Dialyse aktuell 2010; 14: S28-S29
DOI: 10.1055/s-0031-1271932
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Therapie mit Epoetin-alfa-Biosimilar im integrierten Anämiemanagement (KATIA) – Ergebnisse einer multizentrischen, prospektiven Beobachtungsstudie

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24 January 2011 (online)

 
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Chronisch niereninsuffiziente Patienten leiden häufig an einer renalen Anämie. Die Hauptursache ist eine unzureichende Produktion des Wachstumsfaktors Erythropoetin durch die erkrankte Niere. Anämie und chronische Niereninsuffizienz sind unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung und für eine erhöhte Mortalität [1]. Die Leitlinien sehen zur Behandlung der symptomatischen renalen Anämie neben der intravenösen Eisengabe die Therapie mit Epoetin vor [2]. Die Behandlung mit Epoetin führt zu einem verminderten Transfusionsbedarf und einer verbesserten Lebensqualität [3]. Die Prävalenz und Schwere der renalen Anämie nehmen mit nachlassender Nierenfunktion zu [4]. Mehr als 85 % der deutschen Hämodialysepatienten sind auf die Gabe von Epoetinen angewiesen [5].

Epoetin alfa ist seit mehr als 20 Jahren zur Therapie der renalen Anämie zugelassen. Als erstes Biosimilar von Epoetin alfa wurde Abseamed® 2007 in Deutschland eingeführt. In mehreren kontrollierten, doppelblinden Vergleichsstudien gegen den Originator wurden die vergleichbare Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit nachgewiesen [6], [7]. In einer multizentrischen, prospektiven Beobachtungsstudie wurde nun erstmals der Routinegebrauch dieses Epoetin-alfa-Biosimilars in deutschen Dialysezentren über einen Zeitraum von 6 Monaten untersucht. Neben der Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit sollte der Einfluss verschiedener Begleiterkrankungen auf den Dosisbedarf untersucht werden.

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Hintergründe zur Studie

In die nicht interventionelle Dokumentation des Routinegebrauchs wurden Hämodialysepatienten mit renaler Anämie eingeschlossen, die auf die intravenöse Gabe des Epoetin-alfa-Biosimilars eingestellt worden waren. Neben demografischen Patientendaten sollten die Therapie mit Abseamed®, die Begleitmedikation, Begleiterkrankungen und eine Reihe von Laborparametern über einen Zeitraum von 6 Monaten dokumentiert werden. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE) sollten für jeden Patienten dokumentiert werden.

Zwischen November 2007 und Dezember 2008 wurden die Daten von 932 Hämodialysepatienten aus 76 Dialysezentren in der nicht interventionellen Studie (NIS) dokumentiert und als Sicherheitskollektiv (ITT: "intention to treat") ausgewertet. Für 344 Patienten lag die komplette Dokumentation von 7 Visiten über einen Zeitraum von 6 Monaten vor, wie es gemäß Beobachtungsplan vorgesehen war. Diese wurden als "per-protocol"-Kollektiv (PP) ausgewertet. Tabelle 1 fasst die demografischen Patientendaten zusammen.

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Wirksamkeit des Biosimilars

Bei Untersuchungsbeginn betrug die mittlere Wochendosis im PP-Kollektiv 7 615 IE (Internationale Einheiten) pro Dialysepatient mit einer SD ("standard deviation") von 5 077 IE, nach 6 Monaten 8 064 IE (SD: 6 556 IE) (Abb. [1]). Die Mediane der Epoetin-alfa-Biosimilar-Dosierungen betrugen über den gesamten Beobachtungszeitraum 6 000 IE/Woche. Im Durchschnitt aller Visiten wurden bei 12,1 % der Patienten Dosiserhöhungen und bei 9,0 % Dosisreduktionen vorgenommen. Die Hb-Spiegel (Hb: Hämoglobin) lagen im Beobachtungszeitraum zwischen 11,7 und 11,9 g/dl. Bei Beobachtungsbeginn lagen sie bei 11,7 und am Ende des Untersuchungszeitraums bei 11,8 g/dl. 92,1 % der behandelnden Ärzte stuften die Wirksamkeit des Biosimilars als "gut" oder "sehr gut" ein.

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Abb. 1 Mittlere Abseamed®-Dosierungen und Standardabweichungen über den Beobachtungszeitraum.

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Komorbiditäten und Dosisbedarf

Das Patientenkollektiv ist durch einen hohen Anteil von Begleiterkrankungen gekennzeichnet (Tab. [1]). Im Rahmen dieser nicht interventionellen Studie wurde der Epoetin-alfa-Dosisbedarf für 19 verschiedene Komorbiditäten bestimmt. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Begleiterkrankungen lag der Dosisbedarf wie im Gesamtkollektiv bei 8 000 IE/Woche. Ausnahmen waren die beiden Patientengruppen mit Malignomen bzw. metabolischer Azidose, die einen um 7-10 % niedrigeren Dosisbedarf aufwiesen bzw. Patienten mit chronischen Infektionen, bei denen die Dosierungen etwa 10 % oberhalb des Gesamtkollektivs lagen.

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Tab. 1 Demografische Patientendaten von NIS Abseamed®.

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Sicherheit und Verträglichkeit

Unerwünschte Ereignisse traten bei 67 Patienten (7,2 %) auf. Die häufigsten Ereignisse waren Herztod (3 % der Patienten), Infektionen (1,1 %) und operative Eingriffe (1,0 %). 3 Ereignisse standen möglicherweise mit der Epoetin-alfa-Biosimilar-Behandlung in Zusammenhang. Hierbei handelte es sich um jeweils eine Dyskinesie, Dysgeusie und Anämie. Der anämische Patient war gleichzeitig durch einen funktionellen (Transferrinsättigung 16,4 %), einen absoluten Eisenmangel (Serumeisen 48 µg/dl) und erhöhte Serumspiegel des C-reaktiven Proteins (5,3 mg/l) gekennzeichnet.

Die Behandlung mit dem Epoetin-alfa-Biosimilar wurde im Beobachtungszeitraum bei insgesamt 107 Patienten (11,5 %) abgebrochen. Die häufigsten Gründe waren Tod (5,7 %), Stabilisierung des Hb-Wertes (1,9 %), Loss-to-follow-up (1,3 %), Krankenhauseinweisung (1,1 %) und Nierentransplantation (0,8 %). 93,7 % der Ärzte bewerteten die Sicherheit der Epoetin-alfa-Biosimilar-Therapie als "gut" oder "sehr gut".

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Diskussion

Im Behandlungsverlauf dieser nicht interventionellen Beobachtungsstudie waren die Hb-Spiegel unter dem Epoetin-alfa-Biosimilar Abseamed® stabil im oberen Zielwertbereich von 11-12 g/dl eingestellt. Die Wochendosierungen variierten im Beobachtungszeitraum ebenfalls nur geringfügig. Die vorliegende Untersuchung bestätigt somit die gute Wirksamkeit dieses Epoetin-alfa-Biosimilars in der Routineanwendung in deutschen Dialysezentren.

Die Dosierungen waren für die überwiegende Mehrzahl der dokumentierten Begleiterkrankungen vergleichbar. Sie belegen die gute Therapieeffizienz der Epoetinbehandlung mit dem Biosimilar für diese bei Dialysepatienten häufig anzutreffenden Komorbiditäten.

Im Rahmen der DOPPS1 wurde die Routineanwendung von Epoetin unter anderem in den USA, Japan und Europa untersucht [5], [8], [9]. In den 3 Phasen dieser prospektiven Beobachtungsstudie konnte man zwischen 7 400 und 8 400 Dialysepatienten dokumentieren. Über den Beobachtungszeitraum zeichnen sich 2 Trends ab: Von 1996-2008 wurde ein kontinuierlicher und signifikanter Anstieg sowohl der Hb-Spiegel als auch der Epoetindosierungen beobachtet. Obwohl Deutschland nach Japan die niedrigsten Epoetindosierungen aufwies, stiegen hier die durchschnittlichen Wochendosen von 6 700 auf 9 490 IE [5]. Die Gegenüberstellung der demografischen Daten der Patienten des DOPPS-Registers und der hier beschriebenen, nicht interventionellen Studie legt nahe, dass die Behandlungskollektive weitgehend vergleichbar sind (Tab. [2]). Die erzielten Hb-Spiegel waren mit 11,7 und 11,8 g/dl ebenfalls nahezu identisch.

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Tab. 2 Vergleich der Patientendaten aus den Studien DOPPS und NIS Abseamed®.

Ein deutlicher Unterschied ergab sich jedoch hinsichtlich der wöchentlichen Epoetindosierungen, die in DOPPS III mit 9 488 IE um 18 % über den Dosierungen von Abseamed® (8 064 IE) lagen. Somit weist dieses Epoetin-alfa-Biosimilar nicht nur in Hinblick auf die Wirkstoffkosten, sondern gerade auch in Hinblick auf den Wirkstoffbedarf und somit die Behandlungseffektivität Vorteile gegenüber dem Durchschnitt der in DOPPS III untersuchten Epoetine auf. Beide Faktoren zusammen ergeben für das Biosimilar deutliche Vorteile in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Epoetintherapie.

Die vorliegende, nicht interventionelle Beobachtungsstudie bestätigt die in klinischen Studien [6], [7] nachgewiesene gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Epoetin-alfa-Biosimilars auch in der Routineanwendung in deutschen Dialysezentren.

Prof. Dr. Roland M. Schäfer, Münster;
Dr. Dr. Richard Ammer, Münster/Iserlohn;
Dr. Horst H. Langenbahn, München;
Dr. Burkhard Hellmann, Iserlohn

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn.

Die Beitragsinhalte beruhen auf Unternehmensinformationen.

rms ist Mitarbeiter am UKM, Münster; ra ist Mitarbeiter am UKM, Münster, und der MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn; hhl ist Mitarbeiter von MedPharmTec, München; bh ist Mitarbeiter der MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn.

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Literatur

  • 01 Astor B C, Coresh J, Heiss G, et al. Kidney function and anemia as risk factors for cornary heart disease and mortality: the Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) study.  Am Heart J. 2006;  151 492-500
  • 02 Locatelli F, Aljama P, Barany P, et al. Revised European best practice guidelines for the management of anemia in patients with chronic renal failure.  Nephrol Dial Transplant. 2004;  19 (Suppl. 2) ii1-47
  • 03 Quinten C, Coens C, Maurer M, et al. Baseline quality of life as a prognostic indicator of survival: a meta-analysis of individual patient data from EORTC clinical trials.  Lancet Oncol. 2009;  10 865-871
  • 04 McClellan W M, Aronoff S L, Bolton W K, et al. The prevalence of anemia in patients with chronic kidney disease.  Curr Med Res Opin. 2004;  20 1501-1510
  • 05 McFarlane P A, Pisoni R L, Eichleay M A, et al. International trends in erythropoietin use and hemogolbin levels in hemodialysis patients.  Kidney Int. 2010;  78 215-223
  • 06 Haag-Weber M, Vetter A, Thyroff-Friesinger U. INJ-Study Group . Therapeutic equivalence, long-term efficacy and safety of HX575 in the treatment of anemia in chronic renal failure patients receiving hemodialysis.  Clin Nephrol. 2009;  72 380-390
  • 07 Weigang-Köhler K, Vetter A, Thyroff-Friesinger U. HX575, recombinant human epoetin alfa, for the treatment of chemotherapy-associated symptomatic anaemia in patients with solid tumours.  Onkologie. 2009;  32 168-174
  • 08 Pisoni R L, Gillespie B W, Dickinson D M, et al. The Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS): design, data elements, and methodology.  Am J Kidney Dis. 2004;  44 (Suppl. 2) S7-15
  • 09 Pisoni R L, Bragg-Gresham J L, Young E W, et al. Anemia management and outcomes from 12 countries in the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS).  Am J Kidney Dis. 2004;  44 94-111
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Abb. 1 Mittlere Abseamed®-Dosierungen und Standardabweichungen über den Beobachtungszeitraum.

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Tab. 1 Demografische Patientendaten von NIS Abseamed®.

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Tab. 2 Vergleich der Patientendaten aus den Studien DOPPS und NIS Abseamed®.