Ultraschall Med 2013; 34(4): 404-405
DOI: 10.1055/s-0032-1319657
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

NIPT (non-invasive prenatal testing) der zellfreien fetalen DNA im Blut der Mutter – Einbeziehung in das Screening im ersten Trimenon

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Publication Date:
19 August 2013 (online)

 

    Seit rund einem Jahr ist die Untersuchung der zellfreien fetalen DNA aus dem Blut der Mutter auf Trisomie 21, 18 und 13 zur klinischen Anwendung verfügbar. Bis Juli 2013 sind in geblindeten Studien bereits mehr als 10 000 Patienten untersucht worden. Die Entdeckungsrate liegt dabei für Trisomie 21 bei mehr als 99%, für Trisomie 18 bei 98%, und für Trisomie 13 bei mehr als 84%. Eine besondere Stärke dieses Tests ist die niedrige falsch-positiv-Rate von unter 0,1%. Damit zeichnet sich diese Methode, zurzeit häufig als NIPT (non-invasive prenatal testing) bezeichnet, ganz klar als der beste Screening-Test auf Trisomie 21 aus.

    Warum hat die Untersuchung der zellfreien fetalen DNA den Combined Test noch nicht abgelöst? Es gibt 2 Gründe, warum NIPT zurzeit noch kein wirklicher Screening-Test ist: 1. die hohen Kosten (zwischen 600 und 1200 €), und 2. die lange Wartezeit auf dem Befund (10 bis 14 Tage).

    Für das Screening im ersten Trimenon, das in Österreich im wesentlichen nach den Richtlinien der Fetal Medicine Foundation durchgeführt wird, ist Screening auf Trisomie nur eines von mehreren Zielen. Es entwickelt sich zunehmend zu einer sehr effektiven Methode, bereits in der Schwangerschaftswoche 11–14 aus der Gesamtheit der Schwangeren eine kleine Risikogruppe herauszufiltern, die in weiterer Folge einer intensiveren Betreuung bedarf. Dabei wird durch eine Kombination von Anamnese, Ultraschall und Messung von Plazentaproduktion aus dem Serum der Schwangeren eine Wahrscheinlichkeit für Plazentainsuffizienz und Chromosomenanomalien berechnet, und bald wird auch eine Risikoeinschätzung für extreme Frühgeburt und Diabetes verfügbar sein. Nicht zuletzt ist bereits in der Schwangerschaftswoche 11–14 die Diagnose von über 50% aller Fehlbildungen möglich.

    Der in Österreich zurzeit empfohlene Screening-Test auf Trisomie 21 ist der Combined-Test. Dieser erreicht durch eine Kombination aus dem Alter der Mutter, der fetalen Nackentransparenzmessung und der Messung von freiem beta-hCG und PAPP-A im Serum der Schwangeren bei einer falsch-positiv-Rate von 5% eine Entdeckungsrate von 90% für Trisomie 21. Unter Einbeziehung weiterer Hinweiszeichen im Ultraschall (Verknöcherung des fetalen Nasenbeins, Triskuspidalinsuffizienz und Blutfluss im ductus venosus) kann die Entdeckungsrate erhöht beziehungsweise die falsch-positiv-Rate vermindert werden. War bis vor einem Jahr die Beratung auf der Basis der mittels Combined Test errechneten Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21 noch auf 2 Möglichkeiten beschränkt, nämlich das Risiko der Geburt eines Kindes mit Trisomie 21 auf sich zu nehmen oder diese Aneuploidie mittels invasiver Diagnostik auszuschließen, ist nun eine dritte Möglichkeit hinzugekommen: NIPT mittels Analyse der zellfreien fetalen DNA im Blut der Mutter. Bei welcher Wahrscheinlichkeit sich Eltern dafür entscheiden, ist sehr individuell. Die „ideale“ Indikation scheint ein Risiko zwischen 1:50 und 1:1000 zu sein. In diesem Bereich sind viele nicht ausreichend beruhigt, wiewohl zu über 98% keine Trisomie 21 vorliegt, und können nahezu 100%ige Gewissheit erlangen, ohne das Fehlgeburtenrisiko einer Punktion auf sich nehmen zu müssen. Manche werdende Eltern entscheiden sich auch bei einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit für NIPT.

    Ganz anders ist die Situation bei erhöhter Nackentransparenzmessung (> 3,5 mm) oder Fehlbildung. In solchen Fällen liegen relativ häufig – zu 15% oder mehr – andere genetische Defekte außer Trisomie 21 vor. Zurzeit sind diese nur durch ein Karyogramm zu diagnostizieren, am besten ergänzt durch einen Microarray. Dafür ist noch kindliches Material notwendig, das durch eine Punktion gewonnen wird. Typischerweise wird also eine Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese durchgeführt, wenn sich die Eltern für eine weitere Abklärung entscheiden. In Abhängigkeit von den bestehenden Fehlbildungen kann auch eine Untersuchung auf spezifische Einzelgendefekte sinnvoll sein. Die Möglichkeiten und Grenzen der molekulargenetischen Untersuchungen unterliegen einer rasanten Entwicklung, sodass eine ausführliche genetische Beratung vor einem Eingriff unumgänglich geworden ist.

    Ist das Hintergrundrisiko für Trisomie 21 hoch, zum Beispiel bei Schwangeren über 40 oder bei vorangegangener Schwangerschaft mit Trisomie 21, kann bereits ab der vollendeten Schwangerschaftswoche 10 Blut für die Untersuchung der zellfreien fetalen DNA abgenommen werden. Die Schwangere kann dann 2 Wochen später zur Befundbesprechung und genauen Ultraschalluntersuchung kommen, und macht nur bei auffälligem NIPT-Ergebnis (hohes Risiko für Trisomie 21) oder bei einer Auffälligkeit im Ultraschall eine Chorionzottenbiospie. Damit werden Aneuploidien und andere genetische Defekte bereits früh diagnostiziert.

    Zusammenfassend ist es zurzeit so, dass bei normalem Ultraschallbefund die Untersuchung der zellfreien fetalen DNA zum fast hundertprozentigen Ausschluss von Trisomie 21 zu empfehlen ist, wenn das Gesamtergebnis des Combined Tests nicht zufriedenstellend ist. Wollen die Eltern bei erhöhter Nackentransparenzmessung oder Fehlbildungen eine weitere Abklärung, ist nach ausführlicher Beratung über Karyotypisierung und molekulargenetische Methoden eine invasive Diagnostik notwendig. Mit diesem Konzept ist in unserer Praxis die Rate an Punktionen im ersten Trimenon auf unter 1% gesunken und die pathologischen Befunde bei Punktionen sind auf über 50% gestiegen.


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