Aktuelle Neurologie 2011; 38(09): 463-464
DOI: 10.1055/s-0031-1298823
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kopfschmerzen, Restless legs und Parkinson – Was ist bei Epilepsie zu beachten?

Headache, Restless Legs and Parkinsonʼs Disease − What must we Take into Consideration in Epilepsy?
G. Krämer
Schweizerisches Epilepsie-Zentrum Zürich
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Publication Date:
03 January 2012 (online)

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Dr. med. Günter Krämer

Die Schwerpunktthemen des vorliegenden Heftes sind – neben einem natürlich ebenfalls sehr wichtigen Beitrag zur Thrombolyse jenseits des Zeitfensters von 3 Stunden – Kopfschmerzen, das Restless-Legs-Syndrom und Parkinson. Als seit fast 2 Jahrzehnten ausschließlich in der Epileptologie tätiger Neurologe fand ich es reizvoll, für das Editorial deren – auf den ersten Blick vielen Lesern vielleicht nicht geläufigen – Beziehungen zu Epilepsien anzusprechen. Dies auch unter dem Aspekt der für jeweils beide Komorbiditäten wichtigen Frage der Auswahl der Medikation, optimalerweise mit positiven Effekten auf beide Krankheiten.

Anfallsassoziierte Kopfschmerzen bei Epilepsie sind seit Langem bekannt [1] [2], meist postiktaler Genese, kommen sowohl nach primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen als auch bei Epilepsien mit primär fokalen Anfällen vor [3] [4] und können semiologisch einem Migränekopfschmerz entsprechen [5] [6]. Eine erhöhte Koinzidenz von Migräne und Epilepsie wurde schon früh beobachtet [6] [7]: bis zu 6 % der Migränepatienten haben auch eine Epilepsie [8] und für Epilepsiepatienten besteht eine auf das 2,4-Fache erhöhte Erkrankungswahrscheinlichkeit an Migräne [9]. Prinzipiell zu bevorzugende Antiepileptika bei dieser Komorbidität sind – allerdings unter Beachtung des jeweiligen Nebenwirkungs- und Risikoprofils – Valproinsäure und Topiramat, eher abzuraten ist von Lamotrigin.

Für das Restless-Legs-Syndrom (RLS) wird zwar auch immer wieder einmal eine erhöhte Koinzidenz mit Epilepsie diskutiert, meines Wissens bislang aber nicht belegt. Allerdings gibt es kasuistische Beschreibungen einer Induktion durch Antiepileptika wie Methsuximid und Phenytoin [10] bzw. Zonisamid [11], während für Gabapentin eine Besserung auch durch eine plazebokontrollierte Studie belegt werden konnte [12] [13].

Last not least zum Parkinsonsyndrom. Neben den idiopathischen Formen sind Erkrankungen infolge exogener Einflüsse wie z. B. die Einnahme von Neuroleptika allgemein bekannt. Bei einem Kind mit Doppelkortexsyndrom wurde unter Vagusnervstimulation ein induzierter und entsprechend reversibler Parkinsonismus beschrieben [14]. Aber auch einige Antiepileptika können eine medikamentös bedingte Parkinsonsymptomatik hervorrufen. Dies ist insbesondere für Valproinsäure gut belegt [15] [16] [17], kasuistisch auch für Phenytoin [18] und Pregabalin [19] beschrieben. Zonisamid ist das einzige Antiepileptikum, von dem ein günstiger Effekt auf ein (vorbestehendes) Parkinsonsyndrom bekannt ist [20] und das u. a. in den USA deswegen auch eine Zulassung zur Add-on-Therapie des Parkinsonsyndroms hat, weshalb über einen bevorzugten Einsatz bei einer Komorbidität nachgedacht werden sollte.