Zusammenfassung
Über den Einfluss der Atmung auf das kraniofaziale Wachstum und die okklusale Entwicklung
wird in der Kieferorthopädie schon seit Jahrzehnten diskutiert. Man geht zwar davon
aus, dass eine Beziehung zwischen Form, also den kraniofazialen Strukturen, und Funktion,
der Atmung, besteht. Die Art dieser Beziehung ist allerdings noch weitgehend ungeklärt.
Beeinflusst die Morphologie kraniofazialer Strukturen (Lage des Unterkiefers, Breite
des Oberkiefers) die Atmung, oder hat etwa die Art der Atmung (Nasen- oder Mundatmung,
behindert oder nicht behindert, besonders während des Schlafes) Auswirkungen auf die
kraniofaziale und okklusale Entwicklung.
Während der vergangenen 3 Jahrzehnte haben sich Forschung und klinisches Interesse
an der Atmung den nächtlichen Atemregulationsstörungen zugewandt. Das Spektrum dieser
Atemstörungen reicht von chronischem oder habituellem Schnarchen bis hin zum Widerstandssyndrom
der oberen Atemwege und zur obstruktiven Schlafapnoe.
Bei Kindern gelten große Rachenmandeln und Tonsillen als Hauptursachen für nächtliche
Atemregulationsstörungen, wobei Schnarchen oder Atemgeräusche während des Schlafes
die häufigsten Symptome darstellen. Eine Adenotomie ist bei 2/3 der pädiatrischen
Patienten mit nächtlichen Atemregulationsstörungen die Therapie der Wahl. Personen
mit persistierender Symptomatik sind übergewichtig, haben schwere nächtliche Atemregulationsstörungen
und/oder haben, als Folge von Anpassungsvorgängen, ungünstige dentale und kraniofaziale
Verhältnisse. In solchen Fällen ist das Fachwissen der Kieferorthopädie gefragt, mit
deren Hilfe ein Oberkiefer geweitet und ein Unterkiefer nachentwickelt werden kann.
Risikofaktoren in Verbindung mit obstruktiver Schlafapnoe bei Erwachsenen, wie z. B.
solche Faktoren, die die Größe der Atemwege speziell hinter der Zunge beeinflussen,
im Zusammenhang mit einer physiologischen Verminderung des Muskeltonus im Schlaf,
führen zur obstruktiven Atmung. Bei übergewichtigen und fettleibigen Patienten stellt
vergrößertes Fettgewebe in den parapharyngealen Bereichen für sich alleine schon eine
wichtige Ursache für die Erkrankung dar. Bei normalgewichtigen Personen spielt demgegenüber
eine abweichende Anatomie der oberen Atemwege und der Hart- bzw. Weichgewebe beim
Entstehen einer obstruktiven Schlafapnoe eine Rolle. Als effektivste chirurgische
Therapie bei der obstruktiven Schlafapnoe Erwachsener hat sich die chirurgische Vorverlagerung
von Ober- und Unterkiefer erwiesen, obwohl hier noch Untersuchungen zur Langzeitstabilität
der Ergebnisse erforderlich sind.
Abstract
The impact of mode of breathing on craniofacial growth and occlusal development has
been a widely debated issue in orthodontics for decades. Form-function relationship
between craniofacial structure and breathing function has been acknowledged, but understanding
of this association is poorly understood. Does craniofacial morphology (mandibular
position, width of maxilla) have an impact on breathing, or does breathing (nose vs.
mouth, disturbed or undisturbed particularly during sleep) affect craniofacial and
occlusal development.
During the past 3 decades research and clinical interest on breathing function has
focused to sleep disordered breathing (SDB). This continuum spectrum of breathing
anomalies ranges from chronic or habitual snoring to upper airway resistance syndrome
(UARS) and to obstructive sleep apnea (OSA).
In children large adenoids and tonsils are considered as the main causes of SDB with
snoring or noise breathing at sleep being the most frequent symptoms. Adenotonsillectomy
is effective first-line therapy for 2/3 of pediatric SDB patients. Individuals with
persisting symptoms are obese, have severe SDB and/or have already due to adaptation
an unfavourable dental and craniofacial structure, which calls for orthodontic expertise
to widen maxilla and/or advance mandible.
Risk factors related to OSA in adults include factors which reduce upper airway size,
particularly behind the tongue, and concomitantly with physiological reduction of
muscular tonus at sleep, lead to obstructed breathing. In overweight and obese subjects
increased adipose tissue in the parapharyngeal areas is alone a significant causative
factor for the disease, but in normal weight individuals abnormal upper airway anatomy
of soft and/or hard tissues plays a role in the development of OSA. Maxillomandibular
surgical advancement has been found to be the most effective surgical therapy in adult
OSA, however, studies of long term stability are still needed.
Schlüsselwörter
Schlafapnoe - Adenotomie - Expansion der Maxilla - Nachentwicklung des Unterkiefers
- Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer
Key words
sleep apnea - adenotonsillectomy - maxillary expansion - mandibular advancement -
maxillomandibular advancement