Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(10): 640-647
DOI: 10.1055/s-0030-1267530
Fachwissen
AINS-Topthema: Berufliche Belastungen in der Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Berufliche Belastungen in der Anästhesiologie – Belastungen und gesundheitliche Störungen durch Schichtarbeit

Burden and health effects of shift workJörg Heitmann
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Publication Date:
19 October 2010 (online)

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Zusammenfassung

In Schichtarbeit arbeiten ca. 15% der deutschen Beschäftigten mit steigender Tendenz. Insbesondere Schichtsysteme, die Nachtarbeit beinhalten, bleiben nicht ohne Auswirkungen auf den Menschen. Ein gestörter Schlaf und eine gesteigerte Schläfrigkeitsneigung sind unmittelbare Folgen und werden als „Schichtarbeitersyndrom“ bezeichnet. Körperliche Langzeitfolgen können verschiedene Organsysteme betreffen, auch eine Häufung von Neoplasien wird angenommen.

Schichtarbeit, insbesondere Nachtschicht wird von den Menschen unterschiedlich gut toleriert. Eine Verbesserung dieser Toleranz lässt sich durch eine Optimierung des Schichtplans und durch eine Verbesserung des Schlafes zur „unphysiologischen“ Zeit erreichen. Medikamente sollten sehr zurückhaltend eingesetzt werden, können jedoch im Individualfall sehr hilfreich sein.

Abstract

In Germany aprox. 15% of all employees have irregular or flexible working hours. Disturbed sleep and/or hypersomnia are direct consequences of shift work and therefore described as shift work disorder. Beyond this, shift work can also be associated with specific pathological disorders.

There are individual differences in tolerance to shift work. Optimization of both shift schedules and sleep to “non-physiological“ times of the day are measures to counteract the negative effects of shift work. There is still not enough evidence to recommend drugs for routine use in shift workers.

Kernaussagen

  • Ca. 15 % der deutschen Beschäftigten arbeiten in Schichten. Wichtigste Regelung dafür ist das Arbeitszeitgesetz.

  • Bei der Schichtarbeit sind zu unterscheiden:

    • permanente Systeme von rotierenden und

    • kontinuierliche Systeme von diskontinuierlichen.

  • Die Abfolge von Schlafen und Wachen unterliegt einer chronobiologischen Regulation. Äußere „Zeitgeber“ justieren die innere Uhr auf ca. 24 h (zirkadian).

  • Das Schichtarbeitersyndrom drückt sich klinisch v. a. durch Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnie) und durch eine vermehrte Tagesschläfrigkeit (Hypersomnie) aus. Körperliche Langzeitfolgen können verschiedene Organsysteme betreffen, auch eine Häufung von Neoplasien wird angenommen.

  • Schichtarbeit, insbesondere Nachtschicht, wird von den Menschen unterschiedlich toleriert. Eine Verbesserung dieser Toleranz lässt sich erreichen durch:

    • eine mitarbeiterorientierte Gestaltung der Schichtbedingungen und

    • eine Optimierung des Schlafes zur „unphysiologischen“ Zeit.

  • Kurz rotierende Schichten sind gegenüber einem wöchentlichen Wechsel zu bevorzugen. Auch sollten die Schichten vorwärts und nicht rückwärts rotieren.

  • Zu den Pausen:

    • In der Nachtschicht sollte die 1. Pause vor Erreichen des nächtlichen Leistungstiefs genommen werden (zwischen 00 : 00 und 01: 00 Uhr). Eine weitere Pause sollte zwischen 04 : 00 und 05 : 00 Uhr liegen.

    • Die Ernährung in der Nachtschicht sollte leicht sein, die größte Mahlzeit in der ersten Pause liegen.

    • Bei deutlicher Müdigkeit kann eine kurze Schlafphase (bis 20 min) im ersten Drittel der Nachtschicht sinnvoll sein [29].

  • Medikamente sollten sehr zurückhaltend eingesetzt werden und auf das Schichtarbeitersyndrom beschränkt bleiben.

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Literaturverzeichnis

Dr. med. Jörg Heitmann

Email: heitmanj@med.uni-marburg.de