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DOI: 10.1055/s-0033-1335093
Das Strafrecht ist keine Lösung.
Zum Plädoyer der Deutschen AIDS-Hilfe für die Entkriminalisierung der (potenziellen) HIV-ÜbertragungPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. März 2013 (online)

Der Fall Nadja Benaissa brachte das Thema im Jahr 2009 in die Öffentlichkeit: Medienwirksam verhaftet kurz vor einem Auftritt in der Frankfurter Diskothek „Nachtleben“, wurde die ehemalige Sängerin der Band „No Angels“ angeklagt, mehrfach ungeschützten Sex gehabt und dabei mindestens einen Partner mit HIV infiziert zu haben. Lange vor dem juristischen Urteil sprachen die Boulevardmedien die HIV-positive Sängerin schuldig, stellten sie als verantwortungs-, ja skrupellose Triebtäterin an den Pranger. Die Schlagzeilen waren drastisch: Vom „Todesengel“[1] war die Rede und vom „HIV-Sex“[2] – bis ein „tränenreiches Sex-Geständnis“[3] vermeldet werden konnte. Zwei Jahre auf Bewährung lautete am Ende das Urteil. Nadja Benaissa habe, so das Gericht, die Infektion ihres Partners billigend in Kauf genommen.
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat dieses Urteil scharf kritisiert. Nur ein Freispruch wäre nach unserer Auffassung angemessen gewesen. Denn zum einen wies das Gericht vor allem der HIV-Positiven die Verantwortung für den Schutz vor einer Übertragung zu, während auch ihre Partner für Schutz hätten sorgen können, und trug damit zur Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV bei. Zum anderen schaden diese Zuschreibung und die Stigmatisierung der Prävention, indem sie Ängste schüren sowie die Schutzmotivation und die Bereitschaft zum HIV-Test schwächen können. Für diese klare Haltung sind wir angegriffen, aber auch von vielen gelobt worden.