Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2012; 17(5): 251-262
DOI: 10.1055/s-0031-1299136
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konzertierte Pharmakotherapie in Arztnetzen – Balance im Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeit, Behandlungsqualität und therapeutischer Haftung aus Sicht der ambulanten Leistungserbringer

Concerted Pharmacotherapy – Doctors’ Balancing Act between Cost Effectiveness, Quality of Medical Attendance and Therapeutical Liability
S. Keller
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Publication Date:
14 November 2012 (online)

Zusammenfassung

Ärzte bewegen sich bei ihrem Verordnungsverhalten im widersprüchlichen Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit, Behandlungsqualität und Therapiehaftung. Im Rahmen einer Analyse mehrerer Pharmakotherapieprojekte im generikafähigen Markt werden die Auswirkungen einer standardisierten Medikamentierung auf die Wirtschaftlichkeit des Verordnungsverhaltens der beteiligten Praxen untersucht. Die Auswertung erfolgt auf Basis pseudonymisierter Behandlungsdaten aus 120 Praxen über einen Zeitraum von 3 Jahren. Es zeigt sich, dass die Entwicklung der Gesamtkosten unter denen des Bundesdurchschnitts liegt. Die durchschnittlichen Kosten je Verordnung liegen sogar regelmäßig niedriger als die Vergleichswerte der günstigsten Kassenärztlichen Vereinigung. Daraus lässt sich begründet ableiten, dass Ärzte mithilfe sorgfältig erarbeiteter Pharmakotherapie-Standards sehr kostengünstig verordnen können. Gleichzeitig können sie in Verbindung mit einem angemessenen Ausschluss der Rabattvertrags-Substitution ein höheres Maß an Patienten-Compliance sowie eine Verringerung von Nebenwirkungen erreichen. Damit ist es möglich, parallel zur verbesserten Wirtschaftlichkeit auch das therapeutische Haftungsrisiko zu verringern. Die organisatorische Durchführung der analysierten Projekte wurde durch verschiedene Arztnetz-Managementgesellschaften geleitet und geleistet. Gerade im ambulanten Bereich des Gesundheitswesens werden häufig fehlende Verbindlichkeit und organisatorische Kompetenz auf Seiten der Leistungserbringer kritisiert. Außerdem fehlt i. d. R. die Möglichkeit zur Messung konkreter Projektergebnisse und Wirtschaftlichkeitsvorteile. Diese Faktoren können in den betrachteten Projekten nachgewiesen werden. Weitere Verbesserungsmöglichkeiten bieten die Einbettung solcher Projekte in den Rahmen von IV-Verträgen. Die neuen Regelungen des AMNOG bieten Möglichkeiten einer gemeinsamen Beteiligung verschiedener Akteure im Gesundheitswesen. Dies eröffnet Potenziale, die deutlich über reine Kostensenkungsmöglichkeiten hinausgehen.

Abstract

Prescribing medicine brings Doctors under pressure concerning the reluctant aims of cost effectiveness, quality of medical attendance and therapeutical liability. A study of several pharmacotherapy projects reflects the consequences of standardized prescription patterns concerning generics. The analysis was made by using original, but pseudonymized data extracted out of the medical information systems. There were 120 doctors offices taking part in the survey for a period of 3 years. Results show, that growth of total costs are below the German average. Also average costs of a single prescription are constantly lower than the comparable values of the most cost effective German region. Based on these results it is stated, that those doctors who are consequently using elaborated prescription standards can provide a very cost effective therapy. At the same time it is possible for them to reach a higher patient compliance and less side effects by using the “aut idem”-rule appropriately regarding rebate contracts. By this, it is possible to reduce the doctor’s therapeutical liability while realizing higher cost effectiveness. The projects were basically organized by doctor’s networks. Health insurances in the past often missed reliability and a necessary professional organisation at the doctors’ side. Typically the possibility to monitor project results and to measure the resulting cost savings is also missing. These study shows that both key factors can be provided from doctor’s side with some external help. Further improvements can be made by embedding such projects in the framework of selective contracts. In this context, new regulations of the German AMNOG-law provide the opportunity to cooperate with new players of the public health sector. This provides opportunities that are going far beyond singular cost saving effects.