Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(3): 172-173
DOI: 10.1055/s-0030-1256848
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Antibiotikaresistenzen beim einzelnen Patienten

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Publication Date:
08 September 2011 (online)

Costelloe C et al. Effect of antibiotic prescribing in primary care on antimicrobial resistance in individual patients: systematic review and meta-analysis. BMJ 2010; 340: c2096

Die Anwendung von Antibiotika führt, wie zahlreiche Studien belegen, zu einer Zunahme antimikrobieller Resistenzen. Viele Studien untersuchen jedoch nur die Auswirkungen auf eine Population, ohne das Individuum zu berücksichtigen. Das Verordnungsverhalten verändert sich, u. a. bedingt durch alte Gewohnheiten und eine bestimmte Erwartungshaltung vieler Patienten, nur zögerlich. Das liegt auch daran, dass vielen Ärzten die Ausbreitung resistenter Bakterien sehr wohl bewusst ist, bei der Verschreibung von Antibiotika für den akut erkrankten Patienten im Sprechzimmer jedoch nicht berücksichtigt wird.

Costelloe et al. analysierten daher in einem systematischen Review mit Meta-Analyse, welche Auswirkungen die Einnahme von Antibiotika auf die Resistenzentwicklung bei individuellen Patienten hat. Es wurden 24 Studien aus den Jahren 1976 – 2008 eingeschlossen. Dabei handelte es sich um Originalarbeiten, in denen individuelle Patientendaten erhoben wurden. 22 Studien untersuchten symptomatische Patienten, 2 weitere gesunde Freiwillige. Insgesamt wurden 19 Beobachtungsstudien, von denen 2 prospektiv waren, und 5 randomisierte, kontrollierte Untersuchungen analysiert.

Für 5 Studien mit 14348 Patienten, die uropathogene Bakterien untersuchten, ergab sich eine gepoolte Odds Ratio (OR) von 2,5 (95 %-Konfidenzintervall [KI] 2,1 – 2,9) für das Auftreten resistenter Bakterien innerhalb von 2 Monaten nach antibiotischer Therapie sowie von 1,33 (KI 1,2 – 1,5) in den 12 Monaten danach. In 7 Studien mit insgesamt 2605 Patienten zu respiratorischen Infektionen ergaben sich für dieselben Zeiträume gepoolte ORs von jeweils 2,4 (KI 1,4 – 3,9 bzw. 1,3 – 4,5). Bei der Analyse einzelner Untersuchungen zeigte sich zudem, dass die Einnahme von Trimethoprim für mehr als 7 Tage mit einem erhöhten Resistenzrisiko einhergeht: OR 2,89 (KI 1,44 – 5,78). Die Einnahme von 3 oder mehr Zyklen Amoxicillin oder Trimethoprim waren ebenfalls mit einem erhöhten Risiko resistenter Isolate vergesellschaftet: OR 3,95 (KI 1,06 – 14,72) bzw. 3,62 (KI 1,25 – 10,48). Für die Analyse zum Auftreten von MRSA bei Hautinfektionen nach vorhergehender antibiotischer Therapie ergab sich aus 3 Originalarbeiten kein erhöhtes Risiko (gepoolte OR 1,04; KI 0,47 – 2,29). Eine weitere Studie konnte jedoch ein 16-fach erhöhtes Risiko einer nasalen Besiedlung gesunder Kinder mit Panton-Valentine-Leukozidin (PVL)-positiven MRSA nach Antibiotikagabe dokumentieren, sodass die analysierten Daten bezüglich MRSA von den Autoren als widersprüchlich beurteilt wurden.

Fazit: Der vorliegende systematische Review zeigt, dass die Gabe von Antibiotika zum Auftreten resistenter Bakterienisolate beim individuellen Patienten in den Monaten nach der Therapie führt. Die Auswirkungen auf die bakterielle Flora sind in den Wochen nach der Einnahme am größten, zum Teil aber nach 12 Monaten immer noch nachweisbar. Es muss daher weiter durch entsprechende Aus- und Weiterbildung darauf hingewirkt werden, die Verschreibung von Antibiotika auf das absolut notwendige zu begrenzen und damit das Auftreten resistenter Bakterien zu vermindern. Da Resistenzen gegenüber den primär häufig eingesetzten Antibiotika auch zur Verordnung von Breitspektrumantibiotika zwingen, kann deren Verbrauch ebenfalls günstig beeinflusst werden.

Dr. Patrick Weißgerber, Tübingen

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