Klin Padiatr 2013; 225(02): 96-103
DOI: 10.1055/s-0032-1331760
Bericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sprachbarrieren in der Betreuung von Patienten mit Migrationshintergrund – Ergebnisse einer Pilotstudie zu den Erfahrungen von Kinder- und Jugendärzten

Language Barriers in the Care for Pediatric Immigrant Patients – Results of a Pilotstudy among Pediatricians in Germany
T. Langer
1   Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Helios Klinikum Wuppertal
3   Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten
,
K. Schaper
2   Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Universität Witten/Herdecke, Witten
,
S. Gupta
3   Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten
,
R. Porst
4   Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, GESIS, Mannheim
,
T. Ostermann
5   Zentrum für Integrative Medizin, Universität Witten/Herdecke, Herdecke
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
22 March 2013 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund:

Im Jahr 2010 lag der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland bei 19,3%. Die Behandlungsqualität dieser heterogenen Patientengruppe kann durch Sprachbarrieren negativ beeinflusst werden. Die Erfahrungen von Kinder- und Jugendärzten im Umgang mit Sprachbarrieren wurden in Deutschland bislang nicht untersucht.

Methode:

Es wurde eine standardisierte, schriftliche Befragung von Kinder- und Jugendärzten durchgeführt. Der Fragebogen wurde erstmals entwickelt und bestand aus 39 Items und 3 offenen Fragen. Alle Teilnehmer der 105. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin 2009 in Mannheim wurden befragt. Zur deskriptiven Beschreibung kategorialer Daten wurden Häufigkeits- oder Kreuztabellen mit entsprechenden Prozentangaben verwendet.

Ergebnisse:

229 Kongressteilnehmer füllten den Fragebogen aus (40% angestellt im stationären Bereich, 33% niedergelassen, 26% in ambulanter Anstellung). Mit sprachlichen Verständigungsproblemen sind 75% der Antwortenden regelmäßig ­konfrontiert. Übersetzung durch Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen oder Familienangehörige sind die häufigsten Hilfsstrategien. Die Möglichkeit zur Nutzung professioneller Dolmetscher hängt stark vom Tätigkeitsbereich ab (22% [stationär] vs. 5% [niedergelassene] vs. 28% [ambulant angestellt]). Dabei wird der Zeitaufwand zur Organisation von 91% als hoch angegeben.

Schlussfolgerung:

Aus dieser Pilotbefragung ergeben sich Hinweise, dass die Möglichkeiten zur Überwindung von Sprachbarrieren stark vom jeweiligen Tätigkeitsbereich abhängen. Hoher organisatorischer Aufwand und eine unklare Finanzierung sind wichtige Hürden in der Nutzung professioneller Dolmetscherdienste, deren Einsatz von Wissenschaft und gesundheitspolitischer Seite zunehmend gefordert wird.

Abstract

Background:

In 2010, 19.3% of German inhabitants were either first or second generation immigrants. Language barriers can potentially impair quality of care of this heterogenous group of patients. It has not yet been studied how pediatricians practicing in Germany experience and cope with language barriers.

Methods:

We conducted a written survey among participants of the 105th annual meeting of the German Society of Pediatrics in 2009. The questionnaire was newly developed and consisted of 39 items and 3 open questions. Frequency distribution and cross tables were used for descriptive analysis of categorical data.

Results:

229 participants returned the ques­tionnaire (40% in inpatient care, 33% in private practice, 26% in public outpatient services). 75% of participants are confronted with language barriers regularly. The most widespread strategy to overcome barriers is using bilingual colleagues, employees or patient family members as interpreters. The opportunity to access professional interpreters depends on the care setting (22% [inpatient care] vs. 5% [private practice] vs. 28% [public outpatient service]). 91% claim that the expenditure of time to organize professional interpreting services is high.

Conclusion:

The results of the pilot project suggest that the possibilities to overcome language barriers largely depend on the care setting. A high amount of organizational work and vague financing currently limit the use of professional interpreting services. However, health politics and science increasingly demand their use.