Notfallmedizin up2date 2011; 6(2): 105-124
DOI: 10.1055/s-0030-1270989
Spezielle Notfallmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Notfallbehandlung von Beckenfrakturen

Ulf Culemann, Markus Burkhardt, Tim Pohlemann
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Publikationsdatum:
10. Juni 2011 (online)

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Kernaussagen

Durch erstes Erkennen und einfache Behandlung der instabilen Beckenringfraktur des polytraumatisierten Patienten können der Notarzt und das Rettungsteam vor Ort den Grundstein einer erfolgreichen Therapie legen. Der zügige und zielgerichtete Transport in eine geeignete Klinik mit vollständiger Weitergabe von Unfallmechanismus und Verletzungsmuster gewährleistet eine suffiziente Weiterbehandlung des Patienten.

Die stationäre Aufnahme und Erstbehandlung des polytraumatisierten, beckenverletzten Patienten in der Klinik stellt auch bei vorhandener suffizienter Infrastruktur eine Herausforderung für das behandelnde Team dar. Durch die lebensbedrohliche Situation, in der sich der polytraumatisierte Patient befindet, ist ein zeitsensitives und zielgerichtetes Arbeiten unabdingbar. Der Behandlungsablauf entscheidet dabei wesentlich über die Prognose des Patienten.

Ein eingespieltes Team mit festgelegten und durchdachten Behandlungsabläufen wird auch mit einer technisch schlechteren Schockraumausstattung ein besseres Behandlungsergebnis erzielen als ein schlecht agierendes Team ohne eindeutiges Konzept in einer technisch perfekt ausgestatteten Umgebung. Ein regelmäßiges Teamtraining ist daher auch in großen Zentren mit häufig wechselnden Teammitgliedern sinnvoll. Prinzip muss dabei die vertrauensvolle Zusammenarbeit und Führung durch Kompetenz sein. Hilfreich sind hierfür Qualitätszirkel, die kritische Konstellationen vorbesprechen und Problemsituationen nachbesprechen sowie den Konsens für alle einsichtig und nachvollziehbar festhalten.

Im Akutfall muss Verantwortung übernommen werden, in Vor- und Nachbesprechungen kann diskutiert werden! Das ATLS®-Kurskonzept setzt diese Forderungen bereits um, da die Erfahrung gezeigt hat, dass eine Kombination aus gut trainiertem Team und klar strukturierten Behandlungskonzepten den Schlüssel zur erfolgreichen Behandlung eines beckenverletzten Patienten darstellt. Im Anschluss an die prioritätenorientierte Schockraumbehandlung nach ATLS® ist es die ebenfalls prioritätenorientierte operative Therapie nach DSTCTM (Definitive Surgical Trauma Care), welche mit Absolvierung der entsprechenden Kurse und daraus folgendem Training der Notfallsituationen die Routine des Behandlungsteams erhöht.

Die primäre Erkennung der Schwere der Beckenverletzung und die Wiederherstellung und Sicherung der Kreislauffunktion stellen ein zentrales Kriterium des Behandlungserfolgs in der Klinik dar. Bei fortbestehender Kreislaufinstabilität am Ende der ersten Behandlungsphase macht eine routinemäßige Fortführung der Diagnostik keinen Sinn. Zunächst gilt es, durch einfache Therapiemaßnahmen die mechanische Stabilität des Beckenrings wiederherzustellen und damit die parallel durchgeführten Maßnahmen zur Kreislaufstabilisierung in der Reanimationsphase zu unterstützen.

Die konservative oder operative Behandlung einer Beckenverletzung richtet sich nach Diagnostik und Klassifikation der Fraktur. In der Primärbehandlungssituation ist die korrekte Einschätzung der Verletzungsschwere und Blutungsintensität der Beckenfraktur für den Patienten prognosebestimmend. Für die Spätprognose entscheidend sind funktionelle Einschränkungen und bleibende chronische Schmerzen sowie urologische Probleme.

Die Notwendigkeit der operativen Versorgung von Frakturen des Beckens im höheren Lebensalter rückt aufgrund der steigenden Anzahl und höherer Mobilität der Patienten zunehmend in den Behandlungsfokus. Schlüssige altersmodifizierte Therapiekonzepte bzw. Versorgungsstrategien werden zunehmend entwickelt, hier besteht allerdings weiterhin noch ein hoher Handlungsbedarf.

Literatur

PD Dr. med. Ulf Culemann

Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Universitätsklinikum des Saarlandes

66421 Homburg/Saar

Telefon: 0 68 41/1 63 15 06

Fax: 0 68 41/1 63 15 07

eMail: ulf.culemann@uks.eu