Zeitschrift für Klassische Homöopathie 2012; 56(3): 153-154
DOI: 10.1055/s-0031-1298659
Materia medica
© Karl F. Haug Verlag MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Fehler in den Repertorien

Magnesium muriaticum
Bernhard Zauner
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Publication Date:
28 September 2012 (online)

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Beim Materia-medica-Studium von Magnesium muriaticum findet sich in den mir zur Verfügung stehenden Repertorien [4]; [10]; [11] Mag-m in folgenden Rubriken: „Mind; KLEPTOMANIA; steals dainties.“ Im Complete auch zusätzlich in der Hauptrubrik „MIND; KLEPTOMANIA“.

Führt man nun einen chronologischen Materia-medica-Vergleich durch und beginnt dabei bei Hahnemanns CK, 1. Auflage von 1818, gibt es unter Murias magnesiae noch keinen Hinweis auf dieses Symptom, genau so wenig in Hartlaub und Trinks‘ Reiner Arzneimittellehre von 1831, Band 3 unter kochsalzsaurer Bittererde. Erst in den Annalen der homöopathischen Klinik von Hartlaub und Trinks [7: 134] ist folgendes Symptom nachzulesen: „Neigung zum Naschen, er sieht ein Stück Kuchen und bricht gleich davon ein Stück halb verstohlen ab, um es zu essen“.

Als kleines Detail am Rande soll kurz erwähnt werden, dass im oben zitierten Buch im Inhaltsverzeichnis kohlensaure Bittererde (Magnesia carbonica) steht, bei der Beschreibung der Symptome als Überschrift jedoch die kochsalzsaure Bittererde gewählt wurde.

Weiters findet man es in den CK, 2. Auflage [5]: „Neigung zum Naschen; er sieht ein Stück Kuchen und bricht davon verstohlen sogleich ein Stück ab, um es zu essen. (Sr.)“. Hahnemann änderte hier „halb verstohlen“ schon in „verstohlen“ um.

Bei Noack und Trinks [6] lautet dieses Symptom: „Neigung zum Naschen, z. B. verstohlenes Abbrechen und Essen eines Stück Kuchens.“

In R. F. Kastners Bönninghausens Physiognomik der homöopathischen Arzneimittel [9: 766] finden wir „Neigung zum Naschen“. Dieses Symptom steht ursprünglich in Bönninghausens Versuch über die Verwandtschaft der homöopathischen Arzneien nebst einer abgekürzten Uebersicht ihrer Eigenthümlichkeiten und Hauptwirkungen, erschienen 1836 in Münster.

Interessanterweise steht in Bönninghausens Therapeutischem Taschenbuch dann nicht mehr „Neigung zum Naschen“, sondern „Verlangen nach Süßem“, 2-wertig unter nur 15 Arzneien.

Bei vielen Autoren findet man dann bei Mag-m. „Verlangen nach Süßigkeiten“ („Desire for sweets“), z.B: Lilienthals Hom. Therapeutics, Knerrs Repertory. Bei Hahnemann jedoch gibt es dieses Symptom nicht, nur die Neigung zum Naschen.

In Herings Guiding Symptoms [8: 237] steht dieses Symptom wie folgt, schon etwas abgeändert: „Hunger, but knows not for what, ravenous, followed by nausea, inclination to nibble, desire for sweets, for vegetables, worse from salt things.“ Band 7 der GS erschien erstmals 1888.

In Clarkes Dictionary [2] finden wir nur: „Desire for dainties“. Im deutschen, neu übersetzten Clarke [3] lautet der Text wie folgt: „Neigung zum Naschen; er sieht ein Stück Kuchen und bricht davon verstohlen sogleich ein Stück ab, um es zu essen.“ Als Quelle werden Hahnemanns CK von 1835 angeführt. Hier wurde somit wieder das Originalsymptom verwendet.

Fazit: Einerseits wurde also aus „halb verstohlen“ (Hartlaub und Trinks) „verstohlen“ (Hahnemanns CK), „verstohlen“ dann zu „stehlen“ (Kent, Übersetzungsfehler), und andererseits wurde die „Neigung zum Naschen“ (eines Kuchens) in „Verlangen nach Süßigkeiten“ umgewandelt.

Magnesium muriaticum ist somit in den Rubriken „Mind, Kleptomania“, der Unterrubrik „steals dainties“ und der Rubrik „Food and drinks, sweets, desires“ nicht korrekt. Ein Nachtrag in der Rubrik „Food and drinks; cakes; desires“ im Complete (im Kent gibt es keine entsprechende, bestehende Rubrik) ist jedoch möglich.