Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(2): 87
DOI: 10.1055/s-0030-1256593
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Bedeutung von Rückschlagventilen

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Publication Date:
07 June 2011 (online)

Radke OC, Werth K, Borg-von-Zeppelin M et al. Two serial check valves can prevent cross-contamination through intravenous tubing during total intravenous anesthesia. Anesth Analg 2010; 111: 925 – 928

In der Vergangenheit wurden wiederholt Fälle kontaminierter Propofolinfusionen während totaler intravenöser Anästhesie (TIVA) beschrieben, wobei in den meisten Fällen der unsachgemäße Umgang und die Anwendung aus einem (kontaminierten) Behälter für mehrere Patienten als Ursache identifiziert werden konnten. Die Autoren der vorliegenden Studie nutzen daher Propofol als besonders gefährdete Substanz für ihr experimentelles Design zur Testung eines speziellen TIVA-Infusionssystems.

Der Patient wurde durch ein mit bakterienkontaminierter Lösung gefülltes Infusionsmodell simuliert, an das ein Infusionssystem mit seriellen Rückschlagventilen (TIVA-Set®) angeschlossen wurde. Die Bedingungen der Anästhesie mit unterschiedlichen Infusionsgeschwindigkeiten bei Einleitung, Erhalt und Ausleitung wurden in dem insgesamt 5 Stunden dauernden Experiment simuliert und Proben zur mikrobiologischen Untersuchung an den 2 Verbindungsschläuchen und aus den Perfusorspritzen entnommen. Mit insgesamt 6 mit unterschiedlichen, klinisch relevanten Bakterienstämmen kontaminierten Lösungen wurden jeweils 8 Testläufe gefahren. Insgesamt wurden 275 Proben aus den Leitungen und Infusionsspritzen entnommen und auf 825 Blutagarplatten standardisiert untersucht. In keiner der Proben konnte eine retrograde Kontamination festgestellt werden. Die Autoren folgern daraus, dass ein Infusionssystem mit multiplen Rückschlagventilen eine retrograde Kontamination der Infusionslösungen verhindern kann, weisen aber explizit darauf hin, dass ein Wiederverwenden der Propofolspritzen nicht zulässig ist.

Die Studie eines komplexen Infusionssystems zur TIVA wirft einige Fragen auf. Die Gefahr einer retrograden Kontamination einer Infusionslösung durch den Patienten spielt in der Regel nur dann eine Rolle, wenn eine Wiederverwendung von Teilen des Infusionssystems oder der verwendeten Medikamente beabsichtigt ist, was in der Praxis von einigen schwarzen Schafen unter den Anästhesisten auch aus Kostengründen getan wird. Dies ist neben der arzneimittelrechtlichen Problematik jedoch aus Gründen der Infektionsprävention unter keinen Umständen möglich, da primäre Kontaminationen bei der Zubereitung so auf mehrere Patienten übertragen werden könnten. Bleibt die Frage, wofür die Rückschlagventile im Infusionssystem dann für die Praxis sinnvoll sind: Hier geht es in erster Linie um das Verhindern eines Rückstroms vom Patienten (z. B. während der nicht invasiven Blutdruckmessung) oder zwischen den Infusionsspritzen (z. B. bei stark unterschiedlichen Drücken und Flussgeschwindigkeiten zwischen Pumpen und Schwerkraftinfusionen) und damit einer unzuverlässigen Steuerung der Medikamentenapplikation.

Fazit: Jenseits der methodenkritischen Frage, ob 55 Experimentalanästhesien über 5 Stunden eine Aussage zur Sicherheit eines derartigen Infusionssystems hinsichtlich der Frage möglicher retrograder Kontaminationen wirklich erlauben, darf das Ergebnis der vorliegenden Studie auf keinen Fall dazu verführen, Spritzen und Medikamente mehrfach bei verschiedenen Patienten zu verwenden.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg im Breisgau

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