Ernährung & Medizin 2013; 28(1): 1
DOI: 10.1055/s-0032-1331089
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Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Editorial

Hans-Joachim F. Zunft
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Publication Date:
11 March 2013 (online)

 
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    Zuletzt waren es die Noroviren im Schulessen. Diesmal ist es das Pferdefleisch in der Lasagne mit Rind. Und wieder bricht der Medienhype los. Die Politik gibt sich empört, die Kontroll-Labore sind überlastet, die Instanzen der Lebensmittelüberwachung plädieren für neue, tiefer greifende und – natürlich! – teurere Testmethoden. Und Verbraucherverbände fordern: Unsere Lebensmittel sollen sicher sein, endlich ganz sicher!

    Sind denn unsere Lebensmittel etwa unsicher? Wer die Situation leidenschaftslos und kritisch betrachtet, weiß es besser: Nie waren die Lebensmittel auf deutschen Tischen sicherer als jetzt. Diese Botschaft aber ist schwer verkäuflich. Von den Medien wird sie nur lustlos verbreitet und der Verbraucher empfängt sie mit Skepsis.

    Genauso ergeht es den Informationen über die wirklich wichtigen Ernährungsprobleme in unserem Lande. Wir essen zu viel, zu süß, zu fett. Und dadurch sind wir zu dick. Längst ist übermäßige Körperfülle kein „Vorrecht“ der Erwachsenen mehr und verbreitet sich unter Kindern und Jugendlichen. Unübersehbar steigt das Risiko für Folgeerkrankungen. Aber wer will das hören? Wer lässt sich schon gern etwas über eigene Mitschuld sagen – dass er als Betroffener seinen Lebensstil ändern oder dass er als Mitbürger für ein weniger „adipogenes“ Umfeld sorgen sollte? Oder dass elterliche Verantwortung auch heißen muss, Ernährung und Lebensstil der eigenen Kinder auf langfristige Gesundheitsförderung auszurichten, dazu auch selbst und aktiv beizutragen und diese Verantwortung nicht auf andere – die Schule, die Gesellschaft – abwälzen zu wollen!

    Nun mangelt es nicht an präventiven Bemühungen. Ihre Effizienz lässt allerdings zu wünschen übrig. Und so sucht die Wissenschaft beständig nach neuen, wirkungsvolleren Vorsorgestrategien. Das vorliegende Heft widmet sich derartigen Konzepten und richtet dabei den Blick auf die kindliche Entwicklung. Es gilt, so früh wie möglich mit der Vorbeugung zu beginnen, nämlich schon in Schwangerschaft und Stillperiode (Beiträge von I. Behrendt, I.-M. Schulz und S. Steinmann). Zu spät ist es aber nie. Man muss wissen, warum gutgemeinte Präventionsmaßnahmen für das Kindesalter fehlschlagen und darauf Neues aufbauen (Beiträge von B. Landsberg und M. Kersting).

    Kein trockenes Thema, wie der Leser merken wird. Eigentlich verdiente es ähnliche, sogar größere mediale Aufmerksamkeit als Noroviren oder Pferdefleisch. Aber diese Hoffnung wird wohl noch lange unerfüllt bleiben.

    Prof. Dr. Hans-Joachim F. Zunft


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