Im Princeton-Plainsboro Teaching Hospital werden zwei Patienten in lebensbedrohlichem
Zustand eingeliefert. Beide haben identische Symptome. Die Diagnose ist unbekannt,
die Ärzte sind ratlos. Die einzige Hoffnung ist, dass eines von zwei neuen Medikamenten
helfen könnte. Nur: Welches davon ist das richtige? Dr. House entschließt sich in
der gleichnamigen Fernsehserie dazu, den beiden Patienten jeweils eines der beiden
Medikamente zu verabreichen.
Dies ist ein Beispiel für einen Therapieversuch, bei dem vorher kein Ethikantrag eingeholt
wurde. Aber wann ist ein Ethikantrag Pflicht, warum benötigen ihn Forscher und wer
ist für seine Überprüfung zuständig?
Patienten und Forscher schützen
Wissenschaftler sind dazu verpflichtet, vor der Durchführung einer Patientenstudie
einen sogenannten Ethikantrag zu stellen. Und zwar bei einer Ethikkommission. Diese
hat die Aufgabe, abzuwägen, ob die Untersuchung wichtige humanitäre Verpflichtungen
respektiert, beispielsweise die Deklaration von Helsinki von 1964. Das ist eine Erklärung
des Weltärztebundes zu den ethischen Grundsätzen bei der Forschung am Menschen. Die
Kommission schützt also zum einen die Interessen und Rechte der Probanden, zum anderen
bewahrt sie aber auch die Forscher davor, gegen gesetzliche Regelungen zu verstoßen.
Die Ethikkommission greift ein, wenn Wissenschaftler gewisse Vorschriften nicht einhalten.
So dürfen beispielsweise Probanden erst zur Teilnahme an einer Studie oder einem Experiment
einwilligen, wenn man sie ausführlich über deren Nutzen und Risiken informiert hat.
Dazu gehören Informationen über den Studienablauf, über mögliche Nebenwirkungen der
Interventionen und über alternative Behandlungsmöglichkeiten. Auch das Recht auf Teilnahmeverweigerung
muss zur Sprache kommen. Forscher sind dazu verpflichtet, die Probanden mit einer
sogenannten Patientenversicherung gegen Schäden abzusichern. Die Teilnahme an einer
Studie erfolgt niemals – wie bei Dr. House – ohne Information und Zustimmung des Patienten.
Zusammengefasst beurteilt eine Ethikkommission also die möglichen Folgen einer Forschungsarbeit
aus ethischer, rechtlicher und sozialer Sicht und prüft damit, ob sie ethisch unbedenklich
ist.
Das Hinzuziehen einer Ethikkommission ist in Deutschland für jede klinische Prüfung
laut Arzneimittelgesetz (§ 40 Abs. 1 AMG) und Medizinproduktegesetz (§ 20 Abs. 7 MPG)
vorgeschrieben. Ethikkommissionen sind bei Landesärztekammern und an medizinischen
Fakultäten der Hochschulen eingerichtet. Die zumeist ehrenamtlichen Mitglieder dieser
Kommissionen sind in der Regel Mediziner, Naturwissenschaftler, Statistiker oder aber
auch Juristen und Theologen. Die Zusammenstellung und Verfahrensweise einer Kommission
unterscheiden sich je nach Bundesland.
Ein Votum erstellen
Eine Ethikkommission erstellt auf Antrag ein schriftliches Votum für oder gegen das
eingereichte Forschungsvorhaben. Sie kann auch ein positives Votum mit Auflagen erstellen,
deren Erfüllung die Forscher nachweisen müssen. Das kann die Verpflichtung zum Abbruch
der Studie sein, wenn bei Untersuchungen mit Medikamenten schwere Nebenwirkungen auftreten,
bei Zwischenuntersuchungen die Effekte zu gering sind oder wenn der gewünschte Therapieeffekt
bereits mit 30 statt mit den geplanten 100 Patienten nachweisbar ist. Ethikanträge
müssen verschiedene Punkte beinhalten, zum Beispiel:
-
Angaben über den Projektleiter, die Untersucher, die verantwortlichen Statistiker
und die teilnehmenden Prüfzentren
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den Beginn und das voraussichtliche Ende der Studie
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die Beschreibung des Versuchsziels
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Angaben zu allen Interventionen und Abweichungen von der Standardbehandlung sowie
zur Art und zum Design der Studie
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Angaben zum potenziellen Nutzen und zu eventuellen Risiken für die Probanden
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Angaben darüber, wie wahrscheinlich diese Risiken eintreten werden
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die Ein- und Ausschlusskriterien
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die Abbruchkriterien und die Planung von Zwischenauswertungen
-
die statistischen Auswertungsmodalitäten
-
die Finanzierung, die Aufwandsentschädigung und die Versicherung
Die Ethikkommission kann Zwischenberichte einfordern. Wie häufig diese erfolgen müssen,
hängt von der potenziellen Gefährdung der Patienten ab. Ethikanträge kosten – je nach
Anliegen – zwischen 500 und 2.000 Euro. Entscheidend ist, ob die Forscher nur ein
Zweitvotum für einen genehmigten Antrag benötigen oder ob sie eine große klinische
Studie durchführen möchten.