Intensivmedizin up2date 2012; 08(04): 269-285
DOI: 10.1055/s-0032-1325780
Pädiatrische Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Schädel-Hirn-Trauma bei Kindern

Stefan Brunnberg
,
Angela Brentrup
,
Barbara Fiedler
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Publication Date:
31 October 2012 (online)

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Kernaussagen

Das Schädel-Hirn-Trauma trägt in den industrialisierten Ländern wesentlich zur Mortalität im Kindes- und Jugendalter bei. Es unterscheidet sich v. a. bei Kleinkindern und Säuglingen vom SHT des Erwachsenen. Eine Sonderform des kindlichen SHT ist die Kindesmisshandlung, welche der besonderen Aufmerksamkeit des Untersuchers bedarf.

Diagnostik. Die Symptomatik nach SHT ist bei Kindern sehr vielfältig und häufig unspezifisch. Hinweise von Bezugspersonen sind zur klinischen Beurteilung sehr wichtig. Vor allem Kleinkinder und Säuglinge können auch mit intrakranialen Verletzungen lange Zeit asymptomatisch bleiben. Temporale und parietale Hämatome sind gehäuft mit einer Schädelfraktur assoziiert. Dies gilt es bei der Entscheidung, ein Kind nach mildem SHT ambulant zu betreuen, zu berücksichtigen.

Die Glasgow Coma Scale wird zur akuten Einschätzung eines SHT am häufigsten verwendet, wird aber durch die angewendete Therapie und den Entwicklungsstand eines Kindes beeinflusst. Das CCT stellt den Goldstandard in der Akutdiagnostik dar. Die Durchführung einer Röntgenuntersuchung des Schädels ist heutzutage nahezu obsolet. Im Säuglings- und Kleinkindesalter zieht man die Schädelsonografie vor.

Therapie. Ziel der präklinischen Therapie ist es, den Patienten nach Sicherung der Vitalfunktionen ohne Zeitverlust in ein geeignetes Krankenhaus zu transportieren.

Wesentliche Pfeiler der konservativen Therapie sind die Aufrechterhaltung der Homöostase (Normoxie, Normokapnie, Normoglykämie) und die Sicherstellung einer ausreichenden Hirnperfusion durch Maßnahmen, die den intrakranialen Druck senken und den Blutdruck altersentsprechend einstellen. Eine Hyperventilation zur intrakranialen Drucksenkung sollte man nur in Ausnahmefällen durchführen.

Die operative Therapie unterscheidet zwischen dringlichen OP-Indikationen und Indikationen mit aufgeschobener Dringlichkeit. Die dekompressive Kraniektomie ist die ultima ratio bei therapierefraktärer intrakranialer Druckerhöhung. Ventrikelsonden erlauben v. a. unter Langzeitbeatmung eine intrakraniale Drucküberwachung.

Bei der Rehabilitation ist der Einbezug der Familie essenziell. Prognostisch zeigen v. a. Kinder unter 3 Jahren ein schlechteres Endergebnis aufgrund der erhöhten Vulnerabilität des sich entwickelnden Gehirns. Nach schwerem SHT kommt es vornehmlich zu Beeinträchtigungen im Bereich Sozialkompetenz, Arbeitstempo und Wortverständnis.