Zentralbl Chir 2013; 138(2): 151-156
DOI: 10.1055/s-0031-1283948
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ärztliche Ressourcennutzung in der Chirurgie auf dem Prüfstand – eine Worksampling-Analyse an einer deutschen Universitätsklinik

Benchmarking Surgical Resources – A Work Sampling Analysis at a German University Hospital
J. Schuld
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
,
M. Bobkowski
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
,
R. Shayesteh-Kheslat
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
,
O. Kollmar
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
,
S. Richter
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
,
M. K. Schilling
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Mai 2012 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung: Der Mangel an chirurgischem Nachwuchs und die zunehmende Belastung durch fachfremde Dokumentationsaufgaben im ärztlichen Bereich führen zu einer Verdichtung der Arbeitsintensität in chirurgischen Kliniken. Studien belegen eine Überbelastung chirurgischer Fächer durch eine hohe Wochenarbeitszeit und einen hohen Anteil an ärztlicher und nichtärztlicher Dokumentation. Ziel der Studie war es, mittels einer Multimomentaufnahme (Worksampling-Analyse) die Arbeitsverteilung in einer chirurgischen Klinik zu evaluieren, an welcher durch den systematischen Einsatz eines IT-gestützten Prozessmanagements Arbeitsabläufe standardisiert und verschlankt wurden. Darüber hinaus werden die erhobenen Daten mit thematisch ähnlichen Studien verglichen.

Material und Methoden: Basierend auf den Ergebnissen einer vorausgegangenen hausinternen Pilotstudie, welche als unabhängige Fremdbeobachtung durchgeführt worden war, erfolgte die Festlegung einer zweidimensionalen Matrix bezüglich der medizinischen Tätigkeit (13 Unterpunkte) und der Art des Patientenkontaktes (5 Unterpunkte). Anhand der Matrix wurde mittels Eigenbeobachtung über einen Zeitraum von 10 Tagen von jedem Mitarbeiter 1 × pro Stunde die aktuelle Tätigkeit und die Art des Patientenbezuges dokumentiert. Nach Abschluss der Eigenbeobachtung wurde von jedem Mitarbeiter die individuelle Arbeitsverteilung geschätzt und mit der reell dokumentierten Verteilung verglichen. IT-gestützte klinische Behandlungspfade werden in der Klinik seit 2004 eingesetzt.

Ergebnisse: Über einen Zeitraum von 10 Werktagen wurden von 21 Chirurgen (14 Assistenten, 7 Oberärzte) 1830 Messpunkte in Eigenbeobachtung dokumentiert. Hiervon entfielen 30,2 % für die Teilnahme an Operationen oder direkte ärztliche Maßnahmen am Patienten. Während 13,9 % nahmen die Probanden an Besprechungen teil, 10,8 % wurden für ärztliche Dokumentation aufgewendet. Das Studium von Patientenunterlagen (9,2 %) und die Visiten (9,0 %) beanspruchten ähnlich viel Zeit. In 14 % aller Tätigkeiten bestand kein Patientenbezug. Reelle und geschätzte Arbeitsverteilung stimmten für die 5 häufigsten Tätigkeiten sehr genau überein.

Schlussfolgerung: Die Multimomentaufnahme in der Chirurgie stellt ein valides Verfahren zur Evaluation des Arbeitsablaufes im Rahmen einer Eigenbeobachtung dar. Bezüglich des geschätzten Arbeitsaufwandes und des reell dokumentierten besteht eine hohe Übereinstimmung. Die gesetzeskonforme wöchentliche Arbeitszeit in der Chirurgie ist limitiert. Um ein Maximum an direktem Patientenkontakt zu erreichen, muss die ärztliche Dokumentation durch klar definierte Standards auf ein Minimum reduziert werden. Als mögliches Instrument hierfür können IT-gestützte klinische Behandlungspfade dienen.

Abstract

Introduction: Work densification caused by lack of young surgeons with increased clinical documentation keeps surgeons busy. It is proven by many studies that surgeons work significantly longer hours per week and deal with a larger amount of medical and non-medical documentation than staff members in conservative disciplines. The aim of the study was to investigate surgeons work distribution in a surgical university department and to evaluate by means of a work sampling analysis whether it can be standardised and slimmed down by systematic use of IT-supported, process-managed work-flow. In addition the data obtained are compared wuith those from other studies on similar topics.

Methods: Based on the results of an independent pilot observational study, 21 surgeons (14 residents, 7 staff surgeons) had to document over a 10-day period in a self-observation once in an hour their actual activity in a two dimensional matrix concerning medical activity (13 items) and patient contact (5 items). After the study, each physician had to estimate his / her own work distribution. Real percentages of the self-observation study were compared to the physicians’ estimates of work distribution. IT-supported clinical pathways have been implemented since 2004 in our department.

Results: Over a ten-day evaluation period (1830 observation points), surgeons spent 30.2 % of their activity in the operating theatre or on direct patient care. During 13.9 % they were in meetings and they spent 10.8 % of their time on documentation. Time needed for studying medical records (9.2 %) and ward rounds (9.0 %) ranged in a similar way. There was a significant accordance of estimated and real work distribution concerning the 5 most frequent daily activities. In only 14 % there was no direct patient relationship.

Conclusion: Application of work sampling analysis in surgery is a valid procedure for the evaluation of work flows in the course of personal observations. Surgeons working time in a hospital is limited. To achieve a maximum of direct patient care, clinical documentation has to be optimised by process automatisation within the context of IT-supported clinical pathways. Surgeons are able to estimate very exactly the distribution of their daily activities so that data of working time estimations is valuable.