ergopraxis 2012; 5(01): 39-41
DOI: 10.1055/s-0031-1300824
profession & perspektiven
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05 January 2012 (online)

 

Dreiländerkongress – Umfangreiche Fortbildung für psychiatrisch Tätige

Zum dritten Mal in Folge konnte der Dreiländerkongress im bayerischen Irsee psychiatrisch tätige Ergotherapeuten von sich überzeugen: Rund 70 Therapeuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen vom 23. bis 25. Oktober 2011 am größten deutschsprachigen Kongress zur Ergotherapie in der Psychiatrie teil.

Die Therapeuten erfuhren in Vorträgen, Workshops und Konzeptbörsen auf einen Schlag mehr über aktuelle psychiatrische Entwicklungen. So konnten sich die Teilnehmer aus vier ganztägigen Workshops zu bestimmten Themen einen Workshop aussuchen. Sie bekamen Anregungen für Fortbildungen und konnten sich mit Kollegen aus anderen Einrichtungen austauschen, die meist mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Die Referenten waren fast ausschließlich praktizierende Ergotherapeuten, die in ihrer Einrichtung das umsetzen, was sie auf dem Kongress vorstellten.

Zum Beispiel berichtete Marie Hofmann aus Deutschland, dass sie und ihre Kolleginnen das Handwerk aus der Rehaklinik für suchtkranke Menschen verbannt haben. Birgit Elsayed-Glaser aus Österreich zeigte anhand von Beispielen aus ihrer ambulanten Praxis, wie sie mit psychisch kranken Menschen den Alltag gestaltet. Theresa Witschi aus der Schweiz widmete sich dem Thema Depression im Rahmen der stationären Ergotherapie und diskutierte mit den Teilnehmern, wie man angemessen auf das Leiden der Betroffenen eingehen könne.

Eine Besonderheit im Jahr 2011 waren die Beiträge von psychiatrieerfahrenen Gästen. Zum Beispiel führte der Schweizer Filmemacher Dieter Gränicher seinen Film „Seelenschatten“ vor. Der Film begleitet über anderthalb Jahre drei Menschen, die an Depressionen leiden. Auf intensive und einfühlsame Weise machte Gränicher, der selbst auch Depressionen hatte, deutlich, wie Betroffene ihre Erkrankung erleben.

Der nächste Dreiländerkongress findet vom 21. bis 23. Oktober 2012 statt. Wichtige Informationen dazu findet man bereits jetzt unter www.bildungswerk-irsee.de > „Programm 2012“ > „Psychiatrie“.

czy


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Wer War Eigentlich Augusta Déjerine-Klumpke? – Eine starke Frau, die den Männern Paroli bot

„Meine Mutter lehrte uns, mit Willenskraft und Beharrlichkeit durchs Leben zu gehen und bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben.“ Das ist sicher ein Grund, warum Augusta Marie Déjerine-Klumpke (18591927) eine steile Karriere hinlegte und ihr Name in die medizinische Terminologie einging. Sie ist vor allem durch die „Klumpke-Lähmung“ bekannt, einer Spinalnervenläsion des unteren Plexus brachialis.

Früh lernten Augusta und ihre fünf Geschwister, Neuem gegenüber aufgeschlossen zu sein und den eigenen Weg unbeirrt zu gehen. 1871 zog die Mutter mit ihnen von San Francisco nach Deutschland und weiter in die Schweiz, wo Augusta in der Oberschule für Mädchen in Lausanne schnell auffiel: Sie wurde Präsidentin des Schulmädchenvereins, ging mit ihrer Schwester ohne Anstandsdame zum Tanzen und rauchte in der Öffentlichkeit Zigaretten. Die Krönung des Ganzen: Augusta wollte Medizin studieren - und das als Frau!

In Lausanne gab es keine medizinische Fakultät, deswegen zog die Mutter kurzerhand mit ihren Kindern nach Paris. 1882 nahm Augusta ihr Medizinstudium auf -gegen den Willen des Dekans. Sie war eine ehrgeizige, fleißige Studentin, die stets mit Bestnoten abschloss. Mithilfe des Bildungsministers, der die Frauenbewegung unterstützte, wurde Augusta 1887 trotz massiver Widerstände der männlichen Klinikleitung als erste Frau am L'Hôpital de Lourcine „Interne des Hôpitaux“, was etwa dem deutschen Assistenzarzt entspricht.

Augustas herausragende Fähigkeiten waren einem Mann bereits während ihres Studiums aufgefallen: ihrem Lehrer, dem Neurologen und Chefarzt, Joseph Jules Déjerine. Im Jahr 1888 heirateten die beiden, was der Beginn einer einzigartigen Zusammenarbeit war. Das Ehepaar forschte gemeinsam und veröffentlichte unter anderem das in zwei Bänden erschienene Werk „Anatomie des centres nerveux“. Es wurde zum Standardwerk in der Neurologie. Im Jahr 1889 promovierte Augusta mit der Arbeit über Polyneuritis und die Auswirkungen von Bleivergiftungen auf das Nervensystem. Viele waren im 19. Jahrhundert von Bleivergiftungen betroffen, denn zum Verlöten von Konservendosen wurden damals Bleilegierungen verwendet.

Allein zwischen 1885 und 1914 veröffentlichte Augusta insgesamt 56 bedeutsame wissenschaftliche Arbeiten unter ihrem Namen. Ihre Beiträge zu den Publikationen ihres Mannes blieben hingegen häufig ungenannt. Das schmälerte den Zusammenhalt des Ehepaars allerdings keineswegs. So sprang Augusta beispielsweise auf einer Tagung der Neurologischen Gesellschaft von Paris für ihren Mann ein und bot dessen Kontrahenten mit ihrem klinisch-anatomischen Wissen Paroli. Diese Auseinandersetzung ging als „Aphasie-Streit“ in die Geschichte ein. Ein paar Jahre später krönte Augusta ihre Karriere, indem sie als erste Frau zur Präsidentin dieser Neurologischen Gesellschaft gewählt wurde.

Bemerkenswerte Laufbahnen legten auch ihre Geschwister hin: Anna Elisabeth wurde eine bekannte amerikanische Malerin, Dorothee Astronomin, Mathilda eine Pianistin, Julia Violonistin und John William Ingenieur. Am Ende ihres Lebens resümierte Augusta Dejerine-Klumpke: „Mir scheint so, dass meiner geliebten Mutter die Förderung ihrer Kinder nicht allzu schlecht geglückt ist.“ Man kann ihr nur beipflichten.

giro


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Veranstaltung – Promovierende unterstützen

Die Promotion ist für Therapeuten ein noch recht neuer Weg, der aber immer mehr gewählt wird. Orientierung bot die Veranstaltung „Empowerment für die Promotion in den Gesundheitsberufen“, die am 13. Oktober 2011 in Halle stattfand. Etwa 80 Teilnehmer folgten der Einladung des Hochschulverbundes für Gesundheitsfachberufe (HVG) und der Internationalen Graduiertenakademie der Universität Halle-Wittenberg. Ziel war es, junge Nachwuchswissenschaftler - darunter auch Ergotherapeuten - zu stärken und sie in ihrer Promotion zu unterstützen. Außerdem wollten die Veranstalter herausfinden, welche spezifischen Bedürfnisse der wissenschaftliche Nachwuchs in den Gesundheitsfachberufen hat.

Spannend war das Konzept des sogenannten Weltcafes: In kleiner Runde trafen sich Experten und Interessierte an insgesamt sechs Thementischen rund um die Promotion. Dort konnten sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen austauschen, Ideen besprechen und Lösungen für Probleme entwickeln. Das Angebot der Thementische bot für jeden etwas, beispielsweise „Promovieren - aber wo? Promovieren in der eigenen Disziplin oder in Bezugswissenschaften?“, „Das Ganze auf die Füße stellen! Finanzielle Förderungsmöglichkeiten“ und „Tue Gutes und schreibe darüber! Treffen mit Vertretern der Fachverlage“. Beliebt war auch der Tisch zum Thema „Ein Blick über den Tellerrand! Promovieren im Ausland“. Die Teilnehmer wechselten nach Bedarf die einzelnen Tische. So entstand eine dynamische und konstruktive Diskussion, nicht nur mit den Experten, sondern auch unter den Teilnehmern.

Es besteht derzeit ein großer Bedarf an hochqualifizierten Therapeuten. Zum einen, weil sie Studiengänge mitaufbauen, zum anderen, weil sie an Hochschulen unterrichten. Das zeigte auch die Nachfrage an der Veranstaltung: Die Therapeuten wünschen sich umfassende Informationen zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung. Der HVG plant daher weitere Veranstaltungen.

Rachel Sommer, Bachelor of Health in OT (NL), Master of Public Health


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