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DOI: 10.1055/s-0031-1284044
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Beiträge zu Psychotherapie und Psychoanalyse in der Zeitschrift für Sexualforschung – Eine Würdigung
Publication History
Publication Date:
22 June 2012 (online)

Blättert man nur flüchtig in den Beiträgen zu Psychotherapie und Psychoanalyse, die in den letzten 25 Jahren in der Zeitschrift für Sexualforschung erschienen sind, dann bemerkt man, dass diese nicht der Behandlung sexueller Störungen im engeren Sinne gewidmet sind, sondern viel weitergehender dem Umgang mit sexuellen Problemen und den Fragen, welche dieser Probleme überhaupt einer Behandlung bedürfen und in welchem gesellschaftlichen Kontext solche Behandlungen erfolgen. Inhaltlich beziehen sich die Beiträge auf drei Patientengruppen: Patienten, die unter sexuellen Hemmungen leiden – sie werden meist als Störungen der Sexualität des Paares im Paar-Setting behandelt. Patienten, die therapeutische Begleitung bei „Geschlechtsumwandlung“ oder „Geschlechtsangleichung“ benötigen (auch hier verlieren die Autoren den gesellschaftlichen Kontext des jeweiligen Geschlechterdiskurses nicht aus den Augen), und Patienten, bei denen eine Störung der Sexualpräferenz diagnostiziert wird. Bei dieser dritten Gruppe ist der gesellschaftliche Kontext besonders wichtig, vor allem beim Umgang mit Formen von Sexualpräferenz, die zu gesellschaftlichen (Straf-) Sanktionen führen. Die Zeitschrift scheint somit den von Volkmar Sigusch im ersten Heft (1988) formulierten programmatischen Anspruch einer „kritischen Sexualwissenschaft“ eingelöst zu haben. Ich werde versuchen, das an prägnanten Beispielen aus den genannten drei Themenkreisen darzustellen.[1] Neben diesen drei nach Patientenproblemen geordneten Gruppen sollen aber auch interessante Arbeiten über wichtige Hintergründe psychotherapeutischer Ansätze – das Konzept des Triebes, des Traumas und der Weiblichkeit in der Psychoanalyse – Thema dieser zusammenfassenden Würdigung sein.
Literatur
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MissingFormLabel
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- 3 Arentevicz G, Schmidt G. Sexuell gestörte Beziehungen. Konzept und Technik der Paartherapie. 3.te bearbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 1993
MissingFormLabel
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MissingFormLabel
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MissingFormLabel
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Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens heute.
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Ambulante Psychotherapie mit im Maßregelvollzug untergebrachten Sexualstraftätern.
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Zur Dechiffrierung des Freudschen Triebbegriffs.
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MissingFormLabel
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Clement U.
Vom Ernst zum Spiel und zurück. Ein Aspekt der systemischen Sexualtherapie.
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MissingFormLabel
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Cohen-Kettenis P T.
Replik auf Bernd Meyenburgs „Kritik der hormonellen Behandlung Jugendlicher mit Geschlechtsidentitätsstörung“.
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MissingFormLabel
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Sexualität und Beziehungen in realen und virtuellen Räumen.
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MissingFormLabel
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Dekker A.
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MissingFormLabel
- 22
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Rezension: Beier KM (unter Mitarbeit von Ahlers C): Sexueller Kannibalismus. Sexualwissenschaftliche
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Z Sexualforsch.
2008;
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MissingFormLabel
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Döring N.
Sexualität im Internet.
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2008;
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MissingFormLabel
- 24
Döring N.
Der aktuelle Stand zur Pornographie-Ethik: Von der Anti- Porno- und Anti-Zensur- zu
Pro-Porno-Positionen.
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MissingFormLabel
- 25
Döring N.
Pornographie-Kompetenz: Definition und Förderung.
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MissingFormLabel
- 26
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Sexuelle Konflikte im Alter. Ein Fallbericht.
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MissingFormLabel
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Frick-Bruder V.
Verlangen nach Mutterschaft bei fehlendem Kinderwunsch.
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MissingFormLabel
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MissingFormLabel
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Hanson R K, Bourgon G, Helmus L, Hodgson S.
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MissingFormLabel
- 30
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MissingFormLabel
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MissingFormLabel
- 32
Hill A.
Wirkung des Pornographiekonsums bei Jugendlichen. Ein Überblick über die empirische
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MissingFormLabel
- 33
Hirsch M.
Inzest zwischen Phantasie und Realität. Über die Schwierigkeit, psychoanalytische
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MissingFormLabel
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MissingFormLabel
- 35
Kleber R.
Ausgewählte Aspekte der Praxis der Paartherapie am Beispiel der Dynamik des Therapeutenpaares.
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MissingFormLabel
- 36
Knapp-Lackinger A.
Ejaculation präcox im psychoanalytischen Diskurs.
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MissingFormLabel
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Kratky-Dunitz M, Scheer P J.
Transsexuelle Symptomatik bei einem 15-jährigen Jungen. Bericht über die ersten zwei
Jahre einer Psychotherapie.
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Kröger U.
No Cure but Control. Die Behandlung von Sexualdelinquenten in einer forensischen Klinik.
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MissingFormLabel
- 39
Lange C.
Das Gleiche ist nicht dasselbe. Subversive Elemente des Paar-Therapie-Settings im
Hinblick auf das Geschlechterverhältnis am Beispiel der Lustlosigkeit.
Z Sexualforsch.
1994;
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MissingFormLabel
- 40
Laszig P, Knauss W, Clement U.
Psychotherapeutische Begleitung einer transsexuellen Entwicklung.
Z Sexualforsch.
1995;
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MissingFormLabel
- 41
Lewandowski S.
Lauter Lobreden – 25 Jahre Soziologie in der Zeitschrift für Sexualforschung.
Z Sexualforsch.
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MissingFormLabel
- 42
Linsenhoff A.
„Übungen“ in der Psychotherapie sexueller Funktionsstörungen.
Z Sexualforsch.
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MissingFormLabel
- 43
Machlitt K.
Schuld, Scham und Wiedergutmachung in der Therapie sexuell grenzverletzender Jugendlicher.
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MissingFormLabel
- 44 Marshall W L, Marshall L E, Serran G A, O'Brien M D. Rehabilitating Sexual Offenders. A Strength-Based Approach. Washington D.C.: American Psychological Association; 2011
MissingFormLabel
- 45
Meyenburg B.
Aus der Psychotherapie eines transsexuellen Patienten.
Z Sexualforsch.
1992;
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MissingFormLabel
- 46
Meyenburg B.
Kritik der hormonellen Behandlung Jugendlicher mit Geschlechtsidentitätsstörung.
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1994;
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MissingFormLabel
- 47
Nieder T, Jordan K, Richter-Appelt H.
Zur Neurobiologie transsexueller Entwicklungen – Eine Diskussion der Befunde zu Sexualdifferenzierung,
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MissingFormLabel
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- 49
Person E S, Ovesey L.
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203-206
MissingFormLabel
- 50
Poluda-Korte E.
Sexualität in der Gegenübertragung.
Z Sexualforsch.
1993;
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189-198
MissingFormLabel
- 51
Priebe B.
Rückfallsprophylaxe bei jungen Sexualstraftätern.
Z Sexualforsch.
2008;
1
249-268
MissingFormLabel
- 52
Qinodoz D.
Ein / e Transsexuelle / r Patient / in in Psychoanalyse.
Z Sexualforsch.
1999;
12
287-307
MissingFormLabel
- 53
Reiche R.
Aids im individuellen und kollektiven Unbewussten.
Z Sexualforsch.
1988;
1
113-122
MissingFormLabel
- 54
Reiche R.
Triebkonflikte und ihre Masken.
Z Sexualforsch.
1990;
3
218-230
MissingFormLabel
- 55
Schmidt G.
Über die Tragik pädophiler Männer.
Z Sexualforsch.
1999;
12
133-139
MissingFormLabel
- 56 Schmidt G. Das Verschwinden der Sexualmoral. Über sexuelle Verhältnisse. München: Klein Verlag; 1996
MissingFormLabel
- 57
Schmidt G, Matthiesen S.
„What Do Boys Do with Porn?“ Ergebnisse einer Interviewstudie, Teil 2.
Z Sexualforsch.
2011;
24
353-378
MissingFormLabel
- 58
Sigusch V.
Was heißt kritische Sexualwissenschaft?.
Z Sexualforsch.
1988;
1
1-29
MissingFormLabel
- 59
Sigusch V.
Organotherapie bei sexuellen Funktionsstörungen.
Z Sexualforsch.
1995;
8
329-352
MissingFormLabel
- 60
Sigusch V.
Viagra. Forschungsstand.
Z Sexualforsch.
2000;
13
311-345
MissingFormLabel
- 61
Sigusch V.
Sexualwissenschaftliche Thesen zur Missbrauchsdebatte.
Z Sexualforsch.
2010;
23
247-257
MissingFormLabel
- 62
Simon W.
Devianz als Geschichte. Die Zukunft der Perversionen.
Z Sexualforsch.
1995;
8
101-121
MissingFormLabel
- 63
Steensma D T, Cohen-Kettenis P T.
Gender Transitioning Before Puberty?.
Arch Sex Behav.
2011;
40
649-650
MissingFormLabel
- 64
Stulhofer A, Schmidt G, Landribet I.
Pornographie-Konsum in Pubertät und Adoleszenz. Gibt es Auswirkungen auf sexuelle
Skripte, sexuelle Zufriedenheit und Intimität im jungen Erwachsenenalter?.
Z Sexualforsch.
2009;
22
13-23
MissingFormLabel
- 65
Weinel E.
Psychoanalytische Psychotherapie im Spannungsfeld von Sexualität und Tod.
Z Sexualforsch.
1996;
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MissingFormLabel
- 66
Wendt F, Kröber H L.
Lebensverläufe und Delinquenz von älteren Pädophilen.
Z Sexualforsch.
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MissingFormLabel
- 67
Zeul M.
Die Bedeutung der homosexuellen Phase für die Entwicklung der Weiblichkeit.
Z Sexualforsch.
1994;
7
313-325
MissingFormLabel
1 Probleme mit der Geschlechtsidentität werden in dieser Zusammenfassung nur gestreift, da sie im Zentrum des nächsten Jubiläumsbeitrages stehen werden. Hertha Richter-Appelt schreibt in Heft 3_2012 über Geschlecht, Geschlechtsidentität, Transsexualität und Intersexualität.
2 vgl. „Systemische Sexualtherapie“ (Clement 2001) und „Vom Ernst zum Spiel und zurück“ (Clement 2004)
3 In dieser Arbeit wird auch die Dynamik zwischen Funktionsstörungen, Geschlechtsidentitäts-Empfindung und Tendenzen zu außergewöhnlichen sexuellen Präferenzen behandelt. Gezeigt wird, wie das Eine die anderen Beiden jeweils beeinflusst und dass man daher bei Behandlung des einen nie die anderen beiden Themen aus den Augen verlieren sollte.
4 Letzteres gilt wohl nur für die weibliche Perversion, da manche sarkastisch oder ironisch davon ausgehen, dass Frauen, von denen es bisher hieß, dass sie höchstens „Co-pervers“ seien, nun auch in der Perversion mit Männern gleichziehen wollen.
5 Nach Schmidt (1996) hat die sogenannte Verhandlungsmoral andere Formen von Sexual-Moral und Sexual-Ethik in modernen pluralistischen Gesellschaften abgelöst, vgl. zur „Verhandlungsmoral“ Schmidt 1999, Berner 2011 und Lewandowski 2012 in dieser Zeitschrift.
6 Berner (2009) berichtet einen Einzelfall, bei dem der Pornografiekonsum einen so schweren suchtartigen Verlauf nahm, dass der Betroffene seinen Arbeitsplatz verlor. In der Einzeltherapie zeigte sich ein deutlich aggressionsgehemmter Patient, der kaum in der Lage war, Beziehungen einzugehen und mit Hilfe des suchtartigen Konsums Konflikten auswich.
7 Das Thema HIV / Aids wird im Laufe der Jahre in verschiedenen sozialpsychologischen, politischen und soziologischen Analysen behandelt, der Aspekt der psychotherapeutischer Betreuung von an Aids erkrankten Patienten taucht jedoch selten auf.
Prof. em. Dr. med. W. Berner
Rothenbaumchaussee 7
20148 Hamburg
Email: bernerwolfgang44@googlemail.com