ergopraxis 2008; 01(7/08): 17
DOI: 10.1055/s-0030-1261668
wissenschaft

Tonus und visuelles Verhalten – Stimuli beeinflussen die visuelle Aufmerksamkeit nicht

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07 July 2010 (online)

 
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    Bei Säuglingen spielt es im Bezug auf ihre visuelle Aufmerksamkeit keine Rolle, ob ihnen akustische und optische Reize gleichzeitig oder zeitlich versetzt angeboten werden. Außerdem steht der sogenannte Vagotonus, also der Spannungs- oder Erregungszustand des parasympathischen Anteils des Nervensystems, nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem visuellen Verhalten eines Kindes.

    Das Team um den Ergotherapeuten Kris Pizur-Barnekow von der University of Wisconsin-Milwaukee, USA, widerlegte die Hypothese, Babys zeigten bei synchronem Anbieten von akustischen und optischen Stimuli eine höhere visuelle Aufmerksamkeit und der Vagotonus sinke. Die Forscher untersuchten 12 gesunde Babys im Durchschnittsalter von 3,5 Monaten. Jedes Kind sah auf einem Bildschirm unterschiedliche, sich langsam bewegende Formen und hörte zeitgleich sowie zeitlich versetzt verschiedene Geräusche. Währenddessen untersuchten die Forscher den Vagotonus per EKG auf physiologischer Ebene. Dazu dokumentierten sie parallel das visuelle Verhalten über Videoaufzeichnungen. Sie beobachteten keine signifikanten Unterschiede der visuellen Aufmerksamkeit bei synchroner und asynchroner Darbietung der Reize. Sie wiesen lediglich einen niedrigen Vagotonus bei asynchroner Kombination der Stimuli nach, bei synchroner Kombination dagegen einen hohen Spannungs- oder Erregungszustand des parasympathischen Teils des Nervensystems. Zwischen visuellem Verhalten und Vagotonus ergab sich allerdings keine signifikante Korrelation.

    Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass die beim kindlichen Spiel beteiligten physiologischen und verhaltensorientierten Systeme sehr komplex sind. Der Säugling verarbeite die Auseinandersetzung mit Stimuli auf physiologischer Ebene, auch wenn sich dies nicht in veränderter visueller Aufmerksamkeit zeige.

    Chpr

    AJOT 2008; 62: 198–205