Gesundheitswesen 2011; 73(2): 67-72
DOI: 10.1055/s-0030-1270490
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Integration von Selbsthilfefreundlichkeit in das Gesundheitswesen – Entwicklungen und Perspektiven

Integration of Self-Help Associations into the Health Services System – Developments and PerspectivesA. Trojan1 , S. Nickel1
  • 1Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
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Publication Date:
02 February 2011 (online)

Zusammenfassung

Das Konzept, Einrichtungen der Gesundheitsversorgung als besonders selbsthilfefreundlich herauszustellen, ist zuerst für Krankenhäuser entwickelt worden. In einem vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK BV) unterstützten Projekt in Hamburg mit dem Titel „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus” wurden 2004–2007 Qualitätskriterien für die Kooperation mit der Selbsthilfe erarbeitet und erprobt. Kurz darauf wurden auch erste Schritte getan, um Selbsthilfefreundlichkeit als Kernelement von Patientenorientierung in das Qualitätsmanagement von Arztpraxen zu integrieren. Seit Kurzem wird versucht, diese Entwicklungen im Öffentlichen Gesundheitsdienst bekannt zu machen und analoge Entwicklungen zu stimulieren. In diesem Beitrag werden nach einer Einführung über Ursprünge und politischen Kontext die Erfahrungen mit der Integration von Selbsthilfefreundlichkeit in den 3 genannten Bereichen des Gesundheitswesens vorgestellt. Es zeigt sich, dass auf diese Weise auch nutzerorientierte Qualitätsstandards in die Qualitätsentwicklung einfließen und dass in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte in der gemeinsamen Qualitätsverbesserung erzielt wurden. In der abschließenden Bilanz wird einerseits das bundesweite Kooperationsnetzwerk „Selbsthilfefreundlichkeit im Gesundheitswesen – gemeinsam für Selbsthilfe- und Patientenorientierung” als neue Implementationsstruktur vorgestellt und andererseits auf mögliche Überforderungen der Selbsthilfe hingewiesen.

Abstract

The concept of a special label for “self-help-friendly” institutions was first developed for hospitals. A demonstration project (funded by the BKK BV, the German Federal Association of Company Health Insurance Funds) was launched in Hamburg. Between 2004 and 2007 quality criteria were developed and put into practice. Shortly thereafter, a group of experienced self-help supporters started to integrate self-help friendliness into quality management systems for ambulatory care. Recently similar developments have been initiated in the Public Health Services. After an introduction on the origins and political context of these new developments we present in this article the efforts and experiences in the 3 mentioned areas of the health-care system. It can be shown that user-based quality standards are becoming more and more common in quality development processes of the health-care services. In the last part we introduce the national “Network Self-Help-Friendliness in the Health Services – Together for Self-Help and Patient Orientation” as the new structure for further implementation, and give hints that the organised self-help is facing completely new challenges.

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1  Die Verwendung des Begriffs „Selbsthilfe” im Text steht immer allgemein für alle Formen der Selbsthilfe, Selbsthilfeorganisationen/Selbsthilfegruppen sowie Selbsthilfekontaktstellen beziehungsweise Selbsthilfe-Unterstützungsstellen.

Korrespondenzadresse

Dr. S. Nickel

Universitätsklinikum

Hamburg-Eppendorf

Zentrum für Psychosoziale

Medizin

Institut für Medizin-Soziologie

Martinistraße 52

20246 Hamburg

Email: nickel@uke.uni-hamburg.de

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