Gesundheitswesen 2011; 73(11): 784-785
DOI: 10.1055/s-0031-1295453
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Den Menschen im Blick

Zum 75. Geburtstag des Sozial- und Arbeitsmediziners Friedrich W. Schmahl
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23 November 2011 (online)

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F. W. Schmahl

TÜBINGEN. Prof. Friedrich W. Schmahl, emeritierter Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Tübingen, feierte am 28. September 2011 seinen 75. Geburtstag.

Im rheinländischen Velbert geboren verbrachte Friedrich W. Schmahl auch seine Kindheit und Jugend im niederbergischen Land. Nach dem Abitur nahm er in Marburg zunächst das Studium der Humanmedizin, der Mathematik und Physik auf, fokussierte im Verlauf aber ausschließlich auf das erste Studienfach. Dieses absolvierte er im Verlauf in Erlangen und schließlich in Heidelberg, wo er im Jahr 1961 bei Prof. Hans Schaefer mit einem Thema aus dem Bereich der Physiologie promoviert wurde. Anschließend an seine Tätigkeit als Medizinalassistent in Heidelberg und Mannheim wechselte Friedrich W. Schmahl im Jahr 1963 nach Marburg, wo er zunächst in der Physiologie, später auch – als Ausbildungsstipendiat der DFG – in der Physiologischen Chemie arbeitete. Ende 1965 begann er mit seiner Facharztweiterbildung im Fach Innere Medizin, zunächst am Universitätsklinikum Mainz, ab 1967 am Universitätsklinikum Gießen. Dort erlangte er den Facharzt in Innere Medizin. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten fokussierte er sich auf Themen im Bereich der Stoffwechselerkrankungen und zunehmend auf sozialmedizinische Fragestellungen. Die Habilitation erfolgte im Jahr 1972 an der Universität Gießen im Fach Innere Medizin. Bereits 1975 wurde ihm der Titel außerplanmäßiger Professor an der Universität Gießen verliehen. Im selben Jahr folgte Friedrich W. Schmahl der Einladung der Harvard Medical School, USA, als Gastprofessor im Fach Innere Medizin und Sozialmedizin. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland nahm Friedrich W. Schmahl zunächst seine vorherige Tätigkeit in Gießen wieder auf, bevor er im Jahr 1980 auf die Tübinger Professur für Sozialmedizin berufen wurde und damit die Leitung der im Jahr 1977 gegründeten Abteilung für Sozialmedizin am Institut für Arbeits- und Sozialmedizin (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Heinz Weichardt) übernahm. Am Tübinger Institut erwarb er auch die Facharztbezeichnung Arbeitsmedizin sowie die in den 80-er und 90-er Jahren geschaffenen Zusatzbezeichnungen Sozialmedizin und Umweltmedizin.

Im Jahr 1981 erhielt Friedrich W. Schmahl einen Ruf nach Berlin als Direktor und Professor am Bundesgesundheitsamt. Er blieb jedoch in Tübingen, übernahm nach der Emeritierung von Herrn Prof. Weichardt ab 1982 die kommissarische Leitung der dortigen Abteilung für Arbeitsmedizin und leitete das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin als Geschäftsführender Direktor. Ende 1982 wurde Friedrich W. Schmahl auf die Tübinger C4-Professur für Arbeits- und Sozialmedizin berufen und vereinigte in der Folge die beiden zuvor getrennten Abteilungen in einem Institut.

In den Jahren seiner Tübinger Tätigkeit erweiterte er nicht nur das Spektrum des zuvor arbeitsmedizinisch ausgerichteten Instituts um sozialmedizinische Fragen. Er förderte auch ein breites Spektrum von sozialmedizinischen sowie arbeits- und umweltmedizinischen Forschungsprojekten, die seine Mitarbeitenden in Zusammenarbeit mit ihm bearbeiteten Die Bandbreite der Projekte reichte von der analytischen Toxikologie in Arbeits- und Umweltmedizin über die Erfassung von Biomarkern bei arbeitsbedingtem Stress bis zu sozialmedizinischen Fragen mit einem Fokus auf die Versorgungsforschung und die Gesundheitssystemforschung. Ausgehend von seinen frühen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Physiologie und der Inneren Medizin lag sein eigener Fokus auf der Erforschung von Risikofaktoren für die Arteriosklerose und ihre Implikationen für die Sozial- und Arbeitsmedizin. Daneben galt sein besonderes Interesse Beschäftigten muslimischen Glaubens in Deutschland, indem er z. B. die Auswirkung des Fastens während des Ramadan auf die Arbeitsfähigkeit untersuchte. Er vertiefte hierüber auch aus sozialmedizinischer Perspektive Fragen nach sozialer Ungleichheit und Gesundheit.

Seine und die wissenschaftliche Arbeit der Mitarbeitenden des Instituts schlugen sich in mehreren internationalen Symposien zu Fragen der Sozial- und Arbeitsmedizin, zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen und von ihm herausgegebenen Büchern nieder. In den Jahren seiner Tätigkeit betreute er zahlreiche Doktoranden in Humanmedizin und in den Naturwissenschaften und begleitete eine sozialmedizinische und 2 arbeitsmedizinische Habilitationen am Tübinger Institut für Arbeits- und Sozialmedizin.

Entsprechend seines sozialmedizinischen Interesses ist Friedrich W. Schmahl seit dem Jahr 1977 Mitglied der Pugwash Conferences on Science and World Affairs, deren Arbeit im Jahr 1995 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Daneben ist er Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften wie z. B. der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention, der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, der Victor-von-Weizsäcker-Gesellschaft und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft für arbeitsmedizinische und umweltmedizinische Zusammenarbeit.

Daneben ist Friedrich W. Schmahl Mitglied des International Advisory Board der Zeitschrift „International Journal of Occupational Medicine and Environmental Health“, des Kuratoriums der überparteilichen Theodor Heuss Stiftung und des Kuratoriums der Carl Friedrich von Weizsäcker-Gesellschaft. In Tübingen begleitete er – selbst während seiner Studienzeit Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes – über mehr als 20 Jahre als Vertrauensdozent viele Stipendiatinnen und Stipendiaten dieses Begabtenförderungswerkes, stand als Ansprechpartner zur Verfügung und förderte sie in ihren Studienbiografien.

Bereits weit im Vorfeld seiner Emeritierung im Jahr 2006 bemühte sich Friedrich W. Schmahl um den Erhalt des Tübinger Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin. Als sich eine Finanzierung ausschließlich aus öffentlichen Mitteln als nicht mehr aussichtsreich erwies, konnte der Fortbestand des Tübinger Instituts letztlich in einer für Tübingen neuen Kooperation von Universität und Universitätsklinikum Tübingen mit der Privatwirtschaft erfolgreich gesichert werden.

Friedrich Schmahl bleibt der Arbeit des Tübinger Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin auch nach seiner Emeritierung eng verbunden und ist weiter in aktuelle sozialmedizinische Forschungsprojekte eingebunden. Die DGAUM e.V., die DGSMP e.V. und die Mitarbeitenden des Tübinger Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin wünschen ihm auch weiterhin viele gesunde und erfolgreiche Jahre.

Für die Mitarbeitenden des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Tübingen

Prof. Dr. med. Monika A. Rieger
Ärztliche Direktorin des Instituts für Arbeit- und Sozialmedizin

PD Dr. med. Elisabeth Simoes
Ärztliche Leiterin Schwerpunkt Sozialmedizin und Health Management

Dr. rer. nat. Sibylle Hildenbrand
Stellvertretende Leiterin des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin

Für den Vorstand der DGAUM e.V.
Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel
Präsident

Für den Vorstand der DGSMP e.V.
Dr. med. Gert von Mittelstaedt
Präsident