Laryngorhinootologie 2011; 90(5): 260-261
DOI: 10.1055/s-0031-1272626
Referiert und diskutiert

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Idiopathischer sensorineuraler Hörverlust – Besteht ein genetisches Risiko?

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Publication Date:
10 May 2011 (online)

 

Neben vaskulären, infektiologischen und immunologischen Ursachen werden erbliche Faktoren als Ursache für einen idiopathischen sensorineuralen Hörverlust (ISSNHL) diskutiert. Wie bei anderen multifaktoriellen Erkrankungen spiegelt sich die ätiologische Vielfalt in der Heterogenität der Symptome wider. Ärzte aus Bochum und Essen haben analysiert, ob Zusammenhänge zwischen klinischem Erscheinungsbild und Familienanamnese bestehen. Eur Arch Otorhinolaryngol 2010; 267: 1843–1848

186 Patienten nahmen an der Untersuchung teil. Männer und Frauen waren etwa gleich häufig vertreten. Der jüngste Patient war 7, der älteste 86 Jahre alt (Durchschnittsalter: 58 Jahre). Alle Patienten wurden stationär mit einer Kombinationstherapie aus Prednisolon, Pentoxifyllin und einem Plasmaexpander behandelt. Die Kontrollgruppe bildeten 75 Teilnehmer ohne Hörminderung.

20% waren vor dem ISSNHL starkem Lärm ausgesetzt gewesen. 21,4% hatten eine positive Familienanamnese. In mehr als der Hälfte der Fälle waren Verwandte 1. Grades betroffen gewesen. In der "hereditären" Gruppe waren mehr Frauen als Männer (61,1 vs. 38,9%) und das Durchschnittsalter war 4,4 Jahre geringer. Die Prädominanz der Frauen erklären sich die Autoren durch die höhere Aufmerksamkeit von Frauen gegenüber ihren Familienangehörigen. Erblich vorbelastete Patienten hatten häufiger Episoden mit Hörverlust als die anderen Patienten (3,6 vs 2,9). Die Unterschiede erreichten nicht das Signifikanzniveau.

Alle Patienten mit ISSNHL profitierten von der Therapie. Der durchschnittliche Hörverlust vor und nach der Behandlung unterschied sich für Patienten mit oder ohne positive Familienanamnese nicht. In der positiven Gruppe waren 43 Raucher, die durchschnittlich 15,2 Jahre jünger waren als die übrigen Betroffenen (p < 0,001). Der Anteil der Raucher unter den Patienten mit erblicher Disposition entsprach der Gesamtverteilung. Sie hatten tendenziell mehr ISSNHL-Attacken und regenerierten schlechter. Im Vergleich mit nicht rauchenden Patienten ohne erkrankte Angehörige besserte sich das Hörvermögen nur um 51% (7,92 vs. 15,5 dB; p=0,546).

Einzelne Patienten hatten eine Infektion in der Vorgeschichte. Dabei kamen Gürtelrosen, Lyme-Erkrankung, Toxoplasmose und Syphilis vor. Zwei Erkrankte hatten eine manifeste Hypothyreose und ein Patient eine fibromuskuläre Dysplasie. Bei den übrigen 68 Patienten fand sich keine mögliche Ursache für den ISSNHL.