ergopraxis 2011; 4(3): 14
DOI: 10.1055/s-0031-1274914
wissenschaft

Wissenschaft nachgefragt – Mit Power zurück in den Job

Nora Sieweke
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. März 2011 (online)

Inhaltsübersicht

    Empowerment ist der persönliche Prozess der Selbstbefähigung nach einer Krise. Die Frage, wie Ergotherapeuten diesen bei neurologischer Klientel fördern und so den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern können, beantwortet Karoline Warnken.

    Karoline Warnken setzte sich in ihrer Abschlussarbeit im Rahmen ihres Bachelorstudiums an der Fachhochschule Osnabrück mit der Frage auseinander, inwieweit Empowerment in der beruflichen Wiedereingliederung überhaupt stattfindet. Außerdem untersuchte die Ergotherapeutin in ihrer qualitativen Studie, welche Faktoren den Empowerment-Prozess am Arbeitsplatz von Klienten nach einer Hirnschädigung fördern. Dazu beleuchtete sie drei Rehabilitationsverläufe der stufenweisen Wiedereingliederung und befragte drei Klienten zu ihren Bedürfnissen sowie drei Job Coaches zu ihrem Vorgehen und ihren Erfahrungen.

    Warnken kam zu dem Ergebnis, dass empowermentorientiertes Vorgehen auf mehreren Ebenen stattfindet. Die Beziehung zwischen dem Job Coach und dem Klienten nimmt dabei eine wesentliche Rolle ein. Die Therapeutin sieht den Klienten als Experten für seine Person und seinen Beruf. Die Intervention selbst orientiert sich an den Ressourcen, fördert eine selbstbestimmte Klientenrolle und enthält spezifische Inhalte des Job Coachings für Menschen mit Hirnverletzungen. Das Job Coaching, auch betriebliches Arbeitstraining genannt, ist eine bedarfsorientierte Bildungsmaßnahme mit dem Ziel, die Belastbarkeit des Klienten an seinem Arbeitsplatz zu steigern. Sie findet im direkten Kontakt zu Vorgesetzten und Kollegen des betroffenen Arbeitnehmers statt.

    Der Job Coach befähigt den Klienten mithilfe der natürlichen und realitätsnahen Empowerment-Strategie an seinem tatsächlichen Arbeitsplatz, Verantwortungsbereiche nach und nach wieder selbstständig zu übernehmen, und stärkt ihn so in seiner Rolle als Arbeitnehmer. Durch das empowermentorientierte Job Coaching können Therapeuten Klienten noch effektiver in ihrer Partizipation und Autonomie unterstützen und somit auch die Qualität der ergotherapeutischen Arbeit optimieren.

    • Müller K. Empowerment in der stufenweisen Wiedereingliederung von Menschen nach Hirnverletzungen – eine qualitative Studie. Bachelorarbeit an der Fachhochschule Osnabrück, Studiengang Ergotherapie/Physiotherapie/Logopädie; 2009

    Interview

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    Karoline Warnken (geb. Müller) absolvierte 2010 ihr Studium an der FH Osnabrück, welches sie parallel zur Ergotherapie-Ausbildung an der Völkerschule aufnahm. Im Rahmen des Studiums durchlief sie ein einjähriges Praktikum in einer Einrichtung für berufliche Qualifizierung neurologischer Klienten. Anschließend arbeitete sie in einem Kinderheim mit Kindern und Jugendlichen mit einer Schwerstmehrfachbehinderung. Heute ist sie als Gruppenleiterin im Berufsbildungsbereich einer WfbM tätig.

    Wie entstand die Idee zu Ihrer Bachelorarbeit?

    Während meines Praktikums in einer Einrichtung für berufliche Qualifizierung lernte ich das Job Coaching kennen. Dort wurde mir klar, dass die berufliche Integration ein wesentliches Handlungsfeld für Ergotherapeuten in Bezug auf die Befähigung des Klienten darstellt. Schon als ich mich im Rahmen einer Hausarbeit mit dem Thema „Compliance” auseinandersetzte, stolperte ich immer wieder über den Begriff „Empowerment”, der jedoch zum größten Teil im psychiatrischen Arbeitsfeld auftaucht. Da ich während meines Praktikums Klienten mit neurologischen Krankheitsbildern betreute, kam ich auf die Idee, diesen Bereich im Hinblick auf Empowerment zu beleuchten.

    Planen Sie, Ihre Arbeit weiterzuentwickeln?

    Es wäre sehr schön und vor allem sinnvoll, die Erkenntnisse aus meiner Bachelorarbeit praktikabel zu machen, zum Beispiel in Form eines Konzepts oder eines Leitfadens zur Empowerment-Strategie. Außerdem würde ich gerne herausfinden, inwiefern sich das Empowerment-Konzept auf andere Fachbereiche adaptieren ließe.

    Was hat Ihnen die Bachelorarbeit gebracht?

    Ich hatte in dieser Zeit die Möglichkeit, mich intensiv mit dem Thema „Empowerment” auseinanderzusetzen. Das führte dazu, dass ich mich noch stärker in der Rolle als Ergotherapeutin reflektierte. Ich stellte mir die Frage, warum das Konzept des Empowerments noch keinen festen Platz in der Ergotherapie eingenommen hat, wo es doch so gut mit unseren Kompetenzen zu vereinbaren ist. Empowerment ist schließlich ein wesentlicher Faktor unserer Arbeit, passiert jedoch meist intuitiv.

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