Ultraschall Med 2011; 32(4): 412-414
DOI: 10.1055/s-0031-1281591
Congress Afterthoughts

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dreiländertreffen Mainz 2010 – eine Nachlese aus internistischer Sicht

K. Seitz1
  • 1Innere Medizin, Kreiskrankenhaus Sigmaringen
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Publication Date:
01 August 2011 (online)

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Wie zu jedem Dreiländertreffen geht der Ultraschallfreak, weil er wissen möchte, was ist wirklich neu, was ist en vogue, was ist relevant und was hat sich bewährt. Dieses Mal hat es sich gelohnt, die Organisation war perfekt, das Refresherprogramm exzellent wie immer, die Sono-Höhle – warum heißt sie so – ergiebig und es war reichlich Gelegenheit zur Diskussion mit Experten und Kollegen. Das Positive vorweg: Gegenüber den Vorjahren scheint sich etwas getan zu haben, das Publikum war jünger und man sah mehr neue Gesichter als Vortragende und als Besucher.

Im wissenschaftlichen Programm wurden im Themenkomplex Innere Medizin/Radiologie/Chirurgie 38 Vorträge und 47 Poster präsentiert, was gegenüber 2008 und 2009 einer Zunahme von gut 25 % entspricht [1] [2]. Auch die Qualität der Beiträge hatte zugenommen. 40 Beiträge entsprachen vom Aufbau her einer Studie, davon waren 28 prospektiv angelegt und 28 mit Fallzahlen größer 30. Von diesen Studien wurden 9 als Poster präsentiert. Von den 12 retrospektiven Studien, die als Vorträge vorgestellt wurden, lag die Fallzahl jeweils > 30. Die Studien stammten ganz überwiegend aus deutschen Universitätskliniken. Dies kann ein erster Hinweis sein, dass sich einerseits der Ultraschall endlich an den Universitäten „berappelt”, gesichert kann diese Meinung jedoch nur gelten, wenn der Trend anhält und sich in Zukunft mehr Universitätskliniken mit Beiträgen präsentieren. Umgekehrt haben offensichtlich die Kollegen aus nicht universitären Einrichtungen weniger Zeit, sich neben ihrer Routinearbeit der „Ultraschallforschung” zu widmen, dies ist vermutlich der weiter zunehmenden Arbeitsverdichtung und dem Ärztemangel geschuldet.

Im Vordergrund standen erwartungsgemäß die Themen Elastografie in verschiedenen Varianten und CEUS, aber auch Themen, die verschiedene Bereiche des Ultraschalls reflektierten.

Im Themenblock Elastografie der Leber wurden erste Ergebnisse mit neuen technologischen, offensichtlich funktionierenden Ansätzen bzw. Lösungen verschiedener Hersteller vorgestellt [3] [4] [5]. Falls sich die verschiedenen derzeitig erhältlichen technischen Realisationen durchsetzen sollten, wird man zumindest für einige Zeit mit herstellerabhängig physikalisch unterschiedlichen Messwerten leben müssen. Neben dem Fibroscan als Referenzmethode hat sich ARFI mit weiteren sehr gut reproduzierbaren Messergebnissen bei Leberfibrose und Zirrhose weiter etabliert [6] [7] [8]. Zum Nachweis der portalen Hypertension erwies sich die Elastografie der Milz im Vergleich zur Leber unterlegen [9]. ARFI zeigte in unterschiedlichen Organen zwar unterschiedliche Scherwellengeschwindigkeiten, allerdings mit teils hohen Streubreiten, was die Aussage außerhalb der Leber stark einschränken dürfte [10]. Noch etwas optimistisch erscheint die Einschätzung der EUS-Elastografie als sinnvolle Ergänzung zur Dignitätsbeurteilung gastrointestinaler Tumorformationen bei 20 Patienten mit unterschiedlichsten Tumorentitäten [11].

Der Stellenwert von CEUS zeigt auch bei kleinen soliden Leberraumforderungen, sowohl kleiner 20 als auch kleiner 10 mm, eine hohe diagnostische Treffsicherheit in der Differenzialdiagnose B-Bild-sonografisch ungeklärter Leberläsionen [12]. Kostenberechnungen anhand der DEGUM-Studie belegen die Effektivität von CEUS als primär einzusetzendes Verfahren mit einer errechneten Kostenersparnis von 88 – 123 € je Fall [13]. Auf die klinisch wichtige, methodisch bedingt eingeschränkte Differenzialdiagnose von Leberherden mit CEUS bei Portalthrombose wurde zu Recht hingewiesen [14]. CEUS ermöglichte in einer Pilotstudie bei akuter Pyelonephritis erwartungsgemäß die Detektion von Abszessen und die Darstellung von Perfusionsunterschieden in der Niere [15]. Weitere neue CEUS-Anwendungen ergeben sich bei der frühzeitigen Analyse des Therapieansprechens antiangiogentischer Therapeutika, wie an 20 Fällen mit HCC berichtet wurde [16], zwischenzeitlich erfolgte in dieser Zeitschrift zu diesem Thema auch eine Publikation [17].

Der DEGUM-Innovationspreis wurde Herrn Heizmann für seinen Beitrag zur endokavitären Anwendung von CEUS vergeben. Er berichtete über die KM-Sonografie der Gallengänge und des D. Wirsungianus und nach oraler Gabe im GI-Trakt sowie in Fisteln, Drainagen und Abszesshöhlen [18]. Auch Westkott und Höpfner stellten eine Erfolg versprechende Machbarkeitsstudie am GI-Trakt vor [19]. Die Messung der mesenterialen Transitzeit mittels CEUS-Gabe zeigt sich nach Nahrungsaufnahme verkürzt [20], jedoch konnte keine Korrelation der mesenterialen Transitzeit mit der Entzündungsaktivität bei leicht- bis mittelgradig aktivem Morbus Crohn nachgewiesen werden [21]. Bei 116 Nebennierenraumforderungen konnte mittels Zeitaktivitätskurven benigne und maligne Tumore recht gut getrennt werden [22].

Über den enormen Einfluss der CEUS in der Routinediagnostik auf die Ausstattung und Beschaffung in Ultraschalleinrichtungen weist Wüstner hin [23], in diesem Zusammenhang ist auch auf den Kostenvergleich der verschiedenen bildgebenden Verfahren hinzuweisen [13] [24] [25]. Die übrigen Beiträge zum Thema CEUS bestanden überwiegend aus Kasuistiken mit naheliegenden oder bekannten Anwendungen [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32].

Erfreulich angestiegen waren die Beiträge zur Endosonografie, hervorzuheben ist die Aktivität zur prospektiven Qualitätserfassung der EUS in Deutschland mit mehr als 150 registrierten Untersuchern; mittlerweile sind die Indikationen, Ergebnisse und Komplikationen von mehr als 6000 Untersuchungen erfasst [33]. Erneut wurde die Bedeutung des wenig angewandten IDUS zur Diagnostik von Gallengangsstenosen [34] herausgestellt, ebenso EUS-geführte Drainagetechniken am Gallen- und Pankreasgang [35] [36]. Weiter wurden erste Studien mit allerdings noch kleinen Fallzahlen zur 3-D-EUS und EUS-Elastografie zur Untersuchung gastrointestinaler Tumore [37] und zur EUS-CEUS bei zystischen Pankreasläsionen [38] vorgestellt.

Fusion Imaging wurde als innovatives Feature von Westkott und Höpfner an der Leber validiert, ihre Studie an 116 Patienten ermöglichte eine erfolgreiche Bildfusion mit CT oder MRT bei 88 % der Untersuchten. Limitierende Faktoren waren die üblichen US-Hindernisse und Veratmung. Sie sehen Vorteile für die Ergebnisse der Bildfusion bei diskrepanten Befunden und auch in der Charakterisierung von Leberläsionen [39].

Mehrere Beiträge beschäftigten sich mit prospektiv erfassten Komplikationen bei ultraschallgeführten Punktionen. Bei 274 abdominellen Punktionen einschließlich therapeutischer Interventionen fanden sich kein Unterschied bei der Graduierung des postpunktionellen Schmerzes bei Leber- und Pankreaspunktionen, 5-mal ein Hämoglobinabfall > 2g% (eine Blutung war transfusionsbedürftig) und ein Todesfall, hier darf man auf die Ergebnisse der längerfristig angelegten Studie gespannt sein [40]. Weiter wurden die an der Ulmer Medizinischen Universitätsklinik über 10 Jahre prospektiv erfassten Punktionskomplikationen vorgestellt. Bei 2280 Leberpunktionen [41] kam es zu 12 Blutungen insgesamt (1,2 %), jedoch nicht bei den Punktionen zur Feinnadelaspirationszytologie (n = 586, Nadeldurchmesser 0,7 mm). Bei insgesamt 469 Patienten mit Lymphknotenpunktionen, darunter 55 % intraabdominell, traten keine Komplikationen auf [42], bei 281 Pankreasbiopsierten kam es bei einem Patienten zu einer Majorkomplikation [43].

Kratzer [44] stellte erneut eine Umfrage zur Forschungssituation in der Abdominalsonografie in deutschen Universitätskliniken vor, leider konnte er über keine nennenswerte Verbesserung der Situation gegenüber 1999 berichten. Dagegen hat sich in diesem Zeitraum die Ausstattung mit Geräten stark und die Ausbildungssituation leicht verbessert. Die Ausbildungssituation der Studenten habe sich wesentlich verbessert, nach wie vor ist die DEGUM ist mit Seminarleitern weiterhin unzureichend vertreten (19 %) [45].

Folgende interessante Beiträge aus benachbarten Disziplinen verdienen besondere Beachtung. Das retrobulbäre Spot Sign kann als Zeichen einer Embolisation der Zentralarterie bei plötzlichem Visusverlust gelten, differenzialdiagnostisch ist der Nachweis eines perivaskulären Halos bei Arteriitis temporalis möglich. Die Veränderungen werden im Rahmen einer prospektiven Studie untersucht [46], zwei Fallberichte wurden 2010 publiziert [47]. Auf die ultraschallgestützte Therapie eingewachsener PEG-Halteplatten (Buried-Bumper-Syndrom) weisen uns pädiatrische Kollegen hin [48], eine Komplikation, die sich sicherlich wesentlich häufiger bei Adulten findet. Die selten vorkommende und potenziell lebensbedrohliche postpartale Ovarialvenenthrombose kann sonografisch offensichtlich recht sicher diagnostiziert werden, wie eine Serie von 12 Fällen zeigt, die F. Sanchéz vorstellte [49], bei postpartalem Unterbauchschmerz mit Fieber sollte an diese Diagnose gedacht werden.

Literatur

Priv. Doz. Dr. K. Seitz

Innere Medizin, Kreiskrankenhaus Sigmaringen

Hohenzollernstr. 40

72488 Sigmaringen

Email: k.seitz@klksig.de