Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37(S 01): S2-S6
DOI: 10.1055/s-0031-1298851
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Vielfalt der Kulturen

Zusammensetzung und Funktion der Mikrobiota im DarmMultiplicity of CulturesComposition and Function of the Intestinal Microbiota

Authors

  • M. Blaut

    Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie, Potsdam-Rehbrücke
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Publication Date:
13 March 2012 (online)

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Zusammenfassung

Die intestinale Mikrobiota umfasst 1014 hauptsächlich anaerobe Bakterien, die sich mindestens 400 verschiedenen Spezies zuordnen lassen. Sie beeinflusst viele wichtige Funktionen des Wirts, unter anderem den gastrointestinalen Stoffwechsel, die Entwicklung der oralen Toleranz, die Differenzierung der Darmepithelzellen und die Kolonisierungsresistenz gegenüber Krankheitserregern. Die Darmbakterien leben sowohl von exogenen als auch von endogenen Substraten und unterwerfen diese einem komplexen Fermentationsprozess, an dessen Ende kurzkettige Fettsäuren sowie die Gase Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan stehen. Generell können sich nur anpassungsfähige Bakterien im Darm etablieren. Funktionelle Redundanz stabilisiert das komplexe Ökosystem; beispielsweise sind Gene für die Kohlenhydratverwertung mehrfach vorhanden. Trotz großer individueller Unterschiede konnte ein Kernmikrobiom identifiziert werden, das bei jedem Menschen vorkommt. Neben den überwiegend positiven Funktionen gibt es Hinweise, dass die Darmmikrobiota bei der Entstehung bestimmter Krankheiten eine Rolle spielt, etwa bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Adipositas oder Nierensteinen. Darüber hinaus kann sie zur Bildung mutagen wirkender DNA-Addukte beitragen.

Abstract

The intestinal microbiota consists of 1014 primarily anaerobic bacteria, who represent at least 400 different species. It affects many important functions within the host organism, among others the gastrointestinal metabolism, the development of oral tolerance, the differentiation of intestinal epithelial cells, and the resistance to colonization with pathogenic strains. The intestinal bacteria live of exogenous and endogenous substrates and subject these to a complex fermentation process, which results in short-chain fatty acids and the gases hydrogen, carbon dioxide, and methane. Generally, only adaptable bacteria become established in the gut. Functional redundancy stabilizes the complex ecosystem-multiple genes for digesting carbohydrates exist, for example. In spite of big individual differences, a core microbiome has been identified that exists in all humans. In addition to the primarily positive functions there are indications that the intestinal microbiota has a role in the development of certain diseases, for example, chronic inflammatory bowel disease, obesity, or renal calculi. Furthermore, it may contribute to the formation of mutagenic DNA adducts.