Aktuelle Dermatologie 2013; 39(04): 147
DOI: 10.1055/s-0032-1326501
Interview
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Bedeutung des IL-31

Prof. C. Bayerl im Gespräch mit Frau Prof. Dr. U. Raap
U. Raap
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Prof. U. Raap
Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie
Medizinische Hochschule Hannover
Ricklinger Str. 5
30449 Hannover

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Publication Date:
10 April 2013 (online)

 

    Sie haben erhöhte IL-31-Serumspiegel bei der chronisch spontanen Urtikaria und der atopischen Dermatitis gefunden. Welche Bedeutung hat das Zytokin bei entzündlichen Hauterkrankungen? Spielt es darüber hinaus eine Rolle – in gesunder Haut?

    Prof. U. Raap: IL-31 ist insbesondere bei den chronisch entzündlichen Hauterkrankungen erhöht, wie wir bei Erwachsenen und mittlerweile auch bei Kindern mit atopischer Dermatitis zeigen konnten. Interessanterweise finden sich auch bei der chronisch spontanen Urtikaria erhöhte Konzentrationen von IL-31 im Serum. Erst kürzlich konnten wir mit unseren Kölner Kollegen (Frau Prof. Karin Hartmann und Team) zeigen, dass auch Patienten mit Mastozytose erhöhte IL-31-Konzentrationen im Serum vorweisen.

    Diese Daten sprechen dafür, dass IL-31 generell bei der Entzündung eine Rolle spielt. Wir wissen aus weiteren Untersuchungen, dass IL-31 wichtige Immunzellen, die bei der chronischen Entzündung eine Rolle spielen, aktiviert, die Daten hierzu werden wir in Kürze zur Publikation einreichen. IL-31 korreliert bei Kindern mit atopischer Dermatitis darüber hinaus mit der Krankheitsschwere, mit dem Pruritus, mit der Schlaflosigkeit und mit dem Alter. Interessanterweise korrelieren die peripheren IL-31-Konzentrationen auch mit den peripheren TH-2-Zytokinkonzentrationen bei Kindern mit atopischer Dermatitis. Dies spricht dafür, dass IL-31 eine Rolle bei der kutanen Entzündung einnimmt.

    IL-31 ist bei Gesunden weder im Serum noch in der Haut erhöht. Insofern wird IL-31 in der gesunden Haut keine wichtige Rolle spielen.

    Korrelieren die IL-31-Serumspiegel mit dem Ausmaß der Entzündung und dem Schweregrad des Juckreizes?

    Prof. U. Raap: Ja, bei Kindern mit atopischer Dermatitis konnten wir eine signifikante Korrelation von IL-31 mit dem Scorad-Score und auch eine Korrelation mit dem Pruritus nachweisen. Auch bei Erwachsenen mit atopischer Dermatitis konnten wir eine Korrelation zu der Krankheitsschwere nachweisen. Bei der chronisch spontanen Urtikaria konnten wir keine Korrelation mit dem Pruritus und der Krankheitsaktivität mit IL-31-Konzentrationen nachweisen. Dies mag daran liegen, dass wir bei den Patienten mit der chronisch spontanen Urtikaria nur einmalig am Tag des ersten Besuches die Beschwerden der Patienten erfasst haben. Mittlerweile hält man die Patienten mit chronisch spontaner Urtikaria an, ihre Beschwerden täglich, mindestens für 7 Tage zu dokumentieren, was sehr sinnvoll erscheint und so möglicherweise doch ein genaueres Korrelat zu den erhöhten IL-31-Konzentrationen geben könnte.

    Welche Bedeutung hat IL-31 als therapeutische Zielstruktur? Gibt es schon klinische therapeutische Ansätze? Studien?

    Prof. U. Raap: IL-31 verstärkt offensichtlich die Entzündungsreaktion. In einem Mausmodell für die atopische Dermatitis konnte durch die Applikation von anti-IL-31-Antikörpern eine signifikante Inhibition des Pruritus bei den Mäusen festgestellt werden. Interessanterweise zeigte sich jedoch kein Einfluss auf die kutane Entzündungsreaktion durch die Applikation der anti-IL-31-Antikörper. Dies ist interessant, gehen wir doch davon aus, dass IL-31 eine verstärkende Rolle bei der Entzündungsreaktion einnimmt. Warum in diesem Mausmodell der atopischen Dermatitis kein Einfluss auf die Dermatitis nachgewiesen werden konnte, ist uns nicht gänzlich klar. Aber Maus ist eben auch nicht Mensch.

    Beim Menschen ist es gut denkbar, dass anti-IL-31 einen Einfluss auf die Entzündungsreaktion und auf den Pruritus hat. Es gibt derzeit eine Studie, bei der anti-IL-31 angewendet wird. In dieser doppel-blinden, randomisierten und Plazebo-kontrollierten Studie werden gesunde Probanden und Patienten mit atopischer Dermatitis eingeschlossen. Die Studie wird erst 2014 beendet sein, sodass wir uns leider noch ein bisschen gedulden müssen, bis wir die Ergebnisse erfahren können.

    Spielt IL-31 eine Rolle beim allergischen Kontaktekzem? Hat IL-31 auch eine Bedeutung beim irritativen Kontaktekzem? Lässt sich für das beruflich bedingte Handekzem ein therapeutischer Fortschritt über Modulation von IL-31 absehen?

    Prof. U. Raap: Auch beim allergischen Kontaktekzem finden sich erhöhte Konzentrationen von IL-31 in der Haut. Ob IL-31 auch eine Rolle beim irritativen Kontaktekzem oder beruflich bedingtem Handekzem spielt, ist bislang nicht klar, wäre aber gut denkbar.

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