Gesundheitswesen 2011; 73(2): 97-104
DOI: 10.1055/s-0030-1270494
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der HIV-Antikörpertest – Antworten der Nutzerinnen und Nutzer

The HIV Antibody Test – Answers from UsersF. Jung1
  • 1Gesundheitsamt Bremen
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Publication Date:
03 March 2011 (online)

Zusammenfassung

Eine Befragung der Nutzerinnen und Nutzer des HIV-Antikörpertests in der AIDS/STD Beratung des Gesundheitsamtes Bremen zeigt, dass der Test überwiegend junge, gebildete heterosexuelle Menschen (58%) mit einem eher geringen Risiko für eine HIV-Infektion erreicht. Eine Clusteranalyse macht aber deutlich, dass unterschiedliche Gruppen den Test mit unterschiedlichen Risiken nutzen. Junge Heterosexuelle nutzen den kostenlosen Test vorwiegend präventiv beim Beginn einer neuen Partnerschaft, um zukünftig auf Kondome verzichten zu können. Junge Männer geben insgesamt das geringste Risikopotenzial an. Bei älteren Heterosexuellen scheinen Infektionsrisiken aufgrund kurzfristiger sexueller Beziehungen und geringerer Kondomnutzung etwas höher zu liegen. Da vor allem die älteren Männer auch häufiger lang dauernde Partnerschaften haben, können deren Partnerinnen bei sexuell übertragbaren Erkrankungen mitbetroffen sein. Die Gruppe der Männer mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen (MSM) weist die höchsten Risikofaktoren (hoher Partnerwechsel, hohe Rate sexuell übertragbarer Erkrankungen in der Vorgeschichte) auf trotz eines hohen Anteils an Kondomnutzern. Sie nutzt den Test eher nachträglich zur Abklärung einer möglicherweise riskanten Situation, aus der Angst heraus infiziert zu sein. Für sie ist das bestehende Angebot, das Anonymität garantiert, von hoher Bedeutung, und sie schätzt auch die Beratung. Der HIV-Antikörpertest im Gesundheitsamt erreicht offenbar überwiegend jene, die den Test in ihre Präventionsstrategien bereits integriert haben. Er eignet sich nicht als eigenständiges Präventionsmittel. Daher ist davon auszugehen, dass bildungsferne Schichten, nur über umfassendere Konzepte der Prävention und Gesundheitsförderung erreicht werden können, die deren Lebenswelten und Lebensweisen berücksichtigen. Erfolge hierbei können nur in Kooperationsbezügen gelingen, die Institutionen auch außerhalb des Gesundheitswesens einbeziehen. Und sie benötigen Ressourcen und einen langen Atem. Wege dazu werden vorgestellt.

Abstract

The survey of the HIV test users interviewed at the AIDS/STD consultancy of the Bremen Health Department identifies that the test is mostly used by young, well-educated heterosexual people with a rather minor risk of a HIV infection (58%). But a cluster analysis also shows the test to be used by different groups with different risks: Young heterosexual people generally use the test, which is free of charge, pre-emptively at the begin of a new partnership so as to stop using condoms in the future. In this group, especially young men have the least potential of risk. Older heterosexual men seem to have a higher risk because of sexual affairs and less use of condoms. These men often live in long-lasting partnerships, so their wives may be infected with sexually transmitted diseases as well. The group of men who have sex with men (MSM) shows the highest risk factors (frequent change of partners, high rate of STDs in their anamnesis). At least this group often uses condoms. MSM use the test mostly after a high-risk situation to check to see if they are infected with HIV. They especially appreciate the anonymity of our test but also the consultation. The HIV test in our health department seems to be used mostly by those people who have already integrated the test into their strategies of prevention. It cannot be seen as an independent way of prevention. To reach less educated people, it is necessary to establish comprehensive concepts of prevention which reflect the cultures and the way of life of these people. Success will only be achieved in cooperation with other institutions outside the health department and also requires resources and patience. In the following we will present possible strategies.

Literatur

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  • 9 Der Bundeswettbewerb Aidsprävention wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und dem Bundesministerium für Gesundheit ausgerichtet.

Korrespondenzadresse

F. JungMPH 

Gesundheitsamt Bremen

Kommunale Gesundheitsberichterstattung

Hornerstraße 60–70

28203 Bremen

Email: felicitas.jung@gesundheitsamt.bremen.de

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