Zentralbl Chir 2010; 135(4): 301
DOI: 10.1055/s-0030-1262522
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Kolorektale Chirurgie auf dem Vormarsch

Colorectal Surgery Marches OnwardK.-W. Jauch1
  • 1Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern – LMU München, München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. August 2010 (online)

In diesem Heft beschäftigen sich mehrere Beiträge mit der kolorektalen Chirurgie. Diese stellt in der chirurgischen Versorgung nach den Eingriffen bei Hernien, Strumen und Gallensteinen die „Butter-und-Brot-Chirurgie“ des Viszeralchirurgen dar. Vielfach wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten beklagt, dass dieser Spezialität vor allem universitär aber auch in der deutschen Fachliteratur nicht das Gewicht zukam, wie beispielsweise in den angelsächsischen Ländern. Die hepatobiliäre Chirurgie findet dagegen mehr Beachtung, wohl begründet in der Entwicklung vor allem der Lebertransplantation.

Unabhängig davon, dass eine vollständige Aufteilung von Kliniken in die Subspezialitäten nicht den einzig wahren und auch nicht den goldenen Weg darstellt, darf an einigen Beispielen die hervorragende Rolle der Koloproktologie beschrieben werden. Weit mehr als andere Subspezialitäten weist diese auch einige wichtige Brückenfunktionen auf.

Die Koloproktologie ist wie wenig andere Bereiche voll im stationären wie im niedergelassenen Bereich etabliert. Hier gilt es interaktive Zusammenarbeit weiterzuentwickeln, nicht zuletzt um auch die Expertise beider Partner für die Weiterbildung zu nutzen. Nur noch an wenigen Kliniken der Maximalversorgung ist die „einfache“ Proktologie, die ambulant durchgeführt werden kann, mit großen Zahlen repräsentiert. Vielfach wird dieser Bereich durch große proktologische Praxen v. a. in Ballungsgebieten abgedeckt. Kooperationsformen wie diese zwischen dem Enddarmzentrum und der Universitäts-Klinik in Mannheim sowie andernorts sind hier Beispiele, die man nachahmen sollte bis hin zur Gestaltung gemeinsamer MVZ nach der Möglichkeit des SGB.

Nur durch diese Kooperationsformen ist vielerorts die Vorraussetzung für eine Zertifizierung und Zentrumsanerkennung nach den Vorgaben der DGAV und Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie erreichbar. Genau diese Zertifizierung und Unterscheidung in verschiedene Stufen von Zentren darf jedoch durchaus als Vorbild für andere Spezialitäten angeführt werden. Sowohl gegenüber anderen Fachbereichen wie auch internationalen Partnern wird die Profilbildung geschärft und Kompetenz in unterschiedlicher Ausprägung untermauert. Hierzu zählt auch die Vorbildfunktion bei der Etablierung der Darmzentren nach Onkozert / Krebsgesellschaft sowie die Weiterbildungskurse und Prüfungen nach den Richtlinien der europäischen Fachgesellschaften UEMS. Hier haben die Koloproktologen seit drei Jahren Kurse und deutschsprachige Prüfungen in München organisiert und wurden schon von anderen europäischen Staaten um Unterstützung angefragt.

Die Vernetzung und Standardisierung bis hin zur Zertifizierung ist auch eine Vorraussetzung zur Etablierung einer umfassenden Studienkultur bis hin zur Versorgungsforschung. Hier haben Feldstudien der Tumorzentren aus München und aus Regensburg das international gute Versorgungsniveau in Deutschland aufzeigen können. Daneben konnte eine Dokumentation und Qualitätssicherung durch das Magdeburger Institut im Bereich der kolorektalen Karzinomchirurgie etabliert werden. Hier gilt es noch die praktischen Fortbildungskurse und Workshops sowie Hospitationen durch ein Tutorialsystem vor Ort zu ergänzen, um höchste Qualitätsziele in der Breite zu erreichen.

Dank dem Einsatz der Erlanger Kollegen aus der Pathologie, Strahlentherapie und Chirurgie und vieler Anderer hat Deutschland bei den kolorektalen Studien inzwischen höchste internationale Anerkennung gefunden. In Verbindung mit der Grundlagenforschung an einigen Universitäten sind die Themen der Biomarker, Mikrometastasierung, Radiochemotherapie, Tumorstammzellen und Tumorimmunologie in Deutschland inzwischen durch klinische Forschergruppen in Göttingen und Heidelberg, Systemforschungsverbünde und weitere Vernetzungen in Kiel, Lübeck, Bonn, München sowie anderen Standorten Gegenstand beachteter Forschung. In diesem Heft zeugen eine Arbeit von Welcker aus Freiburg und von Kreis aus München von diesen Aktivitäten in der Grundlagenforschung und bei klinischen Studien.

Insgesamt dürfen wir feststellen, dass die Chirurgen und ihre Partner im Bereich der kolorektalen Chirurgie gut gerüstet in die Zukunft blicken können und bei den Zielen des Nationalen Krebsplanes vorneweg marschieren. Es gilt jetzt weitere Aktivitäten hinsichtlich der Weiterbildung, Qualitätssicherung, Grundlagen- und klinischer Forschung zu vernetzen und Brücken- und Vorbildfunktion auszubauen.

Prof. Dr. Dr. h. c. K.-W. Jauch

Chirurgische Klinik und Poliklinik · Klinikum Großhadern – LMU München

Marchioninistr. 15

81377 München

Deutschland

eMail: karl-walter.jauch@med.uni-muenchen.de

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