Arzneimittelforschung 2009; 59(6): 318-325
DOI: 10.1055/s-0031-1296403
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Editio Cantor Verlag Aulendorf (Germany)

Begründung der Wiederholung von Tierversuchen und Bestimmung der erforderlichen Tierzahl gemäß dem Deutschen Tierschutzgesetz

Schneider Berthold
Institut für Biometrie der Medizinischen Hochschule Hannover
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Publication Date:
13 December 2011 (online)

Zusammenfassung

Nach dem deutschen Tierschutzgesetz erfordern Wiederholungsversuche eine wissenschaftlich begründete Darlegung, dass die Wiederholung unerlässlich ist. Einige Wissenschaftler und wissenschaftliche Zeitschriften fordern eine Versuchswiederholung zur Erhöhung der Genauigkeit der Ergebnisse. Wie in der Arbeit gezeigt wird, erfordert die Erhöhung der Genauigkeit der Ergebnisse nicht eine Wiederholung des Versuch, sondern eine Erhöhung der Tierzahl innerhalb des Versuchs. Die Ergebnisse von Tierversuchen sind die bei den unterschiedlichen Versuchsbedingungen beobachteten Reaktionen der Versuchstiere. Diese zeigen in der Regel eine zufällige, biologische Variabilität, die die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf zukünftige Situationen einschränkt. Die Einschränkung wird durch wiederholte Anwendung der Versuchsbedingungen auf mehrere Tiere reduziert; und zwar umso mehr, je mehr Tiere in den Versuch genommen werden (Gesetz der großen Zahl). Die wiederholte Anwendung der Versuchsbedingungen ist keine Wiederholung, sondern essentieller Teil des Versuchs. Die Zahl der Versuchstiere, die erforderlich sind, um die Versuchsergebnisse mit der erforderlichen Genauigkeit auf künftige Situationen übertragen zu können, ist mit statistischen Methoden zu bestimmen. Die Grundzüge dazu werden in der Arbeit erläutert und an zwei Beispielen demonstriert. Bei länger dauernden Versuchen kann die Genauigkeit des Vergleichs durch die Bildung zeitlich homogener Blöcke, innerhalb derer alle Versuchsbedingung wenigen Tieren gleich häufig zugeteilt werden, erhöht werden. Die Technik der Blockversuche wird erläutert. Mit sequentiellen Interimsanalysen kann die Tierzahl meist beträchtlich reduziert werden. Dabei wird in jeder Analyse aufgrund aller bis dahin vorliegenden Daten über Fortsetzung oder Abschluss entschieden und der Versuch abgeschlossen, wenn die erforderliche Genauigkeit der Versuchsaussage erreicht ist. Diese Verfahren werden erläutert. Eine Wiederholung des gesamten Versuchs kann erforderlich sein, wenn berechtigter Zweifel an der korrekten Durchführung eines bereits durchgeführten Versuchs besteht oder der Einfluss verschiedener Laboratorien auf die Versuchsbedingungen in sog. Ringversuchen untersucht werden soll.

Abstract

Justification of Repeated Animal Experiments and Determination of the Required Number of Animals According to the German Animal Protection Act The repetition of animal experiments requires justification according to the German Animal Protection Act (Tierschutzge-setz). On the other hand, repetition of experiments is considered necessary for the improvement of the precision and reliability of the results. In this paper it is shown that such improvement is not achieved by a repetition of the experiment but by repeated inclusion of animals into the experiment. The more animals are included, the more precisely and reliably the results can be generalized to further situations. The number of animals necessary for a proposed precision can be determined with statistical methods. The basic ideas are explained in the paper and demonstrated with two examples. In long term experiments the precision can be improved, if all experimental conditions are applied within temporally homogenous blocks to few animals and the blocks are repeated till the necessary number of animals is reached (block experiments). By sequential interim analyses, where at each analysis on the basis of all available data a decision on continuation or conclusion of the experiment is drawn, a further reduction of the number of animals can be achieved. These methods are discussed in the paper. Repetitions of total animal experiments are justified, if there exist legitimate doubts on the soundness of the published results or if in so called ring-experiments the variability of the results between different laboratories should be investigated.