Zusammenfassung
Große supratentorielle raumfordernde ischämische Schlaganfälle betreffen zu einem
besonders großen Anteil jüngere Patienten und sind mit einer sehr hohen frühen Letalität
oder, wenn die Akutphase überlebt wird, immer mit einer bleibenden Behinderung behaftet.
Pathophysiologisch liegt diesem Infarkttyp ein sehr ausgedehntes und gleichzeitig
sich sehr rasch in den ersten Tagen nach dem Ereignis entwickelndes Hirnödem zugrunde.
Dies führt durch seine raumfordernde Wirkung zur Kompression von benachbarten und
schließlich auch von lebensnotwendigen anderen Gehirnarealen und damit unbehandelt
in 80–90% der Fälle meist innerhalb der ersten 2–4 Erkrankungstage zum Tod durch Herniation.
Aufgrund dieses unbehandelt raschen, meist fatalen Verlaufs werden diese Infarkte
auch als „maligne Mediainfarkte“ bezeichnet. Die hohe Letalität kann auch durch maximale
medikamentöse und intensivmedizinische Therapie kaum verringert werden. Der besonders
hohe Anteil derjenigen Patienten, die nach Überleben der Akutphase bei Verlassen der
Klinik schwer behindert sind, führte bis vor wenigen Jahren häufig zu Fatalismus bei
den Ärzten in Bezug auf die Behandlung solcher raumfordernder Hirninfarkte. Innerhalb
des letzten Jahrzehnts hat sich diese Einstellung zunehmend geändert, vor allem durch
den immer häufigeren Einsatz der Hemikraniektomie als chirurgisches Therapiekonzept,
dessen Effektivität zuletzt auch in randomisierten Studien zur Behandlung raumfordernder
Hirninfarkte bei jüngeren Patienten belegt werden konnte. Frühzeitig durchgeführt
senkt die Hemikraniektomie nicht nur die Letalität, sondern vermindert auch den Grad
der bleibenden Behinderung der überlebenden Patienten. Auch der lange Zeit angeführte
Hauptkritikpunkt, die Hemikraniektomie führe durch die Senkung der Letalität vor allem
zu einem erhöhten Anteil maximal behinderter, dauerhaft pflegebedürftiger und vollständig
abhängiger Patienten, konnte durch die randomisierten Studien widerlegt werden. Laufende
Studien bei raumfordernden Hirninfarkten beschäftigen sich mit der Übertragbarkeit
der Ergebnisse der randomisierten Studien zur Hemikraniektomie auf den klinischen
Alltag, mit deren Nutzen für ältere Patienten mit der Versorgung und Lebensqualität
der überlebenden Patienten sowie mit dem Nutzen der moderaten Hypothermie als zweitem
vielversprechenden Therapieverfahren zur Hirnödembehandlung.
Abstract
Space-occupying supratentorial ischaemic strokes are associated with high lethality
and disability, especially in younger patients. This type of stroke is characterised
by a large, early increasing brain oedema. Swelling causes secondary injury to other
brain regions and subsequent brain herniation and increases in intracranial pressure.
If untreated, space-occupying strokes lead to early clinical deterioration and to
death in 80–90% of patients. Therefore these strokes are described as “malignant”
strokes. The high mortality is only slightly reduced by medical therapies and intensive
care treatment. For many years, the high proportion of severely disabled patients
surviving large strokes led to therapeutic reluctance by treating physicians. During
the last decade this attitude has changed, mainly due to several randomised studies
showing the efficiency of hemicraniectomy in younger patients with malignant stroke.
Early hemicraniectomy not only increases the number of surviving patients but also
reduces the level of disability in surviving patients. Current clinical trials are
investigating whether the recent study results for hemicraniectomy can be confirmed
under clinical routine conditions. Ongoing studies will also evaluate the quality
of life in surviving stroke patients and evaluate their care situation. Another focus
of clinical research is the application of therapeutic hypothermia to treat malignant
stroke oedema.
Schlüsselwörter
Maligner Hirninfarkt - Hemikraniektomie - Osmotherapie - Hypothermiebehandlung - Schlaganfall
Keywords
space-occupying infarction - decompressive craniectomy - osmotic therapy - induced
hypothermia - stroke