schizophrenia – Currrent State and Future Perspectives
J. Klosterkötter
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Publication Date:
21 May 2013 (online)

Die traditionsreiche Veranstaltungsreihe der Weißenauer Schizophrenie-Symposien widmet sich seit mehr als 40 Jahren immer wieder dem jeweils erreichten Wissensstand der Psychosenforschung und ihren hieraus ableitbaren Zukunftsperspektiven. Anders als die deutlich jüngeren, vorrangig auf den angloamerikanischen oder den europäischen Forschungsraum bezogenen Kongressserien zu dieser Krankheitsgruppe verfolgte die Weißenauer Symposiums-Reihe von Anfang an das Ziel, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts inhaltlich und methodisch neu belebte deutsche Schizophrenieforschung sichtbar zu machen und fortlaufend zu diskutieren. Diese Zielsetzung bedeutete jedoch nicht etwa, dass die ausländische Schizophrenieforschung von diesem Diskussionsforum ausgeschlossen geblieben wäre. Ganz im Gegenteil waren im Laufe der Zeit eigentlich alle international wichtigen Forschergruppen mit Beiträgen in der Symposiums-Reihe vertreten und auch der in ihrem Rahmen seit vielen Jahren verliehene Kurt-Schneider-Wissenschaftspreis wurde immer wieder auch bedeutenden Forscherpersönlichkeiten aus dem Ausland zuerkannt. Man achtete nur sehr viel mehr als bei den internationalen Großveranstaltungen zur Schizophrenie auf sachliche Berührungspunkte und wählte korrespondierende Forschungsaktivitäten aus, die sich mit dem jeweiligen deutschen Entwicklungsstand in einen fruchtbaren Diskussionszusammenhang bringen ließen.

Das vorliegende Schwerpunktheft unserer Zeitschrift zur Schizophrenie enthält dementsprechend sieben Beiträge, die in der Ursprungsform beim 17. Weißenauer Schizophrenie-Symposium zum Thema „Schizophrenie: Aktueller Entwicklungsstand und Zukunftsperspektiven“ vor zwei Jahren vorgetragen und in der Folge ergänzt, aktualisiert und zu wissenschaftlichen Original- oder Übersichtsarbeiten umgestaltet worden sind.

Das Symposium hatte seinerzeit die Ursachenforschung in den Mittelpunkt gestellt und die Methodenentwicklung sowie Ergebnislage auf den verschiedenen infrage kommenden Untersuchungsebenen erörtert, um anschließend zu den sich hieraus ergebenden Behandlungsperspektiven überzugehen. Besonders ausführlich und kontrovers wurden die Beiträge zu neuen Ansätzen in der neurobiologischen Grundlagenforschung, zu neuen Strategien der Früherkennung und Frühbehandlung sowie auch zur kritischen Neubewertung des derzeitigen pharmakotherapeutischen Angebots diskutiert.

Dieser Interessenslage haben wir mit der Beitragsauswahl für dieses Schwerpunktheft Rechnung zu tragen und dabei auch den Argumentationsgang des Symposiums nachzuzeichnen versucht. Wir empfehlen unseren Leserinnen und Lesern eine Lektüre, die mit der programmatischen Arbeit zu einer neuen Untersuchungstechnik der Genotyp-Phänotyp-Beziehungen beginnt und dann nacheinander die drei folgenden Beiträge zur proteomischen Biomarkerforschung, zur möglichen pathogenetischen Bedeutung der Neuroinflammation sowie zur Hirnentwicklung vor und nach der psychotischen Erstmanifestation zur Kenntnis nimmt. Die Originalarbeit zur Vorhersage von Psychosen schlägt anschließend eine Brücke von der Biomarker- zur Therapieforschung und der weitere Beitrag zur Entwicklung von spezialisierten Behandlungsangeboten für erstmals Schizophren-Erkrankte lässt sich wiederum gut auf die vorangegangene Darstellung der Hirnentwicklung bei schizophrenen Störungen zurückbeziehen. Die in englischer Sprache mitaufgenommene Übersicht schließlich zur pharmakologischen Behandlung der Schizophrenie hatte in ihrer Vortragsfassung wegen der wichtigen klinischen Entscheidungshilfen, die sie gibt, bei dem Symposium ganz besonders Beachtung gefunden. Ebenfalls viel beachtete Beiträge wie die kritisch abwägende Stellungnahme zur Anwendungsmöglichkeit der tiefen Hirnstimulation auf therapieresistente Psychosen konnten nicht mehr mit eingefügt werden, weil sie bereits an anderer Stelle [1] erschienen sind. Im Übrigen enthält auch dieses Schwerpunktheft zur Schizophrenie, wie alle Ausgaben der „Fortschritte“, eine Fort- und Weiterbildungsarbeit, die dieses Mal der transkulturellen Psychiatrie gewidmet ist.

Auch die Beiträge zum 18. Weißenauer Schizophrenie-Symposium 2012 werden derzeit in Publikationsform gebracht, sodass man den langjährig fortlaufenden Diskussionsprozess, den die Veranstaltungsreihe bietet, alsbald in den „Fortschritten“ weiter verfolgen kann. Für heute wünschen wir aber unseren Leserinnen und Lesern erst einmal eine anregende und ergiebige Lektüre dieses Schwerpunkthefts.

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Prof. Dr. med. J. Klosterkötter